Unter dem Titel "Frauen stoppt GATS!" "Dienste ohne Grenzen? GATS,
Privatisierung und die Folgen für Frauen" fand in Köln vom 9. - 11. Mai 2003
ein internationaler Kongreß statt. Der Kongreß wurde organisiert von
frauennetz attac. Es nahmen mehr als 500 Frauen an dem Kongreß teil.
Ich war neugierig, von GATS wußte ich soviel, daß es etwas mit der
Privatisierung im Dienstleistungssektor zu tun hat. Als erste Referentin
sprach Maude Barlow aus Kanada. Sie ist Direktorin des Council of Canadians
in Toronto und langjährige Aktivistin im Kampf gegen den globalisierten
Freihandel.
Sie berichtet von Nafta und dem MAI Widerstand, der das Abkommen 1998 zu
Fall brachte. Doch zunächst verstand ich wenig. Die Begriffe hatte ich zwar
schon mal gehört, aber was sie genau bedeuten, wußte ich nicht. GATS sei
ein Abkommen das die Länder zur Liberalisierung ihrer Dienstleistungen
zwinge. Den Konzernen werde damit gleiches Recht wie den nationalen
Regierungen eingeräumt. GATS bedeute das Ende der öffentlichen
Dienstleistung, weil den Konzernen die gleiche staatliche Unterstützung
eingeräumt werden müsse, wie z.B. den freien Trägern der Wohlfahrtspflege,
berichtet sie. Der gesamte non-Profit Bereich der öffentlichen
Daseinsvorsorge müsse den Unternehmen geöffnet werden.
GATS diene dazu, berichtet sie leidenschaftlich, die Völker zu
disziplinieren. Die Regierungen würden nicht mehr die Zustimmung des Volkes
brauchen, oder müssen um die Wählergunst werben. Die Konzerne haben, wenn
GATS ratifiziert wird, endgültig die Macht, schalten und walten zu können
wie sie wollen, ohne Rücksicht auf nationale Gesetze, auf Arbeitsrecht oder
Umweltschutz nehmen zu müssen. Sie spricht von einem Machtsystem und einer
Art globalen Kriegsführung. Und Frauen sind weltweit von diesen Auswirkungen
als erste betroffen, denn sie sind für die Gesundheit zuständig und haben
weniger Geld als Männer. Wir dürfen unsere Zukunft nicht verkaufen,
appelliert sie, es darf nicht nur eine wirtschaftliche Zukunft gegen.
Als nächstes spricht Vandana Shiva, Wissenschaftlerin und Aktivistin gegen
die konzerngesteuerte Globalisierung.
Für Vandana Shiva bedeutet Privatisierung sich etwas mit Gewalt nehmen. Die
Privatisierung lösche die Gesellschaft aus. Privatisierung gehe von der
Annahme aus, daß alles Eigentum ist. In Indien zeige sich das viel
deutlicher als hier. Wasser beispielsweise, gehöre der Natur, in der der
Mensch lediglich ein Teil ist. In der Gegend von Kerala erzählt sie, sei
soviel Wasser verkauft worden, daß der Grundwasserspiegel so weit gesunken
ist, das im Umkreis von vielen Kilometern jeder See austrocknete. Die
Menschen müssen teueres Trinkwasser kaufen, wer es sich nicht leisten kann,
muß auch schmutziges Wasser trinken. Man habe jetzt angefangen das Wasser
des Ganges zu verkaufen. Montsanto verbiete den Menschen ihr eigens Saatgut
zu verwenden. Die Bauern müssen teueres genmanipuliertes Saatgut kaufen, die
internationalen Verpflichtungen, die Indien über IWF und Weltbank
eingegangen sei, zwinge sie dazu. Das treibe viele in die Armut und beraube
sie ihrer Existenzgrundlage.
Vandana Shiva ist der Meinung, daß GATS nur möglich sei, weil viele
nationale Regierungen und die Industriestaaten zusammenarbeiten. Die
Entscheidungen geschehen hinter verschlossenen Türen. Demokratie wird durch
geheime Verhandlungen ersetzt. Dem Widerstand werde auch mit Lügen und Druck
begegnet. Sie macht das an einer Aussage von Jay Garner fest, der gesagt
haben solle, wenn ihr nicht macht was wir wollen, werden wir einfach Bomben
werfen, dann seid ihr Terroristen.
Als letzte des ersten Kongresstages spricht Christa Wichterich, Soziologin
und u.a. aktiv im wissenschaftlichen Beirat von attac Deutschland.
GATS torpediere und knacke unser Solidarsystem, sagt sie. Über die
Einforderung von Eigenverantwortlichkeit wird eine Versorgungsungleichheit
der öffentlichen Dienste geschaffen. Durch die Kommerzialisierung fließe die
Versorgung dorthin wo das Geld sei. Die öffentlichen Güter würden zur Ware
erklärt, die Grundrechte der EinwohnerInnen werden ausgehöhlt. Die
Polarisierung des Angebots, in einen teuren privaten und einen billigen
öffentlichen Bereich führe zu einem Zweiklassensystem. Die Liberalisierung,
die alle Angebote der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Wettbewerb stelle,
führe zu einer Deregulierung von Arbeit. Frauen als billige Arbeitskräfte in
häufig wenig gesicherten Arbeitsplätzen sind davon besonders betroffen. Sie
müssen entweder unter noch schlechtern Bedingungen arbeiten oder würden
ihren Arbeitsplatz ganz verlieren und in den unbezahlten Bereich der Pflege
und Versorgung von Familienangehörigen abgeschoben werden. Sie prangert die
Rosinenpickerei der privaten Unternehmen an, die einzig den Blick auf die
Rentabilität richtet. Frauen haben aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung
ein größeres Risiko im Alter zu verarmen. Sie können sich dann, die teuer
gewordene Versorgung nicht mehr leisten.
Nach dem Abendessen sollten Zeuginnen aus dem öffentlichen Sektor sprechen,
die meisten aus Deutschland, um die bereits wirksamen Auswirkungen von GATS
deutlich zu machen. Leider konnte ich das nicht anhören.
Nach dem ersten Tag, war ich ziemlich erschüttert, ich begann die Tragweite
der GATS-Regelungen zu verstehen. Das ungute Gefühl nahm Gesicht an. Und
ich fragte mich, ob frau/man noch was dagegen tun könne.
Samstag, 10.5.03
Am Samstagmorgen beginnt Maude Barlow mit einem Vortrag über Wasser. Sie
hält ein Statement für die Bedeutung des Wassers für die Natur und den
Menschen. Es gebe wissenschaftliche Untersuchungen die zeigen, daß das
Wasser seine Qualität verändere, wenn es schlecht behandelt werde. Die Erde
bestehe zu 2/3 aus Wasser, genauso wie der Mensch. Das ökologische
Gleichgewicht des Wassers und seine Einbettung in die klimatischen
Bedingungen sei leicht zu stören. Wasser dürfe keine Ware werden. Der Zugang
zu Wasser muß ein Grundrecht der Natur und der in ihr lebenden Wesen sein.
Sie fragt, wem gehört der Regen? Kalifornien z.B. erhalte sein Wasser aus
Kolumbien und Israel aus Palästina. Die Weltbank biete den Wasserländern
Schuldenerlass an, wenn sie Verträge über ihr Wasserreservoire abschließen
und es verkaufen. Sie berichtet von Cochabamba, einer Stadt in Bolivien. Die
Stadt habe im Frühjahr 2000 unter Druck der Weltbank ihre Wasserversorgung
an ein US amerikanisches Wasserunternehmen verkauft. Die Wasserpreise
stiegen drastisch innerhalb kurzer Zeit, die Menschen mußten ein Drittel
ihres Einkommens für Wasser ausgeben. Ein viertägiger Streik und massive
Proteste der Bevölkerung legten die Stadt lahm. Die Stadt erklärte den
Kriegszustand, aber die Proteste gingen weiter. Erst nachdem ein 17-jähriger
durch eine Schußwaffe im Gesicht schwer verletzt wurde, lenkte die Stadt
ein und machte die Privatisierung rückgängig. Hätte Bolivien damals schon
GATS ratifiziert, wäre es nahezu unmöglich gewesen, die Privatisierung
rückgängig zu machen. Das zeige, daß sich Widerstand lohne. Eine Strategie
könne sein, Anträge an die Kommunen zu stellen und GATS-freie Zonen in Bezug
auf Wasser zu fordern.
Als nächste spricht Vera Morgenstern von Ver.di
Die Gewerkschaften wenden sich weltweit gegen die Profitorientierung der
sozialen Dienstleistungen. Die EU argumentiere wie die Weltpolitik,
Dienstleistungen, die im öffentlichen Interesse liegen, haben sich den
marktwirtschaftlichen Prinzipien zu unterwerfen. Den Gewerkschaften gehe es
um die Gestaltung der Inhalte von GATS, sie versuchen demokratische
Prinzipien in den Entscheidungsprozessen einzufordern. Sie haben vier
Forderungen formuliert: 1. Transparenz der Verhandlungen, 2. Einbeziehung
der NROs und der Gewerkschaften, 3. Partnerschaften auch auf anderen Ebenen
z.B. nach dem Prinzip der public-public-relationsships:
Wassergesellschaften in Europa sollen Partnerschaften mit
Wassergesellschaften in den Entwicklungsländern übernehmen. 4. Die Gender
Perspektive sei einzubeziehen.
Vera Morgenstern erhält massiven Protest von Maria Mies, die der Meinung
ist, GATS sei gegen die Menschenrechte. Ein System, das verfassungswidrig
sei, lasse sich nicht demokratisch verhandeln. Wer mitverhandelt, verhalte
sich auch verfassungswidrig und verletze die Menschenrechte. Es gehe nicht
darum die Inhalte zu gestalten, GATS müsse grundsätzlich abgelehnt werden.
Das Ziel müsse heißen: Stopp GATS.
Eva Hack vom autonomen Frauenhaus in Kassel berichtet von den Auswirkungen
der DIN-ISO-Qualitätssicherung auf Frauen-/soziale Projekte. Sie zeigt wie
über die Qualitätssicherungsdebatte die sozialen Einrichtungen gezwungen
werden Qualitätsstandards ihrer Arbeit zu benennen. Wer an der
Standardisierung nicht teilnimmt erhält kein Geld. Kürzungen der Mittel,
oder Schließungen der Einrichtungen sind Alltag geworden. Der Abbau der
Leistungen kommt mit schönen Worten daher. Es wird von mehr
Eigenverantwortung der Menschen, von Qualität und Kunde geredet und damit
werden die Leistungskürzungen begründet oder verschleiert. Die staatliche
Aufgabe und Verpflichtung zur öffentlichen Daseinsvorsorge, wird nur noch
sehr eingeschränkt erfüllt. Gemeinnützige Vereine sollen in wirtschaftliche
Organe mit Gewinnorientierung umgewandelt werden. Im Frauenhausbereich
erscheint das wenig sinnvoll. Sicher gibt es die zahlungskräftige Frau, die
ihren Aufenthalt selbst bezahlen kann. Doch was ist mit den anderen, den von
Männern abhängigen Frauen, den Ausländerinnen, den Geringverdienerinnen.
Eine Verweigerung der Marktöffnung, selbst wenn sie konzeptionell zu
begründen wäre, kommt der Vernichtung gleich. Die Einrichtung muß
schließen, weil sie kein Geld mehr erhält. Der soziale Sektor soll
marktkompatibel werden. Wie makaber dies geschehen kann, erzählt sie am
Beispiel der Umgestaltung des Kinderjugendhilfegesetzes in Qualitätsnormen.
Als Grundlage dienten die ISO-Normen aus der Industrie. Die Standardisierung
habe nichts mit der Qualität der Arbeit zu tun, sie diene der Vorbereitung
zur Privatisierung. Leistungsangebote müssen vergleichbar werden.
Naila Khan ist Ärztin und in der Basisgesundheitsbewegung in Bangladesh
aktiv. Bei der Basisgesundheitsversorgung der Bevölkerung gehe es in erster
Linie um Profit und nicht um die Gesundheit der Menschen, auch bei manchen
NROs. Die Medikamente und Impfstoffe müssen teuer importiert werden. Die
Regierung hat die traditionelle Geburtshilfe abgeschafft. Sie verhindert und
verbietet die Ausbildung junger Frauen zu Hebammen. Die Ausbildung
entspreche nicht den modernen Standards. Private Geburtskliniken erhalten
so ihre Kundschaft. Die Unternehmen haben mehr Einfluß auf die Regierung
als die dort lebenden Menschen. Beispielsweise werde dort ein Wehenmittel
eingesetzt das zu Gebärmutterrissen führe. Es werde trotzdem weiter
angewendet, obwohl die Risiken bekannt seien, eine Aufklärung finde nicht
statt. Die Menschen seien außerdem schlecht ernährt, sie hätten nur Reis
zum Essen, kein Gemüse. Die Gewässer seinen verschmutzt. Vor einiger Zeit
sei eine Häufung von Epilepsie bei Kindern beobachtet worden. Untersuchungen
hätten ergeben, daß die Ursache das stark verbleite Benzin sei, das die
Regierung zugelassen habe. Erst nach Protesten sei es verboten worden.
Sarah Sexton aus Großbritannien sagt, GATS hab die Deregulierung der
Regierungen zum Ziel. Alle Abkommen der WTO, ob GATS, TRIPS, NAFTA u.a.,
sowie der IWF und die Weltbank fordern die Liberalisierung in allen
Bereichen des menschlichen Lebens. GATS verstärke den Druck zur
Privatisierung. Gesundheit ist ein Menschenrecht das nicht der
Handelspolitik geopfert werden darf.
Theresa Wolfwood, aus Kanada ist Jornalistin und seit vielen Jahren aktiv in
der Frauen- und Friedensbewegung.
Auch in Kanada gerät das Gesundheitssystem unter dem Druck der
GATS-Verhandlungen. Die Wäscherei und die Küche in den Krankenhäusern seien
bereits privatisiert worden. Die Arbeitsplätze hätten sich verschlechtert.
Auch Wissen werde privatisiert und zu geistigem Eigentum erklärt. Die
Informationen werden damit nicht mehr frei zugänglich sein. Für Wissen muß
in Zukunft bezahlt werden. Der Virus SARS wird patentiert, diejenigen die
die Patentrechte haben können es sich teuer bezahlen lassen, wenn
Medikamente entwickelt werden sollen. Mac Donald mache in Kindergärten
Vorträge über Verkehrssicherheit, die Leute fänden nichts dabei. Die Schulen
seien noch öffentlich, doch die Beiräte der Schulen seien bereits mit
Konzernen verseucht.
Claudia Werlhof, Wissenschaftlerin und Professorin an der Universität
Innsbruck.
Sie berichtet von den Konsequenzen der Globalisierung für Frauen im
Bildungssektor. GATS schränke die Freiheit des Denkens ein, da es zu einer
zunehmenden Ent-Hirnung führe. Denken soll nur noch der Kapitaldurchleiter
sei, für kapitaladäquates und marktfähiges Denken. Sie fordert, es sei nicht
nur notwendig global zu denken und lokal zu handeln, sondern frau müsse
wieder global denken und handeln und lokal denken und handeln. Durch die
Errichtung eines Weltbildungsmarktes komme es zu einem Ausverkauf des
Erziehungs- und Bildungssystems. Bildung und Erziehung müsse sich an den
Interessen der Industrie ausrichten, müsse sich der Wirtschaft unterordnen.
Es werde zu großen Veränderungen im Bereich Wissen und Bildung kommen, die
heute noch nicht in ihrer letzten Konsequenz erfaßt werden könne. Die
derzeitigen Entwicklungen, seien die zu Ende gedachte kapitalistische und
patriarchale Idee. Sie sei lebensfeindlich und menschenverachtend. Das
Gefühl für das eigene Handeln gehe verloren. Sie schließt ihren Vortrag mit
dem Satz, wer das Gefühl verliert, verliert den Verstand.
Arbeitsgruppe: DIN-ISO-Qualitätssicherung in Frauen- /sozialen Projekten,
Bausteine neoliberaler Wettbewerbs- und Kommerzialisierungspolitik
In den 70er Jahren waren viele Projekte basisdemokratisch organisiert und
hatten einen hohen Autonomieanspruch, z.B. die HilfeempfängerInnen
arbeiteten im Projekt mit, alle sollten einen Einheitslohn erhalten,
unabhängig von der Ausbildung, die politische Arbeit hatte Priorität vor der
Sozialarbeit. Geld vom Staat wollten die Projekte häufig nicht, da sie darin
ihren Autonomieanspruch bedroht sahen. Die meisten dieser Projekte waren als
Selbsthilfeprojekte angelegt, die durchaus gut organisiert waren und von den
Betroffenen gern angenommen wurden. Im Rahmen der
Professionalisierungsdebatte Mitte der 80er Jahre wurden viele dieser
Einrichtungen geschlossen. Die Professionalisierung diente der
Entpolitifizierung. Bereits damals deutete sich die Ökonomisierung an, alles
was als nicht professionell betrachtet wurde, war auf einmal rückständig und
nichts mehr wert. Gleichzeitig wurde die Entlohnung als gesellschaftliche
Anerkennung betrachtet. Beziehungsarbeit wurde endlich auch bezahlt.
Die Qualitätssicherung ist ein Begriff aus der Wirtschaft und dem Militär.
Er dient in der Produktion zur Minimierung von Fehlern.
Die Standards sollen eine Wettbewerbsverzerrung und ein Subventionierung
verhindern. Die Qualitätssicherung geht von der EU-Ebene aus und orientiert
sich an den EU-Richtlinien. Für den sozialen Sektor sind die ISO-Normen
9000-9004 zuständig. Sie soll helfen die Leistungen vergleichbar zu machen.
In diesem Zusammenhang sind die Leistungsverträge zu sehen, die sich aus §
78 und § 93 BSHG ergeben. Es werden keine Pauschalbeträge für Leistungen
mehr bezahlt, die einzelnen Leistungen müssen in ihre Einzelteile zerlegt
werden, normiert und standardisiert werden, um eine Chance auf Finanzierung
zu haben. Das Subsidiariätsprinzip wird ausgehebelt. Die Wohlfahrtsverbände
müssen in Konkurrenz mit privaten Anbietern gehen. Die Gemeinnützigkeit
solle fallen, sie gelte als Subventionierung und wettbewerbsverzerrend.
Statements:
a Standardisierung ist Gleichmacherei und Abtötung der Vielfalt des
Lebens.
b Geld ist da, es ist nur woanders
c Es ist notwendig das dahinter stehende System, den Kapitalismus zu
kritisieren
d Die Spaltung in Kapitalismus und Kommunismus machte den Kapitalismus
sozial
Sonntag, 11.5. 03
Widerstand
Wir handeln lokal und wirken global
Maite Llanos aus Argentinien berichtet vom Widerstand der Frauen in
Argentinien. Sie würden mit ihren Pfannen und Töpfen auf die Straße gehen.
Die Privatisierung wurde in Argentinien bereits 1976 eingeführt.
SAP-Programme wurden von Präsident Menem zugelassen. Alles wurde
privatisiert, die Wasserversorgung, Müllentsorgung, das Paßwesen. Alle
Rechte der BürgerInnen gingen verloren. Das Land ist hoch verschuldest, die
Korruption ist groß. 23 Prozent sind arbeitslos. Es gibt viele arme Menschen.
Doch die Menschen haben trotz ihrer Machtlosigkeit beschlossen auf die
Straße zu gehen. Es gibt eine große soziale Bewegung, die der Staat zu
unterdrücken versucht. Es werden ständig Straßenblockaden gemacht. Die
Polizei versucht dagegen vorzugehen, sie ist besonders gewalttätig gegen
junge Männer. Die Frauen demonstrieren dagegen. Ständig gibt es Streiks in
den Fabriken, das Risiko den Arbeitsplatz zu verlieren schreckt die Menschen
nicht mehr. Es gibt eine große Solidarität in der Bevölkerung.
Claudia von Werlhof betont, die Hoffnung liegt darin, daß das GATS deutlich
macht, wo wir stehen und wo unsere Zukunft ist, wenn weiterhin die Konzerne
die Werte unseres Zusammenlebens bestimmen. In Österreich wurde in Hallein
ein Sozialforum gegründet. Seit den 90er Jahren gab es eine gewisse Unruhe
in der kritischen Bevölkerung, doch jetzt kommt eine große Bewegung in Gang.
Die Blau-Schwarze Regierung in Österreich will den Staat nach den
GATS-Forderungen ausrichten. Seit einigen Jahren wird lokal gegen das GATS
gekämpft. Es gebe mittlerweile einige GATS-freie Zonen bzw. Gemeinden, vor
allem in Niederösterreich. Es gibt viele lokale Aktionen, es sein viele
Leute mobilisiert und es sei bereits viel Aufklärung geleistet worden. Die
Friedensbewegung in Österreich macht sich für eine EU-Austritt stark. Im
Senat an der Uni Innsbruck wurde über Protestaktionen erfolgreich gegen die
UNI-Reform gekämpft. Den Innsbrucker Aufruf haben in Österreich immerhin 10
Prozent der Wissenschaftler unterzeichnet. Es ist notwendig ein Gegenstück zur
GATS-Bildungsreform zu bilden. Wir brauchen den Mut uns zu organisieren, um
uns von der Geistlosigkeit der markt- und profitorientierten Ideen nicht
anstecken zu lassen. Es kann überall im lokalen Raum Aktionen geben, die
sich für eine GATS-frei Zone einsetzen.
Theresa Wolfwood fordert, wir müssen Widerstand leisten. Lokale Bewegungen
sind notwendig, dann können wir auch etwas bewirken. Wir können z.B. große
Konzerne boykottieren, wir können uns für eine unabhängige Medienlandschaft
einsetzen, wir können faire Produktion unterstützen oder verstärkt lokale
Produkte kaufen. In den USA gibt große Boykottaktionen. Sie ist der Meinung
der Irakkrieg war auch ein Krieg gegen Europa. Die USA haben u.a. das Ziel
die Entwicklung der EU zu bestimmen. Die EU habe ein größeres
Bruttosozialprodukt als die USA. Lokale Bewegungen sollten verstärkt auf
Gemeinden und Städte Einfluß nehmen. Wir müssen optimistisch bleiben, wenn
wir etwas erreichen wollen. Es ist wichtig sich über unsere Werthaltung und
unser Menschenbild Gedanken zu machen. Wir brauchen eine Veränderung auf
allen Ebenen, auf der individuellen genauso wie auf der gesellschaftlichen
und politischen Ebene.
Der Kongreß hat mich sehr aufgewühlt aber auch begeistert. Es war
faszinierend zu sehen, daß die Bewegung in Gang kommt, daß jede/jeder
Einzelne/Einzelner etwas tun kann. Es wurde mir verdeutlicht, wie die
sozialpolitischen Veränderungen in Deutschland, in Europa, in der ganzen
Welt eingebettet sind in die profitorientierten Ideen der Konzerne. Jeder
von uns spürt bereits die schmerzhaften Einschnitte. Wir brauchen dringend
eine öffentliche Diskussion über die Auswirkungen von GATS.
Ergebnisse:
Nicht-in-meinem-Namen-Aktionen gegen die Privatisierung machen
Regionale Sozialforen gründen
Zu Boykotten von Konzernen und Medien aufrufen
Selber faire-Trade-Produkte kaufen
Lokal produzierte Waren kaufen
Es ist ein globaler Frauenstreik im Herbst geplant
Information und Aufklärung über Foodindustrie
Sich beispielsweise für eine solidarische Gesundheitsversorgung
einsetzen und dafür die olympischen Spiele ausfallen lassen
Sich der Aktion Stopp-Stopp-Stopp-das-GATS auf Stoppschildern
anschließen
Zusammenhang von Geld und Wissenschaft erkennen
Sich gegen eine geistige Monokultur einsetzen
z.B. verbreitet Coca-Cola, daß 25 Prozent der Nahrung aus Zucker in flüssiger Form gesund seien
Sich gegen die cross-border-leasing Verträge wenden, und damit in die
Öffentlichkeit gehen
Sich für eine neue EU-Verfassung einsetzen, denn die geplante ist
noeliberal, stark militarisiert und umweltfeindlich z.B. soll Atomenergie
als umweltfreundliche Energieform in die Verfassung aufgenommen werden.
Kompostierungsaktion als lokale Aktion
GATS ist Bestandteil der neuen Weltordnung
Anträge und Fragen an kommunale Entscheidungsträger stellen
Gute Infos in dem Buch GATS und Globalisierung
ISBN: 3-980-6757-77
Linux installieren statt microsoft
Coca-Cola, Mac Donald usw. Aktionstag in Schulen Aufklärung über
Produktionsbedingungen, Arbeitsbedingungen
Wasserprivatisierung verhindern
das Recht auf Wasser ist ein öffentliches Gut, Wasser darf nicht zur Ware
werden
Internationales Moratorium gründen, damit keine Handelsverträge
geschlossen werden können. Länder können gemeinsam aussteigen.
Martha Hildersperger