Aus den eigenen Reihen der katholischen Kirche geriet eine Anfang dieses Monats abgehaltene Gen-Konferenz des
Vatikan in heftige Kritik. Insbesondere afrikanische Priester brandmarkten den offensichtlichen Mangel an kritischen
Wissenschaftlern und Kirchenmitgliedern bei der Konferenz.
Die Konferenz, die von Experten aus den USA, Europa, Asien und Afrika ausgerichtet wurde, sollte dem Vatikan bei der
Entscheidungsfindung helfen. Rückendeckung für den Anbau genmanipulierter Pflanzen hätte in Hinblick auf die Millionen
von Katholiken weltweit ein bedeutendes Gewicht. Die Zusammenkunft, die bis 11. November andauerte, war bereits zu
Beginn in die Kritik geraten. Zwei Redner wiesen auf die einseitige Auswahl von Wissenschaftlern hin, die für ihre
Unterstützung der "Grünen Gentechnik" bekannt seien. Zudem seien sie beunruhigt, daß bestimmte Kirchenführer aus
verschiedenen Teilen der Welt in der Konferenzleitung nicht repräsentiert seien, so die beiden den Jesuiten zugehörigen
Priester, die ihre Kritik in einer gemeinsam schriftlichen Stellungnahme einbrachten.
Bei den beiden Kritikern handelt es sich um Roland Lesseps, emeritierter Wissenschaftler an der landwirtschaftlichen
Hochschule in Lusaka, Sambia, und Peter Henriot, Direktor eines jesuitischen Instituts in Lusaka. Explizit wiesen sie auf
Kirchenführer aus den Philippinen, Brasilien und Südafrika hin, die "auf Grund praktischer Erfahrungen schweren Bedenken"
gegen die Einführung genmanipulierter Pflanzen erheben. Diese Bedenken seien auf der Vatikan-Konferenz nicht zur
Sprache gekommen.
In ihrer Stellungnahme zitierten die beiden Priester Papst Johannes Paul II, der gesagt habe, die Welt sei nicht bereit, den
Weg biologischer Störungen fortzusetzen, welche der Papst als "skrupellose Entwicklungen neuer pflanzlicher und tierischer
Lebensformen" bezeichnet hatte. Noch einen Tag zuvor, am Montag war von der EU-Kommission eine Entscheidung über
den Import einer genmanipulierten Maissorte vertagt worden. Entsprechend einigen Presseberichten sei diese Entscheidung
eine Probe auf den Bestand des seit 1998 de facto eingehaltenen Gen-Moratoriums.
Die beiden Priester äußerten sich auch zur Bedrohung von bäuerlichen Familienbetrieben. Das gegenwärtige Design der
kommerziell angebotenen Gen-Pflanzen basiere auf dem Modell einer industriellen Landwirtschaft. Es bevorzuge daher
große landwirtschaftliche Betriebe auf Kosten bäuerlicher Familienbetriebe. Sie warnten vor der "Einführung einer
schwerwiegenden Abhängigkeit der kleinräumig anbauenden und überwiegend armen Landwirte von den großen
multinationalen Konzernen, die das Saatgut und weitere notwendige Produkte anbieten, auf die die Landwirte dann
angewiesen sind".
Zudem warnten sie vor den Risiken für jede andere Form von Landwirtschaft wie beispielsweise biologischen Landbau,
die durch den Anbau von genmanipulierten Pflanzen ernsthaft eingeschränkt würde und den Risiken für die Traditionen in
vielen Entwicklungsländern, wo jedes Jahr ein Teil der Ernte zurück behalten werde, um sie als Saatgut im folgenden Jahr
verwenden zu können.
Die Vatikan-Konferenz mit 67 Wissenschaftlern, Pflanzenzucht-Experten und Vertretern der katholischen Kirche war vom
vatikanischen Rat für Friedens- und Rechtsangelegenheiten organisiert worden, der sich zugleich mit entwicklungspolitischen
Aufgaben befaßt. Sie wurde sehr aufmerksam von politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Gruppierungen
beobachtet, da die Position des Vatikan gegenüber genmanipulierten Pflanzen die Einstellung von Millionen Katholiken
weltweit beeinflussen könnte.
Auch Doreen Stabinsky, die als Vertreterin von Greenpeace Kritik an der Veranstaltung anmeldete, wies auf "die
überwältigende Präsenz von Gentech-Lobbyisten" hin. "Aus unserer Sicht wird hier weder die Problematik von
Gen-Pflanzen noch eine Lösung des weltweiten Hungers adäquat behandelt". Die im Titel der Veranstaltung gestellte
Frage >GVOs: Hoffnung oder Bedrohung ?< werde hier nicht beantwortet. Von Seiten der Organisatoren aus dem Vatikan
und beteiligter Wissenschaftler wurden die Vorwürfe, die Veranstaltung sei nicht ausgewogen besetzt gewesen,
zurückgewiesen. Beide Seiten würden bei den Beratungen berücksichtigt, wenn die Stellungnahme des Vatikan zu
genmanipulieren Pflanzen schließlich ausgearbeitet werde.
Adriana Ascoli