Dokumentation:
Diskussion auf einer attac-mailing-Liste zum Thema
> Frauen und Selbstverteidigung <

 

Hier der Überblick über die Diskussionsbeiträge (12.08. - 22.08.03)
in der zeitlichen Reihenfolge von oben nach unten -
Beim Anklicken des Namens wird der jeweilige Beitrag angezeigt

Renate
> Warum sind Frauen solche Schafe - ...Schwestern mit Waffen versorgen <

Else
> Kampfsport und Selbstverteidigung <

Martina
> Männer jagen - Frauen flüchten <

Elke
> ...aber bitte nicht mit Gewalt <

Ilse
> Wehrpflicht und Fürsorge-Dienst <

Margit
> ...nicht nur ein Jahr <

Martina
> Wehrpflicht und Pflichtdienst <

Karin
> Antwort auf Elke <

Magda
> Ich kann's nicht fassen <

Anna
> mit Waffenhandel Bürgerkriege beenden ? <

Jutta
> Virginia Woolf <

Ilse
> Nicht angreifen, sondern kämpfen lernen <

Else
> schön, wenn es schon globale Abrüstung gäbe <

Ilse
> eine einfache Lösung <

Else
> ohne intellektuellen Hochmut <

Martina
> ohne persönliche Angriffe <

Renate
> Frieden ist ein wichtiger Wert. Tatsache ist jedoch,... <

Anna
> Pseudo-Feminismus <

Inge
> seltsame Diskussion <

Rosa
> gegen Zwangsdienste <

Fee
> ...nützte mir der Kurs nichts <

Anna-Katharina
> anachronistische Weltvorstellungen <

Renate
> Re: Pseudo-Feminismus <

 

Hier folgen die Beiträge:

> Warum sind Frauen solche Schafe - ...Schwestern mit Waffen versorgen <

Liebe Frauen,

warum sind Frauen solche Schafe? Wenn eine ethnische (Männer)gruppe von einer anderen massakriert wird, werden sich die Opfer sofort von irgendwo (meist aus Europa) Waffen besorgen und zurückschlagen. Frauen lassen sich einfach abschlachten. Eine erwachsene Frau dürfte doch wohl genau so stark sein wie ein Jugendlicher. Wäre es nicht unsere Pflicht als Frauen in Europa, unsere afrikanischen Schwestern mit Waffen zu versorgen? Oder sind wir Frauen einfach die besseren Menschen und zum Pazifismus verdammt bis zu unserer psychischen und physischen Zerstörung?

Gruß
Renate

 

> Kampfsport und Selbstverteidigung <

Liebe Renate,

so was Ähnliches hab ich auch schon gedacht: ich meine, wir sollten alle Töchter dazu anhalten, Kampfsport und Selbstverteidigung zu lernen!!! Das könnte mindestens schon mal Vergewaltigungen sehr erschweren...

Else

 

> Männer jagen - Frauen flüchten <

Hallo Renate, hallo Else,

ich bin der Auffassung, daß, solange Männer Frauen jagen und vergewaltigen und solange immer die Frauen die sind, die flüchten müssen, weil sie sich nicht selbst verteidigen können, unbedingt lernen müssen, wie sie sich, wenn es sein muß mit Waffengewalt, wehren können!!!
Vor allen Dingen müssen alle Mütter ihre Töchter lehren, daß sie sich wehren können und genügend Kraft, Verstand und Geschicklichkeit haben und den Männern nicht unterlegen sind!

Gruß
Martina

 

> aber bitte nicht mit Gewalt <

aber bitte NICHT mit GEWALT. Ich stelle mich nicht auf die Ebene derer die Gewalt als Mittel wählen.

Ich will klüger sein.
Elke

 

> Wehrpflicht und Fürsorge-Dienst <

Hallo!
Meiner Meinung nach sollten alle Frauen Ihren Wehrpflicht machen und alle Männer ein Jahr Pflicht in Kindererziehung oder Krankenpflegeeinrichtungen. Damit würden die Frauen das Kämpfen lernen, die Männer das Zuhören und die Fürsorge. Eine einfache Art zu probieren, die Waage Richtung waagerecht doch zu bringen :-)
Gruß
Ilse

 

> ...nicht nur ein Jahr <

Hallo,

ein Kind hat man nicht nur ein Jahr! Und geht es nicht ums globale Abrüsten?
Gruß

Margrit

 

> Wehrpflicht und Pflichtdienst <

Hallo zusammen,

über die Wehrpflicht bei Frauen habe ich lange nachgedacht und bin mittlerweile auch der Auffassung, daß das für Frauen sinnvoll ist - aber eben auch nur mit einer gesetzlichen Verpflichtung für Männer, Pflegearbeit (Kinder, Behinderte, Kranke, Alte) zu leisten.

Martina

 

> Antwort auf Elke <

Da stimme ich Dir zu. Gewalt ist kein Mittel zum Frieden.
Was ich aussäe werde ich ernten, heißt doch ein Sprichwort.
Gruß
Karin

 

> Ich kann's nicht fassen <

Hallo ihr Frauen, die ihr Wehrpflicht für uns fordert, oder Verteidigung nötigenfalls auch mit Waffengewalt.
Ich kann's nicht fassen, auf der einen Seite fordert ihr eine andere Welt, und dann ist die noch ein bißchen grausamer als die patriachaldominierte in der wir leben.
Wehrpflicht oder Sozialdienst, sind alles Ausreden, um die betroffenen Berufe nicht adäquat zu entlohnen und werden wenn ausgeweitet, dafür sorgen, daß Ausbildungen nicht mehr angeboten bzw. im Falle von Altenpflegerinnen nicht mehr bezahlt werden. Frauen sollen mit dem, was diese Gesellschaft für ihre Stärken in sozialer Kompetenz hält, weiterhin unbezahlte Arbeit, jetzt nicht nur in Familien leisten.
Ist es das, was ihr wollt?
Mir wird ganz übel, vielleicht könnt ihr eure Absichten nochmal überdenken

Magda

 

> mit Waffenhandel Bürgerkriege beenden ? <

Renate, Else und Martina aus dem Selbstverteidigungskurs wollen also mit Waffenhandel Bügerkriege beenden und meinen damit Vergewaltigungen bewaffneter Militärs/ maskulinisierter Kinder, die gerade den Rest der Familie (ja, Männer als Opfer!) umgebracht haben, vermeiden zu können? Das ist unglaublich. Die "afrikanischen Schwestern" freuen sich bestimmt über die Hilfe und darüber, auch noch die Schuld für ihre Lage zugewiesen zu bekommen... als "Schafe" bezeichnet zu werden, die willig zur Schlachtbank gehen. Mit Selbstverteidigungskurs wär das alles nicht passiert.
Stellt doch lieber die Systeme von Krieg und Dominanz in Frage, als sie ausweiten zu wollen, und denkt in dem Rahmen gleich noch über Kolonialismus nach. Es ist nicht angebracht, eure Umerziehungs/Gewaltpläne auf liberianische Bürgerkriegsopfer zu projizieren, in einem strammen Frau-Opfer Mann-Täter Weltbild. Die Lage ist wohl ein bißchen komplizierter. Und auch wenn gerade Frauen an Kriegen und ihren Folgen zu leiden haben, ist das ja eher ein Anlaß, den Zusammenhang zwischen Krieg und Geschlecht gründlicher zu betrachten als einfach nur Frauen auch noch aufzurüsten um mit dominanten Männern gleichzuziehen. Dadurch ändert sich gar nichts.
Dieser Pseudofeminismus ist schon lange in der Kritik, aber wohl nicht hier.

Grüße, Anna

 

> Virginia Woolf <

Vielleicht sollte frau mal den Text von Virginia Woolf "Drei Guineen" lesen, wo sie, kurz vor dem 2. Weltkrieg, Befreiung und Emanzipation der Frauen (und damit ineins aber auch der "Gesamtgesellschaft") nur als Negation der "männlichen" Werte (u.a. Gewalt nach dem "Wie du mir, so ich dir"-Prinzip) beschreibt.
Offensichtlich hat dieses Prinzip, das in den letzten Jahrtausenden ausführlich erprobt werden durfte, keine zivile und friedliche Gesellschaft und keine allgemeine Emanzipation herbeiführen können. Warum wollt Ihr dieses destruktive Verfahren denn also jetzt, statt es zu verneinen, durch alternatives Handeln (es gibt immerhin viele Modelle für gewaltfreien Widerstand) durch Verdopplung bestätigen und sogar noch auf den Bereich der Frauen-Kultur übertragen?! Für mich verläuft hier die eigentliche Grenze zwischen Emanzipierten und Nicht-emanzipierten Frauen.
"Eine andere Welt" ist mit solchen Lebensregeln sicher nicht "möglich"!

Jutta

 

> Nicht angreifen, sondern kämpfen lernen <

Hallo Margit,

> ein Kind hat man nicht nur ein Jahr! Und geht es nicht ums globale Abrüsten?
> Gruß
> Margrit

Es ist mir klar, daß ein Kind eine Aufgabe für das ganze Leben ist. Ich finde jedoch, daß Männer mit einem Jahr Pflicht sich mit Kinder oder Kranken... (= verantwortungsvolle, nicht gut bewertete Arbeit - ich meine nicht mit eigenen Kindern) beschäftigen sollten. Einfach, damit sie mal sehen, was es heißt und nicht immer das abwerten. Nach dem Motto: was Mann nicht kennt, ist nichts Wert.

(Ich gehe soweit, daß ich glaube, es sollte nur dann Elterngeld gegeben werden, wenn beide Eltern jeweils die Hälfte der Zeit sich um ihre Kinder kümmern - ist aber eine andere Geschichte)

Und für die Wehrpflicht für Frauen: es geht hier nicht um Angreifen, sondern um kämpfen lernen. Wer wirklich kämpfen lernt, braucht es nicht, das ist meine Erfahrung :-)

Gruß
Ilse

 

> schön, wenn es schon globale Abrüstung gäbe <

Hallo,

schön wärs, wenn es globale Abrüstung schon gäbe! Vielleicht gibt es sie teilweise - zumindest in einigen Köpfen.
Aber es gibt auch Aufrüstung: in USA, Nordkorea, und an anderen, heimlichen Stellen.
Mit Waffengewalt können wir nicht mithalten: das gibt die bekannte Spirale: immer mehr Geld, immer mehr Waffen, immer mehr Machtgelüste, --- das verschlingt alle Kräfte, die zum Leben dienen sollen.
Sogar Selbstverteidigung ist mit großer Vorsicht anzuwenden - und es gibt wahrscheinlich keine sichere Grenze, wo sie nicht noch mehr Gewalt hervorruft.
In der heutigen Mail von Karin, von 08.04 Uhr: in der Schlusserklärung der 2. Europ. Frauensynode sind wunderbare, richtungweisende Sätze. Aber wann und ob wir überhaupt Erfolg haben werden, steht wirklich in den Sternen.
Z.B. der Appell an die Religionen: In allen heutigen Hauptreligionen, - besonders im Christentum, - sind zusammen mit den guten Strähnen, Strähnen der Gewalt, Menschen- besonders Frauenverachtung verwoben. Frauen sind überall von religiösen Ämtern ausgeschlossen, besonders sündig und unrein. Ausgrenzung ist überall: in den eigenen Reihen sind die Frauen ausgegrenzt, und jeder andere kann zum Sünder, Ketzer usw. erklärt und verfolgt werden. Und die draußen erst: die in den anderen Konfessionen und Religionen: Jederzeit können sie zu Feinden erklärt werden...
Im Alten Testament, in den Büchern Samuel, ist der totale Genozid plus totale Vernichtung der Lebensgrundlagen der "Feinde" von König Saul gefordert --- und weil er das nicht fertig brachte, wurde er dann gestürzt...
Trotzdem muß die Zusammenarbeit versucht werden, mit den Friedliebenden in den Institutionen. Aber es gibt auch den Weg, sich von diesen Religionen unabhängig und frei zu machen; das versuchen schon viele.

Es gibt keine Alternative als den Frieden zu suchen.

Else.

 

> eine einfache Lösung <

hallo Anna,

es geht hier nicht darum, Gewalt zu verherrlichen oder unbedingt Gewalt üben zu wollen, sondern nur darum, gleiche Rechte zu haben und gleich respektiert zu werden.
So lange Frauen sich nicht wehren können, werden sie von vielen Männern nicht ernst genommen. Es nutzt leider nichts, wenn ich von einer Person angegriffen werde, die auf mich losgeht, um mich zu vergewaltigen, zu probieren, zu sagen: Moment mal, ich bin Pazifistin...
Da muß ich in einem Moment mit meinem Kopf und meinen Fäusten arbeiten. Zeigen: Achtung, ich bin auch stark und lasse mir nichts antun UND versuchen, daraus zu einer friedlichen Lösung zu kommen.
Nur so verschaffst du dir den nötigen Respekt, der dir in so einer Situation das Leben rettet.

Wer kämpfen gelernt hat, muß nicht unbedingt damit seine Probleme lösen. Weil wir, Frauen, die hier für eine bessere Welt kämpfen, ALLE eine friedliche - eben, eine andere Welt - wollen, wenn wir es mit der Sicherheit machen, daß wir auch körperlich nicht mehr angreifbar sind, werden wir mehr Gehör finden, weil wir von vorne rein dieses Machtspiel einfach nicht mitmachen brauchen.

Wir leben noch in einer archaische Welt, wo wir leider nicht gehört werden, wenn wir nicht die gleichen Waffen haben. Haben wir sie, müssen wir nichts mehr beweisen und können anfangen, zu handeln.

Ich habe keine Lust, jemanden anzugreifen, jemanden zu verletzten, aber ich will auch nicht blöd schauen und "nur" weglaufen können, falls was passiert.

Wenn, z.B., die Frauen, die mit Terroristen jeglicher Art leben (auch staatlichen Terroristen) auch kämpfen könnten, wären sie auch in der Lage, ihren Männern die Waffen zu entziehen und zu sagen: Jetzt reicht's, geht ihr mal arbeiten und hört auf mit dem Scheiß, sonst mache ich dir hier die Hölle los!
Wäre es nicht auch eine einfache Lösung?

Gruß
Ilse (pazifistisch und (oder weil) hat das Kämpfen gelernt)

 

> ohne intellektuellen Hochmut <

Hallo nochmal,

es ist doch interessant, was so jede herausliest aus einigen Zeilen, -- und dann hineinprojeziert.
Aber es soll hier doch kein Denk- oder Redeverbot geben?
Viele von uns denken, arbeiten, ganz allein. Und nicht jede hat Zeit und Kraft, alles allein zu klären. Warum sollen nicht alle Gedanken auf den Tisch, - gerade damit man hören kann, wo das theoretisch oder auch praktisch hinführen könnte? - Wir sind nicht alle auf dem gleichen Erfahrungs- oder Wissensstand.
Gebt doch Eure Meinung und Eure literarischen Kenntnisse ohne intellektuellen und moralischen Hochmut an uns andere weiter... Auch wenn wir sehr verschieden sind, sollte jede eine gute Antwort wert sein.

Else

 

> ohne persönliche Angriffe <

Liebe Frauen,

nach einigem Zögern melde ich mich doch nochmals zu Wort.
Hätte ich geahnt, zu welchen Reaktionen meine Ansichten, die ich, zugegebenermaßen vielleicht etwas verkürzt, geäußert habe, führen, hätte ich lieber nichts dazu gesagt.
Ich denke, Polemik muß nicht sein - diese Art und Weise erlebe ich täglich zur Genüge von meinen männlichen Kollegen. Ich dachte eigentlich, daß hier eine sachliche Diskussion - ohne persönliche Angriffe - geführt werden kann.

Martina

 

> Frieden ist ein wichtiger Wert. Tatsache ist jedoch,... <

Liebe Frauen,

ich finde, daß Ilse das ganz wunderbar auf den Punkt gebracht hat.

Frieden ist ein ganz wichtiger Wert. Tatsache ist jedoch, daß Männer agressiver sind als Frauen und daß Frauen nirgends auf der Welt wirklich gleichberechtigt sind. Wobei wir Frauen in Europa noch am besten gestellt sind und zwar traditionell schon immer (mit gewissen Schwankungen). Hier bei uns halte ich es für wichtiger, daß wir dafür sorgen, daß die traditionelle Frauenarbeit Anerkennung erhält und nicht nur die Frau, die Männerarbeit macht, als daß wir uns gegen die Männer wappnen.

Wenn man jedoch die Berichte aus Afrika hört, glaube ich , daß eine Ursache darin liegt, daß afrikanische und arabische Männer immer der Meinung sind, jede Frau, die sie haben wollen, muß ihnen gefügig sein. Dies ist ja wohl auch eine Ursache für die Ausbreitung von AIDS. Alle Frauen müssen das Recht haben "Nein" zu sagen und ich finde, in diesen extremen Fällen, auch Gewalt anzuwenden.

Herzliche Grüße
Renate

 

> Pseudo-Feminismus <

Liebe Leute,

im deutschen Kontext habt ihr sicherlich recht damit, daß es sinnvoll ist, sich u.U. wehren zu können und das dementsprechende Selbstvertrauen zu haben. Da stimme ich völlig zu.

Ich finde es nur problematisch, diese Ansicht auf liberianische Bürgerkriegsopfer zu projizieren. Das ist zynisch, angesichts der Maschinengewehre, in die sie blicken, und dann auch noch Waffenhandel mit ihnen treiben zu wollen. Kriegslogik an sich muß m.E. bekämpft werden und viele Fraueninitiativen haben mit dieser Ansicht Erfolge erzielt. Das was ich als Pseudofeminismus (weil für Frauen nicht vorteilhaft) bezeichnet habe, also liberalen Feminismus, der hier vertreten wird, d.h. eine Beteiligung von Frauen an männlicher Dominanz mit denselben Mitteln, kann nicht zugunsten von Frauen oder mehr als wenigen Frauen wirken. Wir müssen uns fragen, ob solche Forderungen wirklich im Interesse 'aller Frauen' gestellt werden, oder ob sie nicht bloß selbst Dominanzphantasien sind.
Pseudofeministisch meint auch, daß die Kategorie Geschlecht selbst nicht hinterfragt wird, und hier einfach dichotome Geschlechterbilder weitergeschrieben werden, nur mit "Mann" als Feindbild.
Für Feministinnen kann es eigentlich keine Option sein, "Männerrechte" (Privilegien meist weißer, gebildeter, heterosexueller usw. Männer) für sich zu fordern, weil diese ja gerade darauf basieren, daß die meisten Menschen sie nicht haben. Deswegen bin ich skeptisch, was die Forderung nach gleichen "Rechten" betrifft. Alles wird auf die Kategorie Geschlecht reduziert, was bequem ist für viele ansonsten doch sehr privilegierte Frauen.
Zumindest die (wie ich fand krasseste) Mail von Renate bezog sich eindeutig auf Liberia und da finde ich es einfach nicht in Ordnung, alles nur auf Männergewalt zu schieben, und den kolonialen Kontext, in dem wir uns befinden, einfach auszublenden. (Morgens)

Abends: Jetzt ist auch noch offener Rassismus mit hinlänglich bekannten Stereotypen dabei, und ich nehm den Superlativ von heute morgen zurück.

"Wenn man jedoch die Berichte aus Afrika hört, glaube ich , dass eine Ursache darin liegt, daß afrikanische und arabische Männer immer der Meinung sind, jede Frau, die sie haben wollen, muß ihnen gefügig sein. Dies ist ja wohl auch eine Ursache für die Ausbreitung von AIDS." (Renate)

Das wird mit einem fortschrittlicheren ("traditionell", haha) europäischen Selbstbild kontrastiert. Zum einen sind solche Verallgemeinerungen per se schwachsinnig (tschuldigung, aber es geht um Kontinente und das Wörtchen immer), und wenn sie dann derart rassistisch (und sexistisch) sind, fällt mir auch nichts mehr ein, als auf die Auswirkungen von Kolonialismus (u.a. die Zerstörung matriarchaler Strukturen durch Weiße Kolonisatoren, Armut, Ausbeutung, Krieg etc.) und unsere eigene Verstrickung in diesem System hinzuweisen. Es reicht auf jeden Fall aus, auch nur einen "afrikanischen/arabischen Mann" zu kennen, um sowas zu widerlegen. Ein beliebtes Prinzip weißer Deutscher, auch bei AntifeministInnen, immer genau dann vermeintliche Frauenfeindlichkeit anderer Kulturen aufzuzeigen, wenn es gerade in den rassistischen/... Kram paßt (Vgl. Frauen befreien in Afghanistan,...).

Viele Grüße, Anna

Literaturtipps:

bell hooks (z.B. Feminist Theory, Yearning u.a.) kritisiert 'Weiße Feminismen', v.a. den sog. 'radikalen Feminismus' (Feindbild Mann, Geschlechterverhältnis 'primäre Unterdrückung') und den 'liberalen Feminismus' (Gleichziehen mit privilegierten Männern). Sexistische Unterdrückung hängt immer auch mit anderer Unterdrückung, rassistischer oder klassenbasierter zusammen, deswegen sollte es nach ihr darum gehen, westliche Dominanzsysteme zusammen zu bekämpfen. Sehr empfehlenswert für Selbstkritik und neue Ansätze feministischer Theorie und Politik.

Thema AIDS, Feminismus, Betroffenheit von Frauen und Schuldzuweisungen:
Aufsatz (Autorin vergessen) in: Richter, Dagmar (Hg.):
Geschlechterverhältnisse - schlechte Verhältnisse. Verpasste Chancen der Moderne, Marburg 1994

Ruth Seifert schreibt zum Zusammenhang Militär, Krieg und Geschlechteridentität/verhältnisse

Nira Yuval-Davis auch(auch zum Komplex gender/race/class/nation)

 

> seltsame Diskussion <

Danke Anna!

Ich habe gerade absolut keine Zeit um mich inhaltlich an dieser seltsamen Diskussion zu beteiligen. Deinen Beitrag habe ich sehr begrüßt!

Grüße

Inge

 

> gegen Zwangsdienste <

Hallo
gibt es vielleicht verschiedene Inhalte für die gleichen Begriffe? Beim Militär lernen Menschen nicht "kämpfen", sondern funktionieren (ohne zu fragen) und vernichten.
Wer genaueres zu diesem Thema wissen möchte, kann über die Formen der Gehirnwäsche beim Militär nachlesen in einem älteren Werk von Hubert TREIBER "Wie man Soldaten macht".
Die provokative Eingangsthese von Ilse habe ich so verstanden, daß sie "kämpfen lernen" mit der Zielsetzung wünscht, daß Frau sich durchsetzen kann.
Dazu muß mensch allerdings weder Stiefeltritte spüren, noch welche verteilen.
Um in einer patriarchalen Welt als Frau bestehen zu können, braucht frau vielleicht auch nicht den Umgang mit Maschinengewehr und Granate zu beherrschen. Gewiß - Pünktlichkeit ist in diesem Land eine Tugend. Quadratisch praktisch gut die Hemden in den Spind falten zu können - sicher eine nützliche Angelegenheit, wenn frau über wenig Platz in der Heimstatt verfügt.
Persönlich stehe ich hinsichtlich der vermuteten Zielsetzung Ilses - sich durchsetzen zu lernen - jedoch mehr auf z.B. AIKIDO. Der Weg: Die Energien der GegnerIn nutzen, sie lenken, sie unschädlich verpuffen lassen, sie für die eigenen Ziele einsetzen. Nicht die GegnerIn vernichten, sondern den Kampf zum Nutzen aller KontrahentInnen führen und entscheiden. Nur kooperative Gesellschaften haben gute Überlebenschancen. Wer auf die Vernichtung der GegnerIn kämpft, ist selbst zum Untergang verurteilt.
Der Weg ist das Ziel.
Im übrigen stelle ich mir das fürchterlich vor, wenn selbst Kinderpflege und mehr zukünftig im Rahmen eines Zwangsdienstes absolviert werden sollen. Manchmal zweifle ich ja jetzt schon daran, ob ich heute noch einmal Kind sein möchte.
Aber wenn mich so eine gezwungener Vater aus dem Grund der Ableistung seines Zwangsdienstes pudern sollte - mir gruselt bereits bei dem Gedanken daran!
Schluß mit allen Zwangsdiensten!

Rosa

 

> ...nützte mir der Kurs nichts <

Hallo,

Grob gesehen schließe ich mich den Meinungen von Rosa, Anna, Else, Jutta und Magda und Elke (oje, beim Durchschauen werden's ja immer mehr - Gott sei Dank) an. Es kann nicht sein, daß wir auf dem Weg zu einer friedlicheren Welt mit Gewalt vorgehen wollen.

Vor allem auf die Mail von Martina vom 13. August will ich eingehen: "Ich bin der Auffassung, daß, solange Männer Frauen jagen und vergewaltigen und solange immer die Frauen die sind, die flüchten müssen, weil sie sich nicht selbst verteidigen können, unbedingt lernen müssen, wie sie sich, wenn es sein muß mit Waffengewalt, wehren können!!!
Vor allen Dingen müssen alle Mütter ihre Töchter lehren, daß sie sich wehren können und genügend Kraft, Verstand und Geschicklichkeit haben und den Männern nicht unterlegen sind!"

Diese "Lehre" birgt auch etwas gefährliches: Als Tochter der feministischen Erfolge der 70er/80er Jahre habe ich als junges Mädchen einen Selbstverteidigungskurs besucht und mich wohl etwas überschätzt, ich fühlte mich überlegen und fast unangreifbar. Mit 15 wurde ich allerdings eines besseren belehrt - als ein junger Mann meinte, mich vergewaltigen zu müssen, nützte mir der Kurs nichts, außer daß ich erst viel zu spät erkannte, daß seine Körperkraft meiner doch erheblich überlegen war. Gut, im allerletzten Moment konnte ich mich wehren, was aber auch mehr mit Glück zu tun hatte. Die Folge? Gepaart mit den vorherrschenden Vergewaltigungsmythen und gesellschaftlichen Ansichten Schuldgefühle ohne Ende, "wie konnte ich nur so blöd sein". Haha.

Natürlich sind Selbstverteidigungskurse schon mal hilfreich, aber bitte schätzt sie nicht zu hoch ein.

Das einzige, was gegen die Täter direkt wirklich hilft, ist Anzeige zu erstatten, was ich jetzt nach 8 Jahren in die Wege geleitet habe (wie nur etwa jedes 10te bis 20te Opfer), auch entgegen aller Einschüchterungsversuche und schlechtredende Prognosen (jetzt, wo der Fall läuft, sehen die Chancen nicht schlecht aus).
Und der einzige Weg, Vergewaltigungen auf lange Sicht zu stoppen, ist endlich ein Umdenken in der Gesellschaft zu erreichen, Aufklärungskampagnen, geschlechtsneutrale humane Erziehung (oder Begleitung).
Wir leben in einer echt sexistischen Gesellschaft - schaut euch doch mal um: Pornographie, Prostitution, Sexobjekte auf jeder zweiten Zeitschrift (egal zu welchem Thema), zu sozialer Ungleichheit muß ich euch sicher nichts erzählen, Reduzierung der Frauen auf ihren Körper in jedem Lebensbereich... Da ist Vergewaltigung kein Wunder. aber all das muß überhaupt gar nicht so sein. Es geht auch komplett anders.

Da hilft es auch nix, Frauen zum Wehrdienst zu schicken und Männer zur einjährigen Kinderpflege zu verpflichten. Frauen und Männer müssen von kleinauf zu sozialen und selbstbewußten Wesen erzogen werden (Ich bin gegen jede Waffengewalt und Kriegsdienst). Das ist auch überhaupt nicht schwer, mensch muß sich nur von den gesellschaftlichen Vorgaben befreien. Das Normalbild der Kleinfamilie mit Familienernährer und Hausfrau muß endlich aufgeweicht, wenn nicht sogar zur Minderheit erklärt werden. Wie viele alleinerziehende Mütter gibt es denn nun schon, auch wenn es noch in manchen Kreisen als unnormal erklärt wird? (bin übrigens selbst alleinerziehende Mutter). Wie viele Ehen sind in ihrem Bestehen als Kleinfamilie denn überhaupt glücklich und zufrieden? Wie viele Ehen werden geschieden, Patchworkfamilien entstehen, wie viele Ehen werden noch geschlossen? Welche Rolle spielen dabei steuerliche Vorteile, finanzielle Abhängigkeiten von Staat oder Privatpersonen und gesellschaftliche Vorgaben?

Es ist ein langer Weg, ich weiß, aber die Veränderung muß in den Köpfen der Menschen beginnen und das geht nicht durch Gewalt oder Zwang.

Und noch eine Anmerkung zu Renate zum Thema Larzac (12.August): "könnte es sein, daß Frauen sich von aggressiven Veranstaltungen nicht angezogen fühlen, im Gegensatz zu jungen Männern. Das scheinbar fehlende Interesse bei etwas älteren Frauen erklärt sich mir zusätzlich durch die fehlende Zeit wegen Doppel- und Dreifachbelastung"

Was in aller Welt ist an Larzac aggressiv? Aggression ist nicht männlich, ich bin auch teilweise aggressiv und ich steh dazu, ist wichtig. Ich wäre nach Larzac gefahren, wenn nicht die unglaubliche Hitze und die unmittelbar davor stattgefundene Sommerakademie für mein Kind und mich nicht zu viel gewesen wären. Ich war auch in Evian mit dabei und hoffe, daß noch viel mehr andere Frauen die Wichtigkeit solcher Proteste erkennen. Auch Kinder sind da kein Hindernis, wir müssen uns nur (gemeinsam mit den Männern) besser organisieren.

Verschiedene Charaktereigenschaften als männlich oder weiblich zu bezeichnen ist mitunter ein Baustein einer sexistischen Gesellschaft. Schaut euch andere Kulturen an, in denen männlich und weiblich teilweise genau entgegengesetzte Bedeutungen haben. Wir sind nicht als Männer oder Frauen geboren, wir werden dazu gemacht.

Fee

 

> anachronistische Weltvorstellungen <

Hallo,
ich möchte mich meiner Vorrednerin Anna anschließen. Ich finde es unglaublich und unerträglich, solche Diskussionen zu lesen. Ich hatte die Hoffnung, daß feministisch denkende und handelnde Frauen solch anachronistische Weltvorstellungen - Frauen als Opfer und Männer als Täter - inzwischen überwunden haben. Gewalt ist nicht mit Gewalt zu stoppen! Und in der Tat, die Sache ist bei weitem komplizierter: wären Frauen tatsächlich die besseren Menschen, dann sähe es wohl schon weit besser aus, auf diesem unseren Planeten! In diesem Sinne: give peace a chance!

Anna-Katharina

 

> Re: Pseudo-Feminismus <

Liebe Frauen,

Anna schreibt:
"im deutschen Kontext habt ihr sicherlich recht damit, dass es sinnvoll ist, sich u.U. wehren zu können und das dementsprechende Selbstvertrauen zu haben. Da stimme ich völlig zu.

Ich finde es nur problematisch, diese Ansicht auf liberianische Bürgerkriegsopfer zu projizieren."

Ich verstehe nicht, warum wir uns in Deutschland wehren dürfen, dies aber ausgerechnet in einem Bürgerkriegsland, wo es wirklich um Leib und Leben geht, nicht erlaubt ist.

Anna schreibt:
" Das ist zynisch, angesicht der Maschinengewehre, in die sie blicken, und dann auch noch Waffenhandel mit ihnen treiben zu wollen."

Zynisch ist, zu verlangen, sich malträtieren zu lassen.

Anna: Kriegslogik an sich muss m.E. bekämft werden

Dem stimme ich zu.

Anna: "viele Fraueninitiativen haben mit dieser Ansicht Erfolge erzielt. Das was ich als Pseudofeminismus (weil für Frauen nicht vorteilhaft) bezeichnet habe, also liberalen Feminismus, der hier vertreten wird, d.h. eine Beteiligung von Frauen an männlicher Dominanz mit denselben Mitteln, kann nicht zugunsten von Frauen oder mehr als wenigen Frauen wirken. Wir müssen uns fragen, ob solche Forderungen wirklich im Interesse 'aller Frauen' gestellt werden, oder ob sie nicht bloß selbst Dominanzphantasien sind Pseudofeministisch meint auch, dass die Kategorie Geschlecht selbst nicht hinterfragt wird, und hier einfach dichotome Geschlechterbilder weitergeschrieben werden, nur mit "Mann" als Feindbild. Für Feministinnen kann es eigentlich keine Option sein, "Männerrechte" (Privilegien meist weißer, gebildeter, heterosexueller usw. Männer)für sich zu fordern, weil diese ja gerade darauf basieren, dass die meisten Menschen sie nicht haben. Deswegen bin ich skeptisch, was die Forderung nach gleichen "Rechten" betrifft. Alles wird auf die Kategorie Geschlecht reduziert, was bequem ist für viele ansonsten doch sehr privilegierte Frauen".

Frauen leiden und wir setzen uns hin und philosophieren.

Anna: "Zumindest die (wie ich fand krasseste) Mail von Renate bezog sich eindeutig auf Liberia und da finde ich es einfach nicht in Ordnung, alles nur auf Männergewalt zu schieben, und den kolonialen Kontext, in dem wir uns befinden, einfach auszublenden. (Morgens Abends: Jetzt ist auch noch offener Rassismus mit hinlänglich bekanntenStereotypen dabei, und ich nehm den Superlativ von heute morgen zurück."

Die Probleme, die in vielen Ländern der Erde herrschen, sind sicher sehr komplex und nicht eindimensional durch Männergewalt verursacht.

Anna:..."dann vermeintliche Frauenfeindlichkeit anderer Kulturen aufzuzeigen..."

Es gibt sicher deutlich frauenfeindlichere Kulturen als die unsere.

Anna: Feindbild Mann

Ich habe kein Feindbild Mann, sondern bin der Meinung, nur gemeinsam können wir eine bessere Welt schaffen.

Liebe Grüße
Renate

 

Hier kam die Diskussion zu einem (vorläufigen ?) Ende.

Geistes-Blitz-Werk