Bei regelmäßigen öffentlichen Vorbereitungstreffen mit Vertretern von über dreißig
Freiburger Gruppierungen wird im Pfarrsaal der Christusgemeinde die Planung für
das Freiburger Sozialforum vorangetrieben. Nach dem Vorbild des ersten
Weltsozialforums in Porto Alegre, den Sozialforen in Paris und kürzlich in
Bombay soll eine breite Palette von Themen in Workshops, Vorträgen und Veranstaltungen behandelt werden:
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Sozialpolitik im Dreyeckland - ein und dasselbe Problem in Frankreich, der Schweiz und in Deutschland
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Die Forderung nach einem Grundeinkommen
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Neuer Nationalismus, Sozialabbau und kein Ende der gesellschaftlichen Krise
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APO 2004 versus Agenda 2010: wie weiter gegen den Sozialkahlschlag ?
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Die Finanznot der Kommunen - Auswirkung einer Standortpolitik im Interesse der großen Unternehmen
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Globalisierung und soziale Arbeit
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Privatisierung im Öffentlichen Dienst
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Kinderarmut
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Erwerbsarbeit diesseits und jenseits des Rheins
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Studiengebühren
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Entschuldung in den Andenländern
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Wasser als Ware - oder Menschenrecht
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Abrüstung statt Sozialabbau
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Obdachlose: Selbsthilfe der Opfer des Sozialabbaus
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Grenzüberschreitender Handel mit Prostitution
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Besatzung im Irak, Kopftuchverbot, Krieg gegen Teror
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Frauenleben im ehem. Jugoslawien
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global-strategische Konzepte
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Friedensarbeit im Kleinen
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süddeutsche Rüstungskonzerne und weltweite Kriege
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Die WTO - eine Bedrohung für die Menschheit
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Globalisierung u Landwirtschaft
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Gentechnik und Globalisierung
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Flüchtlingslager - Unterbringungssituation, Menschenrechtsverletzungen
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(Liste noch unvollständig)
Bereits seit Anfang 2003 trifft sich der immer größer werdende Vorbereitungskreis. Räumlichkeiten sind bereits besorgt und für die Detailplanung standen nun zuletzt so profane Dinge wie Essensversorgung,
Plakate und eine Videoproduktion für die nötige öffentliche Aufmerksamkeit, die
Gewichtung der verschiedenen Veranstaltungen im Verlauf der geplanten vier Tage
und der Charakter der Schlußveranstaltung zur Debatte. Lutz Knakrügge, Initiator
und treibende Kraft hinter der Idee eines Sozialforums in Freiburg, sorgte
humorvoll und zugleich mit der nötigen Hartnäckigkeit dafür, daß für die
verteilten Aufgaben auch jeweils mindestens eine Person verantwortlich
zeichnet. Die bisherige Planung ist geradezu als generalstabsmäßig.
Was sich in Freiburg in der Vorbereitungsgruppe bereits abzeichnet und für die bisherigen Sozialforen in Porto Allegre, Paris oder Florenz (siehe auch unseren Bericht in der Stattzeitung Nr. 52; und in Stattzeitung 53 ein Bericht über das 3. Weltsozialforum in Porto Alegre vom Januar 2003) kennzeichnend war: Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit verschiedenster Gruppen und Organisationen - vom autonomen Spektrum bis zu reformistischen Gewerkschaften, von traditionell kommunistisch bis zu christlich motiviertem sozialem Engagement. Beeindruckend ist der Wille zu einer gemeinsamen Suche. Gesucht wird im Grunde eine Antwort auf die Frage nach einer anderen Welt - auf die Frage, die im attac-Wahlspruch "Eine andere Welt ist möglich" verborgen liegt. Gemeinsam ist die Sehnsucht nach einer Vision von einer menschenwürdigen Gesellschaft. Ob diese Vision innerhalb oder jenseits des Kapitalismus zu finden sein wird, war auf den bisherigen Sozialforen umstritten und wird es wohl auch auf dem Freiburger Sozialforum bleiben. Wichtig ist allerdings, daß diese Frage heute offen gestellt wird und daß ohne ideologische Scheuklappen nach Lösungen gesucht wird. Und selbst wenn sich die Positionen der verschiedenen am Sozialforum organisatorisch beteiligten Gruppen nicht einander annähern sollten, wird diese Frage nach einer gesellschaftlichen Vision über das Sozialforum hinaus ausstrahlen und die gesellschaftliche Diskussion vorantreiben.
Eine zweite zentrale und bisher auf allen Sozialforen ungelöste Frage ist die nach der Organisationsform, die Frage nach einer neuen Partei. Regelmäßig gab es bisher Appelle, sich über eine parlamentarisch orientierte Partei am herrschenden System zu beteiligen. Ja völlig ungeniert gab es von ParteipolitikerInnen auch Aufrufe an die Parteien, die Ziele der Bewegung aufzugreifen oder umgekehrt, sich in den betreffenden Parteien zu engagieren. Ebenso stark waren bisher allerdings auch Positionen, die besagen, Organisationen und Parteien hätten eine zwangsläufige Tendenz zur Bildung von Herrschaftsverhältnissen und nur eine vernetzte Bewegung könne Trägerin eines gesellschaftlichen Wandels sein.
Eine Veranstaltung zu diesem Thema hatte auf dem Sozialforum in Florenz einen für 10.000 Menschen ausgelegten Saal derart überfüllt, daß nur noch eng gedrängtes Stehen möglich war... Ob dies allerdings auch in Freiburg zu erwarten ist?
Weitere Vorbereitungstreffen sind für 30. März und 13. April jeweils um
20 Uhr im Pfarrsaal der Christusgemeinde, Turnseestraße - Ecke Maienstraße
vorgesehen. Termine und weitere Informationen sind im Internet unter
www.sozialforum-freiburg.de zu finden.
Klaus Schramm