17.10.2002

Interview

Genfood
ruiniert kanadische Bauern

Der großflächige Anbau von Gen-Raps in Kanada und die zerstörerischen Folgen sollten für Europa eine Warnung sein. Doch leider ist hierzulande wenig darüber zu hören. Ebensowenig wie über die katastrophalen Auswirkungen des Anbaus von genmanipulierter Baumwolle in China (wir berichteten darüber: "Außer Kontrolle", 25.06.02).
Adriana Ascoli führte ein Interview mit dem kanadischen Bio-Landwirt Marc Loiselle, der zusammen mit anderen Bio-Bauern die Gentech-Konzerne Bayer-Aventis und Monsanto auf Schadensersatz verklagt hat:

A. A.: Können Sie uns bitte erzählen, welche Erfahrungen Sie in Kanada mit Gen-Raps gemacht haben und warum Sie den gerichtlichen Kampf gegen solch mächtige Gegner wie Bayer-Aventis und Monsanto wagen?

Marc Loiselle: Gen-Raps wurde vor sechs Jahren bei uns im kanadischen Bundesstaat Saskatchewan eingeführt, wo traditionell sehr viel Raps angebaut wird. Dabei haben die Konzerne uns Bauern, Bio-Bauern genauso wie konventionelle Bauern, bewußt darüber getäuscht, daß sich Gen-Raps unkontrolliert verbreitet. Heute behaupten sie, sie hätten immer gewußt, daß über Pollenflug eine Ausbreitung von Gen-Raps stattfindet. Bei euch in Europa hingegen wird es weiter geleugnet. Durch die unkontrollierte Vermehrung wird den Landwirten und den Verbrauchern ganz bewußt Gentechnik untergejubelt - aktuell in Deutschland und Spanien durch den klammheimlichen Anbau von Gen-Mais.
Mein Raps ist durch die Kontamination mit Gen-Raps nicht mehr verkäuflich. Wenn nun auch noch Gen-Weizen kommerziell angebaut wird, verlieren wir unsere wichtigste Einkommensquelle und meine Farm ist ruiniert. Viele Bio-Bauern in meiner Heimat sind dadurch vom Ruin bedroht.

A. A.: Geht es bei Ihrer Klage gegen die Gen-Konzerne auch um Schadensersatz?

Marc Loiselle: Es geht um finanzielle Entschädigung, denn Geld ist das Einzige, womit wir unsere Gegner treffen können. Öko-Raps war für uns eine lukrative Einkommensquelle. Unsere Verluste sollen von den Verursachern ersetzt werden. Zum anderen geht es um die Verluste, die durch die Einführung von Gen-Weizen zu erwarten sind. Da sind allein Einnahme-Verluste in Höhe von hundert Millionen Dollar zu befürchten.

A. A.: Um welche anderen negativen Auswirkungen geht es?

Marc Loiselle: Raps ist für uns Bauern in Saskatchewan eine sehr wichtige Pflanze. Bei vielen Landwirten ist er fester Bestandteil der Fruchtfolge. Wir sind jetzt gezwungen, andere Pflanzen anzubauen, die weniger Gewinn bringen und sich gegen Wildkräuter weniger gut durchsetzen.
Zudem ist Gen-Raps eine Risiko-Pflanze. Wie sich schon gezeigt hat, werden die Schädlinge nicht ab, sondern zunehmen. Die Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit sind noch kaum erforscht. Wir wollen erreichen, daß Gen-Pflanzen als Schadstoffe anerkannt werden.

A. A.: In Europa und speziell in Deutschland steht die Entwicklung auf der Kippe. Was raten Sie Ihren europäischen Kollegen?

Marc Loiselle: Sich nicht von Versprechungen täuschen zu lassen! Es geht um sehr viel Geld. Einzig den Gen-Konzernen bringen diese Pflanzen fette Gewinne. Mit Lügen und Tricks werden erst einzelne Sorten versuchsweise, dann kommerziell in kleinen Mengen eingeführt, um größeren Widerstand zu vermeiden. Unsere Probleme mit Gen-Raps zeigen, daß sich genmanipulierte Pflanzen sehr wohl durch Pollenflug unkontrolliert ausbreiten. Sie gelangen auf Nachbarfelder und so letztlich in unsere Lebensmittel. Den Verbrauchern rate ich, sich weiterhin ganz rigoros dem Einzug der Gentechnik in Pflanzen und Lebensmittel zu widersetzen und sich nicht auf eine Grenzwert-Politik einzulassen.
Die Europäer sollten aus unseren Erfahrungen lernen. Verbraucher und Bauern müssen den Politikern genau auf die Finger schauen, damit es in Europa nicht soweit kommt wie bei uns.

 

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