Folge des Menschenversuchs mit Gen-Medikament TGN 1412
Am 29. Mai hatte die britische Aufsichtsbehörde 'Medicines and Healthcare products Regulatory Agency' (MHRA) ihren Abschlußbericht zum Pharma-Skandal um das Gen-Medikament TGN 1412 der deutschen Firma TeGenero vorgelegt.1 Alle sechs Versuchspersonen hatte schwerste Komplikationen durch unkontrollierbare Reaktionen ihres Immunsystems erlitten. Der Bericht deckte zwar einige Ungereimtheiten auf, entlastete aber im Wesentlichen den Würzburger Hersteller TeGenero und die US-Firma Parexel, die die Tests in einer Klinik in London durchgeführt hatten. Die AnwältInnen der Versuchspersonen zeigten sich enttäuscht über den "völlig unangemessenen" Bericht. TeGerero, Parexel und der Auftraggeber im Hintergrund, Boehringer, schienen entlastet. Vier der sechs Versuchspersonen bekamen inzwischen eine Entschädigung von 10.000 Pfund (14.350 Euro). Weitere Zahlungen sollen vom Heilungserfolg abhängig sein.
Die Situation hat sich nun völlig verändert, nachdem bekannt wurde, daß eine der Versuchspersonen an Krebs erkrankte. Auch den anderen fünf steht vermutlich dasselbe Schicksal bevor wie aus der Studie des Immunologen Richard Powell hervorgeht, der die Männer untersucht hat. Beim 35-jährigen David Oakley wurden erste Anzeichen von Lymphknotenkrebs festgestellt.
Das Gen-Medikament TGN 1412, das zur Behandlung von Autoimmunkrankheiten konzipiert war, führte beim erstmaligen Test am Menschen im März zu "überschießenden Immunreaktionen", die auch als Zytokin-Release-Syndrom bezeichnet wird und zu einem Multiorganversagen führen kann. Fünf der sechs Versuchspersonen konnten bis Ende Mai entlassen werden, während beim sechsten nach Information der Ärzte Finger und Zehen amputiert werden müssen.
David Oakley, der bislang nur als Patient A bekannt war, erlitt nach der Verabreichung von TGN 1412 starke Kopfschwellungen. "Als ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, sagten mir die Ärzte eine vollständige Genesung voraus", erklärte Oakley. Er sei schockiert gewesen, als der Immunologe jetzt eine Krebserkrankung feststellte.
Wegen der schweren gesundheitlichen Folgen forderten die sechs Versuchspersonen bereits eine Entschädigung von jeweils fünf Millionen Pfund (7,2 Millionen Euro).
Ute Daniels
Anmerkung
1 Siehe auch unseren Artikel:
Grauenhafte Folgen eines Menschenversuchs
mit Gen-Medikament (30.03.06)