UmweltschützerInnen fürchten Verunreinigung von fast 100 Prozent
Der Anbau von genetisch verändertem Soja in Rumänien scheint völlig außer
Kontrolle geraten zu sein. Die Umweltorganisation Greenpeace hat in zehn
verschiedenen Regionen Sojapflanzen beim österreichischen Umweltbundesamt testen lassen.
Sämtliche Proben waren positiv. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass 90
Prozent der Sojapflanzen im südosteuropäischen Staat ohne Wissen der
Behörden gentechnisch verändert sind. Es handelt sich dabei um die
Roundup-Ready-Sojasorte vom Agro-Konzern Monsanto.
"Die Situation ist dramatisch", so Gentechnik-Expertin Susanne Fromwald
von Greenpeace Österreich im pressetext-Interview. "Der Anbau von
Gentech-Soja ist in Rumänien erlaubt, allerdings müssen die Bauern die
Pflanzen in einem Register eintragen lassen, ansonsten ist die
Anpflanzung illegal", erklärt Fromwald. Die Bauern haben nach Angaben von
Greenpeace Teile der Ernten einbehalten, um sie im darauf folgenden Jahr
erneut als Saat auszusetzen. Kontrollen gibt es in Rumänien kaum. "Es ist
ein offenes Geheimnis, was sich auf den rumänischen Feldern abspielt", so
Fromwald. Mangels geeigneter Labors gibt es auch keine Untersuchungen.
"Garantierter Weise gibt es Soja aus konventionellem Anbau nicht mehr",
berichtet Fromwald, die zur Zeit in Bukarest ist. Ziel sei nun, eine
Aufklärung der Behörden. "Wir haben in Rumänien auch illegale
Feldversuche von gentechnisch veränderten Kartoffel und Pflaumen
nachweisen können", berichtet Fromwald gegenüber pressetext. Mittlerweile
sei es gelungen, die Gentech-Pflaumen zu vernichten.
Auf die Frage, welche Rolle Monsanto bei der Freisetzung spielt, meint
Fromwald: "Das strategische Interesse des Saatgutkonzerns liegt
offensichtlich darin, eine Situation zu schaffen, die nicht mehr
umkehrbar ist." Anders als etwa in Kanada gebe es keine Anzeichen dafür,
daß Monsanto gegen die illegale Nachtzucht Klagen erheben werde,
bestätigt die Expertin. Das bestätigt auch der Ex-Monsanto-Manager Dima,
der bis Ende 1998 für Monsanto in Rumänien tätig war. "Monsanto hat
Rumänien wissentlich in eine Technologie gedrängt, die fast zwangsläufig
außer Kontrolle geraten musste, weil das Land nicht adäquat darauf
vorbereitet war. Die Befürchtungen von Dima, der bereits 1998 davor
gewarnt hatte, haben sich inzwischen leider voll bestätigt", meint
Fromwald. Dima habe das Unternehmen 1998 verlassen, nachdem er seine
Bedenken auch gegenüber der internationalen Firmenleitung geäußert hat.
Im Jahr darauf wurde in Rumänien erstmals Gentech-Soja angebaut.
Offiziellen Angaben zufolge wurden 2005 auf einer Fläche von etwa 140.000
Hektar Soja angebaut.
Soja aus Rumänien wird nicht nur als Tierfutter verwendet, sondern auch
als Lebensmittel verkauft, bestätigt Fromwald. Befürchtungen der
Umweltschützer betreffen auch eine Verunreinigung von konventionellen
gentechnikfreien sowie biologischen Sojafeldern mit Gentech-Soja, vor
allem durch den illegalen Verkauf von Gentech-Saatgut und Auskreuzen.
Im Jahr 2007 soll Rumänien der EU beitreten. Derzeit fehlt es jedoch an
geeigneten Maßnahmen zur Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von
gentechnisch veränderten Organismen. Die Harmonisierung von nationalem
Recht mit Gemeinschaftsrecht ist aber zentrales Element der
Beitrittsverträge.
Solveig Brendel