26.02.2003

emotionaler Bericht

Blockade
der Kriegslogistik in Italien

Die italienischen 'Disobbedienti', die Ungehorsamen, stellen sich massenhaft den auch hier wie in vielen anderen Ländern Europas in die Golf-Region abziehenden US-amerikanischen Streitkräften entgegen. Sie wollen sie einfach nicht gehen lassen und fühlen sich ohne deren Schutz hilflos und ausgeliefert. Die US-amerikanische Generalität ist allerdings ob dieser herzlichen Bindungsfähigkeit der Italienerinnen und Italiener der Verzweiflung nahe.

Um ihre Verbundenheit zu bekunden, schrecken die in ihrer mediterranen Überschwenglichkeit Unberechenbaren nicht einmal vor Blockaden, Dienst nach Vorschrift und der Betätigung von Notbremsen zurück. Die Logistik der Truppenbewegung kommt völlig durcheinander.

Als Notlösung fragte die US-Administration bereits bei der slowenischen Regierung an, um 20 Truppenzüge über den Balkan durchschleusen zu können. Als Alternativ-Route ist Triest, Slowenien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien anvisiert. Ob sie dort wohl weniger Enthusiasmus vermuten ? Allerdings ist dieser Weg länger und die Straßenverhältnisse dank der zwar überall versprochenen, aber wie bei unsteten Liebhabern stets unzuverlässigen Alimentation für Truppenbewegungen katastrophal. Zudem muß dann in Istambul eingeschifft werden, da die Brücke über den Bosporus nicht ausreicht, und in türkischen Mittelmeerhäfen - oh türkische Mädchen und Jungs, frohlocket - umgeladen werden.

Auf Grund der italienischen Liebes-Bekundungen kam am Montag nur ein einziger Truppenzug durch und dieser mußte, um den Betörungen zu entgehen, auch noch in zwei Teilen weiter marschieren. Die 173. US-Luftlandebrigade aus Vincenza mit schwerem Material für die türkische Nordfront erreichte erst abends den US-Stützpunkt Camp Darby bei Pisa. Was dann dort nachts geschah, entzieht sich unserer Kenntnis. Angeblich werden die Pläne noch aufrechterhalten, über den Hafen von Livorno die türkischen Gestande anzusteuern. Allerdings haben die Hafenarbeiter bereits angekündigt, die bewegliche Habe ihrer Beschützer nicht anzurühren (Berlusconi nennt das schofel einen Verladestreik). Auch die größte Gewerkschaft CGIL sah sich genötigt, die US-Treue der Hafenarbeiter zu unterstützen.

Der italienische Überschwang geht so weit, daß am Mittwoch in Pisa Bahnhöfe, Transportwaggons und Weichen durch die in ihrer ungestillten Sehnsucht Entfesselten blockiert wurden. Ebensolches geschah auf dem dortigen Militärflughafen. Immer mehr Italienerinnen und Italiener werden von dieser Woge der Zuneigung ergriffen und greifen gar nachts und in früher Morgenstunde zu Notbremsen von Personenzügen, wodurch Gleise und Weichen unpassierbar und die Fahrpläne durcheinandergebracht werden.

Einzig der Innenminister scheint neben Berlusconi kühlen Kopf zu behalten: Er verwarnte alle Italienerinnen und Italiener und drohte mit dreijähriger Haft (was selbstverständlich sämtliche Wirtschaftsprobleme lösen würde).

 

Adriana Ascoli

 

 

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