19.02.2008

Gen-Kartoffel Amflora
darf verfüttert werden

Teilerfolg für BASF

Die Agrarminister der Europäischen Union haben gestern (Montag) mehrheitlich zugestimmt, daß Abfälle der umstrittenen Gen-Kartoffel Amflora als Futtermittel in der Tierhaltung eingesetzt werden dürfen. Außerdem werden künftig bis zu 0,9 Prozent der bislang nicht zugelassenen Sorte auch als Inhalt in Lebensmitteln toleriert. Für die vom deutschen Konzern BASF beantragte Freigabe kam im EU-Agrarrat allerdings keine Mehrheit zustande. Überraschend hatte sich der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer - die Bundesregierung hatte sich bis Freitag noch nicht festlegen wollen - auf die Seite der Gegner-Staaten geschlagen.

Nach diesem Patt unter den 27 Mitgliedsstaaten liegt die Freigabe-Entscheidung wieder wie in vielen anderen Fällen zuvor bei der Europäischen Kommission. BASF sieht dieser Entscheidung laut einer am Montagabend verbreiteten Erklärung "positiv entgegen". Die Kommission ist für ihre Pro-Gentech-Entscheidungen berüchtigt. Angeblich muß sie sich für die Freigabe von Amflora entscheiden, weil sie an ein Urteil ihrer Lebensmittelbehörde EFSA gebunden sei. Diese mit der Gentech-Industrie verfilzte Behörde hatte sich im April 2007 selbst von einer negativen Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) nicht von ihrem Votum abbringen.1

So war es kaum verwunderlich, daß die EFSA nicht nur die Gen-Kartoffel Amflora, sondern auch die Produktionsreste, die als "Pulpe" in Futtermitteln Einsatz finden soll, für unbedenklich erklärte. Blockierte die EU-Kommission nun trotz des positiven EFSA-Votums den Anbau der Gen-Kartoffel weiterhin, riskierte sie eine Klage der BASF mit hohem finanziellen Risiko. Im vergangenen Jahr war BASF noch damit gescheitert, die Zulassung von Amflora durchzusetzen. Der Konzern zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt und erklärte 160 Hektar Anbaufläche zu "Versuchsfeldern". Dies waren sogar 10 Hektar mehr als BASF zu Beginn des Jahres für den kommerziellen Anbau hatte eintragen lassen.

Auf Mißtrauen stießen die vehementen Versuche des deutschen Agrar-Ministers Seehofer (CSU), eine Vermischung der Kartoffel mit Futtermitteln zu vermeiden. Hier wird ein Zusammenhang mit der kürzlich am Widerstand der bayerischen Bauernschaft und der Stärke-Industrie gescheiterten Markteinführung der Gen-Kartoffel Gen-Walli vermutet, die über rund zehn Jahre hinweg von der bayerischen Landesregierung protegiert worden war.2

Eine positive Rolle spielt Umweltkommissar Stavros Dimas, der zumindest bisher die EU-Kommission bremste und mit generellen Bedenken gegen die Zulassungspraxis von genmanipulierten Pflanzen das weitere Genehmigungsverfahren blockierte.

Amflora wurde von BASF speziell für die Bedürfnisse der Stärke-Industrie gentechnisch designt. Sie enthält nur eine der sonst bei Kartoffeln vorkommenden zwei Stärke-Varianten und soll so die Verarbeitung erheblich erleichtern. Daher ist sie eigentlich nicht für den Anbau als Futtermittel oder für den menschlichen Verzehr vorgesehen. Als Abnehmer für die keineswegs wohlschmeckende Knolle gilt vielmehr die Industrie, etwa die Papierbranche. Dort wird die Stärke bei der Papier-Produktion eingesetzt. Beim Pressen der Pflanze bleibt die sogenannte Pulpe übrig, die die Unternehmen dann wiederum an Viehzüchter verkaufen. Kartoffel-Pulpe wird zum Beispiel gerne bei der Bullenmast verfüttert.

Laut Greenpeace haben die EU-Agrar-Minister in einer "entscheidenden Abstimmung" versagt, indem sie die Entscheidung über Amflora der Kommission überließen. Auch in zwei anderen Fällen wird die EU-Behörde entscheiden, weil der Agrarrat sich nicht einigen konnte. In diesen Fällen allerdings hatte Deutschlands Agrar-Minister Seehofer sich der Stimme enthalten. Es ging um die genmanipulierten Maissorten des US-Biotech-Konzerns Monsanto sowie des Schweizer Konzerns Syngenta.

Wie wenig ernst nach wie vor die Gefahren, die von den genmanipulierten Pflanzen ausgehen, und daher auch die Vorschriften genommen werden, zeigt nach ähnlichen Vorfällen mit Gen-Walli ein aktueller Fund auf einem Acker in Hohenmocker (Kreis Demmin). Mitglieder der Umweltorganisation BUND haben dort erneut lose herumliegende Amflora-Kartoffeln aus dem Vorjahr gefunden. Eine Analyse zeigte, daß sie ein Antibiotika-Resistenzgen als sogenannten Marker enthalten. Werden die herumliegenden Gen-Kartoffeln von Rehen und Wildschweinen gefressen, kann die genetische Information durch die Tiere verbreitet werden und somit in die Nahrungskette gelangen.

Bereits im vergangenen November hatte der BUND auf Kartoffeln auf diesem Acker aufmerksam gemacht. Der Fund widerspricht den offiziellen Auflagen, wonach Kartoffeln, die nach der Ernte liegen bleiben, "unschädlich zu entsorgen" seien. Die immer wieder beschworene Sicherheit von Feldversuchen ist offenbar nicht gewährleistet.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe auch unseren Artikel:

      Gen-Kartoffel von BASF wird von EU-Bürokratie verharmlost
      Kritik der Europäischen Arzneimittelagentur beiseite gewischt
      (18.04.07)

2 Siehe auch unseren Artikel:

      Bauern akzeptieren keine Gen-Kartoffel
      "Gen-Walli" floppt (24.01.08)

 

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