26.05.2004

Druck auf die WTO?

Unterschriften gegen "Grüne Gentechnik" abgegeben

Daß mit Unterschriftensammlungen Druck auf Regierungen ausgeübt werden kann, ist umstritten. KritikerInnen meinen, dies funktioniere nur, wenn die entsprechenden Regierungsparteien größere Angst vor einem möglichen Denkzettel bei der kommenden Wahl als vor dem Druck der betroffenen Wirtschaftsverbände haben müssen. Wie denn Unterschriften auf eine nicht gewählte Organisation mehr als moralischen - wenn es um wirtschaftliche Interessen geht also: keinen - Druck ausüben sollen, hat bisher noch niemand erklären können.

Dennoch orientierten sich attac und BUND offensichtlich an Che Guevara ("Seien wir realistisch - versuchen wir das Unmögliche!") und übergaben gestern 100.000 Unterschriften an die Welthandels- organisation (WTO) an deren Sitz in Genf. Als Instrument der US-Konzerne hatte die WTO bislang mit Erfolg Druck auf die EU-Bürokratie ausgeübt und so erreicht, daß alles getan wurde, um das europäische Gen-Moratorium zu Fall zu bringen. Mit der Unterschriften-Sammlung wurde nun allerdings nicht etwa der Erhalt des Gen-Moratoriums gefordert, was naheliegender wäre und manche Regierung in Erklärungsnöte hätte bringen können, sondern die WTO darum gebeten, doch bitteschön den "Ländern" (also doch wohl den souveränen nationalen Regierungen) das Recht zuzugestehen, die eigenen Bürger und die Umwelt vor den Gefahren von gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Pflanzen zu schützen. Und der einfachste und zugleich einzig wirkungsvolle Schutz wäre ohne Frage ein Anbau-Verbot für genmanipulierte Pflanzen.

Doch obwohl inzwischen kaum noch ernstlich bestritten wird, daß ohne ein solches Anbau-Verbot - und damit die unbefristete Verlängerung des Gen-Moratoriums - sowohl ökologische als auch konventionell wirtschaftende gentechnik-freie Landwirtschaft keine Überlebens- Chance mehr hätten, versucht sich in Deutschland eine "rot-grüne" Bundesregierung mit einer Scheinlösung durchzumogeln. Denn nichts anderes als eine Scheinlösung stellen "Koexistenz"-Regelungen auf dem Acker und viertelswirksame Kennzeichnungs-Regelungen im Lebensmittelhandel dar - schlimmer noch: diese Regelungen haben eine versteckte Türöffner-Funktion. Werden erst einmal genmanipulierte Pflanzen großflächig angebaut, ist die Verbreitung der manipulierten Gensequenzen auf herkömmliche Ackerpflanzen und verwandte Wildpflanzen nicht mehr zu stoppen und nicht mehr rückholbar. Hierbei wird letztlich ganz Deutschland zum Gentechnik-Labor umfunktioniert.

 

Ute Daniels

 

neuronales Netzwerk