26.10.2003

Verwirrung in Neuseeland

Regierung verspricht Grenzwert Zero
und will zugleich Gen-Moratorium fallen lassen

Umweltministerin Marion Hobbs bestätigte vor wenigen Tagen im neuseeländischen Radio, daß sich die amtierende Labour-Regierung zur Einhaltung eines Grenzwerts Zero bei Gen-Kontamination verpflichtet habe. Acht Tage zuvor war es am Wochenende zu den größten Massenprotesten seit den 80er Jahren gekommen, weil sich entgegen einer auch in Neuseeland über 70-prozentigen-Mehrheit die Regierung für ein Ende des Gen-Moratoriums ausgesprochen hatte.

Unklar ist, ob dies nun eine Kehrwendung in der neuseeländischen Gen-Politik bedeutet oder - wie aus den Reihen der Anti-Gentech- AktivistInnen geargwöhnt wird - ob es sich dabei lediglich um ein Ablenkungsmanöver handelt. Denn auch den NeuseeländerInnen ist klar: Fällt das Gen-Moratorium, läßt sich weder ein Grenzwert "Zero" noch irgendein Grenzwert auf Dauer aufrechterhalten.

Die Worte von Ministerin Hobbs fielen allerdings sehr deutlich aus, wenn auch die praktischen Konsequenzen noch unbestimmt blieben. So beschwor Marion Hobbs das nationale Interesse Neuseelands, das seinen Status als gentechnik-freies Land sowohl bei Nahrungsmitteln als auch in der Landwirtschaft zu bewahren habe. Sie versuchte sich vom "Corngate"-Skandal abzugrenzen und verwies ausdrücklich auf die Situation in Europa, wo es Bestrebungen gebe, Gen-Kontami- nations-Grenzwerte von nahezu einem Prozent bei vier Getreidearten zuzulassen, was eine fortschreitende Gen-Kontamination zur Folge haben werde. Gerade deshalb wolle Neuseeland einen Standard aufrechterhalten, der die einzigartige Stellung Neuseelands auf dem Weltmarkt als Produzent von "clean-green" Nahrungsmitteln festige.

Trotz der wolkigen und in der Frage der praktischen Umsetzung vagen Bekundung der Umwelt-Ministerin, begrüßte John Carpiet von der Organisation 'GE Free NZ in food and environment' (Gentechnik-freies Neuseeland in Ernährung und Landwirtschaft) diese als "erste klare Stellungnahme" der Regierung, um gentech-freie Produktion zu schützen. Seine Organisation habe bislang mehrfach angefragt, wie die Regierung eine gentech-freie Produktion durch Gesetze schützen wolle, aber keine Antwort erhalten. Die aktuelle Zusicherung der Ministerin sei zumindest eine teilweise Beruhigung der neuseeländischen Öffentlichkeit, daß der Nutzen der einzigartigen Position Neuseelands als gentechnik-freier Produzent auf dem Weltmarkt auch für zukünftige Generationen erhalten bleibe. "Die Öffentlichkeit hat wenig Vertrauen in die Regierung und eine gesetzliche Regelung zum Schutze der gentechnik-freien Produktionsweisen steht noch aus", fügte John Carpiet an.

Die Zusage der Ministerin brachte sie bereits während der laufenden Radiosendung in Konflikt mit dem ebenfalls anwesenden Vertreter des neuseeländischen 'Life Science Network' (Netzwerk der Bio-Wissenschaften), Dr. William Rolleston. Dieser sprach sich dafür aus, Gen-Kontamination in gewöhnlichen Nahrungsmitteln zuzulassen.

Aktuell kam nun auch ein neuer Bericht der US-Regierung heraus, der die folgenschwere Verletzung gesetzlicher Vorschriften zum Schutz vor Gen-Risiken aufdeckt. In den neuseeländischen Medien wird dies als Warnsignal an die Regierung gewertet, daß diese "mit Feuer spiele", wenn sie versuche, genmanipulierte Organismen in Neuseeland freizugeben.

 

Adriana Ascoli

 

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