Zum Verbot der traditionellen Fuchsjagd in Großbritannien
Daß das Gesetz zum totalen Verbot der Hetzjagd auf Füchse in Großbritannien in Kraft tritt, ist eher
unwahrscheinlich. Zuvor muß die vom Unterhaus mit großer Mehrheit beschlossene Regelung das
Oberhaus passieren. Und dort sind die Vertreter jenes anachronistischen Mordsvergnügens nach wie
vor in der Mehrheit. Möglicherweise wird die Vorlage - verbunden mit einem "Kompromißvorschlag" - zurückverwiesen.
Daher ist die Entscheidung des Unterhauses auch weniger von unmittelbarer, als von symbolischer Bedeutung.
Seit Jahren wird das angebliche Recht einer selbstdefinierten Oberschicht, Hetzjagden auf Tiere als Freizeitvergnügen
zu veranstalten, von der Mehrheit der Briten abgelehnt. Anders, als in Deutschland, wo die Freizeit-Jagd lediglich
passiv auf den Unwillen der Bevölkerung stößt, mobilisiert das Thema auf der Insel zudem mehr Menschen.
Zehntausende auf Demonstrationen für ein Verbot der Fuchsjagd, aber auch massive Störaktionen bei
Jagdveranstaltungen waren in der Vergangenheit keine Seltenheit und gingen über den engen Kreis von
Tierschützern hinaus. Selbst Königin Elisabeth II., deren Pro-Jagd-Haltung bekannt ist, sah sich gezwungen,
Prinz Charles für dessen Unterstützung der Treibjagden halböffentlich zu maßregeln. Es "komme selbstverständlich
nicht in Frage," daß sich die königliche Familie weiterhin an den Treibjagden beteiligt, auch wenn diese nur teilweise
verboten würden, ließ der Palast im vergangenen Herbst lancieren.
Doch konnten die Befürworter der Jagd bislang drauf verweisen, daß die Gegner nur gut organisierte Gruppen seien,
die populistisch Stimmung für ihr Anliegen machen. Dies ist jetzt nicht mehr möglich. Bereits im Februar verbot das
schottische Parlament die Fuchsjagd. Auch in England und Wales ist die generelle Ablehnung der Hetzjagd nun
offizielle Meinung der gewählten Parlamentskammer. Die Abgeordneten setzten sich in dieser Frage sogar gegen
Premierminister Tony Blair durch und das in einer für ihn politisch schwierigen Zeit.
Sollten sich die Jagd-Befürworter nun der undemokratischen Macht des Erbadels bedienen, um ihre Interessen
durchzusetzen, würden sie sich offen gegen die britische Bevölkerung stellen. Denn diese hat für die dekadenten
und denkbar brutalen Jagdvergnügen einer kleinen Oberschicht schon lange kein Verständnis mehr.
Martin Müller-Mertens