Ohne Rücksicht auf den lokalen Widerstand wird der Gemeinde Gemmrigheim der Atommüll des AKW Neckarwestheim
aufs Auge gedrückt. Da bislang - und auch in Zukunft allenfalls dem Namen nach - kein Endlager für den radioaktiven
Müll der AKWs existiert, müssen die Gemmrigheimer damit rechnen, daß sie für alle Ewigkeiten auf dem strahlenden
Geschenk sitzen bleiben. Denn wenn der nächste größere Unfall geschieht oder die nächste größere Betrugsaffaire in
La Hague in Frankreich oder Sellafield in Großbritannien zu Tage kommt, wohin die CASTOR-Behälter bislang
weiterverschoben werden, gibt es keine Ausflüchte mehr. Auch in Gorleben, wohin der strahlende Müll nach der
sogenannten Wiederaufarbeitung und tatsächlichen Vervielfachung vorläufig in eine ebenso als "Zwischenlager"
bezeichnete Halle verfrachtet wird, kann er dann nicht länger untergebracht werden. Gorleben und das
gesamte Wendland wehrt sich ebenso mit Händen und Füßen, zum "Atom-Klo" der AKW-Betreiber gemacht zu werden.
Tausende zukünftiger Generationen werden für die heutige Unbekümmertheit und Energieverschwendung bitter
bezahlen müssen. Da ist es auch den Gemmrigheimern nicht zu verdenken, daß sie die eigenen Familien und
nachkommenden Generationen von diesem Erbe möglichst weitgehend verschont sehen wollen. Der gesamte
Gemeinderat stimmte - letztlich ohnmächtig - gegen die Genehmigung des "Zwischenlagers" und gegen die eigene
Bürgermeisterin, die sich nicht mit den Aufsichtsbehörden anlegen wollte. Das Landratsamt hatte mehrfach gedroht,
die baurechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn die Gemeinde sich länger weigere. Auch mit Ersatzansprüchen
in Millionenhöhe durch den AKW-Betreiber war gedroht worden. Diesen Sommer dann unterlag die Gemeinde in
letzter Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Damit ging die Entscheidung über die Baugenehmigung
ans Landratsamt über und auch die atomrechtliche Genehmigung erfolgte im September durch das Bundesamt für
Strahlen"schutz", dem gegenüber Atomminister Trittin weisungsbefugt ist.
Der nun verantwortliche Landrat Haas hat dieser Tage den Bauantrag genehmigt. Die Drohung des AKW-Betreibers
stellte sich mittlerweile als unbegründet heraus. Fröhlich verkündete Landrat Haas nunmehr, das GKN Neckarwestheim
habe noch genügend Lagerkapazität im Abklingbecken des Meilers zur Verfügung gehabt. Allerdings sei es jetzt
höchste Zeit gewesen, denn der Betreiber könne nicht mehr länger mit dem Bau des Zwischenlagers warten, ohne
gegen atomrechtliche Vorschriften zu verstoßen. Fertiggestellt werden kann das Zwischenlager, das nicht einmal
gegen gezielte Flugzeugabstürze gesichert sein wird, nicht vor 2006 - geschätzte Kosten: 30 Millionen Euro. Rund
150 CASTOR-Behälter soll es dann aufnehmen können. Ein Vielfaches des Inventars, das bei der atomaren Katastrophe
von Tschernobyl freigesetzt wurde.
Ute Daniels