21.07.2004

EU erteilt Zulassung
für Gen-Mais als Tierfutter

Nach der Zulassung der genmanipulierten Süßmais-Sorte Bt-11 am 19. Mai1 ist mit der Zulassung des Gen-Mais NK 603 als Futtermittel eine weitere Bresche in das seit 1998 bestehende europäische Gen-Moratorium geschlagen. Die EU-Kommission hat sich immerhin noch nicht getraut, den gegen das Total-Herbizid Roundup per Genmanipulation resistent gemachten Mais für den Anbau in Europa zuzulassen. Auch als Nahrungsmittel wurde er nicht zugelassen. Monsanto beabsichtigt, NK 603 im Doppelpack zusammen mit Roundup, dem "Rundumschlag", auch in Europa auf den Markt zu bringen. Doch der Konzern wartet ab, da er die Stategie der Durchbrüche auf niederem Niveau, die offensichtlich von der EU-Kommission verfolgt wird, für erfolgversprechend hält.2 Doch im Kern besteht das Gen-Moratorium weiterhin: Noch ist der großflächige Anbau in Europa und damit die unkontrollierbare Verbreitung von genmanipulierter DNA nicht möglich.

Und mit dem öffentlichkeitswirksamen Kampf von Greenpeace gegen den Einsatz von genmanipulierten Futtermitteln und gegen Müller-Milch wird der Druck, den Landwirten gen-freie Futtermittel anzubieten immer stärker. Die üblen Machenschaften der Bunge GmbH in Mannheim und anderer Futtermittelanbieter, die gentechnikfreie Futtermittel als Gen-Futter deklarierten, um die Landwirte zur Abnahme des unerwünschten Gen-Futters zu zwingen, haben den Ruf dieser Brache schwer beschädigt und das Mißtrauen der Landwirte verstärkt. So steht die Entscheidung um der Erhalt des Gen-Moratoriums weiterhin auf der Kippe.

Die EU-Zulassung ist zunächst auf zehn Jahre beschränkt. Die NK-603-Linie, die nicht nur für Mais, sondern auch für Weizen ausgebrütet wurde, dient allein dem Zweck, Glyphosat, die Wirksubstanz in "Roundup" in den Markt drücken zu können. Die gentechnischen Veränderungen erlauben der Mais- oder Weizen-Pflanze die ansonsten tödliche Dosis Glyphosat zu überleben.

Interessant wird allerdings sein, zu beobachten, wie praxistauglich sich die am 18. April in Kraft getretenen Richtlinien zu Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit genmanipulierter Pflanzen erweisen. Die vorsätzliche Falschdeklaration bei den Futtermittel-Anbietern und vorsätzliche Vermischungen von genmanipulierten mit genfreien Chargen kann sie offensichtlich nicht verhindern. Nichts Gutes läßt auch die immer wieder verkündete Falsch-Meldung erahnen, es seien nicht genügend genfreie Futtermittel auf dem Weltmarkt verfügbar.

Die EU-"Umwelt"-Kommissarin Margot Wallstrom erklärte: "NK 603 war Objekt einer rigorosen Risiko-Analyse vor der Markteinführung. Von der Europäischen Behörde für Nahrungsmittelsicherheit wurde ihm attestiert, so sicher zu sein wie nur irgend ein anderer konventioneller Mais. Seine Sicherheit steht daher außer Frage ebensowenig wie die Wahlfreiheit der Nutzer oder Konsumenten."

Und Brett Begemann, Vizepräsident bei Monsanto und für den internationalen Handel zuständig, zeigte sich erfreut: "Wir hoffen, daß dies ein Signal ist, daß die EU und ihre Mitgliedsstaaten das Gen-Moratorium nun ernsthaft beenden."

Weiter behauptete Wallstrom, über NK 603, der weithin in anderen Teilen der Welt genutzt werde, gebe es "keine wissenschaftlichen Berichte über ungünstige Auswirkungen auf Gesundheit oder Umwelt." Der genmanipulierte Mais sei bereits als Nahrungsmittel für den Menschen in Australien, Kanada und Japan, in Südafrika und den USA, und als Tierfutter auf den Philippinen zugelassen.

Letzte Woche erteilte die argentinische Regierung die Zulassung für Monsantos NK 603 zum Anbau in diesem Land. Die vorab veröffentlichten Verkaufszahlen von Monsanto suggerieren eine Zunahme der Flächen in den USA, auf denen Roundup-Ready-Getreide angebaut wird. Monsanto erwarte eine Zunahme der Anbauflächen im siebten Jahr in Folge und schätzt, daß diese Zunahme 30 Prozent betrage.

Friends of the Earth (FOE), die europäische Dachorganisation des BUND, erklärt hingegen, daß keineswegs ausreichende Untersuchungen zu NK 603 vorgenommen worden seien. "Es wurden lediglich Untersuchungen zu kurzfristigen Auswirkungen auf die menschliche und tierische Gesundheit durchgeführt. Hingegen wurden keine Langzeitstudien oder Studien über die gesundheit sensibler Konsumenten angestellt." FOE warnt davor, daß eine Zulassung ohne solche Untersuchungen eine Verletzung europäischen Rechts darstellen würde.

Weiterhin heißt es in der Stellungnahme von FOE, daß nur unzureichende Untersuchungen über das allergene Potential der genmanipulierten Getreidesorten vorgenommen wurden. "Es ist nicht akzptabel, daß die Europäische Behörde für Nahrungsmittelsicherheit (EFSA) die berechtigten Bedenken mehrerer Mitgliedsstaaten mißachtet hat, die die Brauchbarkeit des Ansatzes in Zweifel zogen, nach dem die Allergie-Tests vorgenommen wurden. FOE weist darauf hin, daß die EFSA einen erst kürzlich veröffentlichten Bericht überging, in dem die OECD die Auslösung allergischer Reaktion durch Gen-Mais aufzeigte.

FOE und andere kritische Organisationen wie Greenpeace fürchten, daß Kühe, die mit Gen-Futter gefüttert wurden, Milch produzieren, die Allergien auslöst oder andere schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit hat.

 

Christian Semmler

 

Anmerkungen:

1 Siehe auch unseren Artikel
    BUND gegen Ende des Gen-Moratoriums (19.05.04)

2 Verwirrend mag es erscheinen, daß am Montag zugleich ein Antrag des EU-Kommission beim EU-Agrarministerrat scheiterte. Es handelte sich um den Antrag, den Import von NK 603 auch als Nahrungsmittel zuzulassen. Diese Inszenierung in verteilten Rollen hat allerdings den alleinigen Zweck, die nationalen Agrar-MinisterInnen als souverän erscheinen zu lassen. Wer hingegen die Entscheidungen des EU-Agrarministerrat über einen Zeitraum von mehreren Jahren betrachtet, erkennt, daß zumindest die Mehrheit inclusive der deutschen Ministerin Renate Künast die Vorgaben der Gen-Konzerne exekutiert, soweit dies von der Bevölkerung gerade eben noch hingenommen wird.

 

neuronales Netzwerk