Bereits im letzten Jahr wurde die Nutzung von Tief-Geothermie im Dreyeckland, dem Gebiet am Oberrhein, wo Frankreich, Deutschland und die Schweiz einander berühren, vielfach diskutiert. Erfolgversprechende Tiefbohrungen mit bis zu 5.000 Meter und Geothermie-Heizkraft-Projekte in Basel, in Soultz-sous-Forêt (Unterelsaß), in Bruchsal, Bad Urach, Neustadt-Glewe, Unterhaching bei München, in Speyer und in Landau zeigen, daß solche Energiegewinnung mit vertretbarem Aufwand realisierbar ist. Für das Gebiet des Oberrheins liegen Studien beispielsweise im Auftrag des Bundestags von 2003 vor, die besonders günstige Voraussetzungen aufzeigen. Bereits in 5.000 Meter Tiefe werden hier Temperaturen von 220 bis 250 Grad Celsius erreicht. Damit kann ein elektrischer Wirkungsgrad von über 15 Prozent erzielt werden.
Ähnlich wie bei der Kraft-Wärme-Kopplung, können Geothermie-Kraftwerke sowohl Strom als auch Wärme, beispielsweise für industrielle Prozesswärme, bereit stellen. Eine Studie im Auftrag des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums kam ebenfalls zu einem positiven Ergebnis, wenn auch die Realisierung in nennenswertem Umfang erst für die Zeit nach 2050 als möglich bezeichnet wird. Kaum verwunderlich, da die Landesregierung sich bei einer zügigen Umsetzung von Geothermie-Projekten mit einem der vier großen deutschen Strom-Konzerne, EnBW, anlegen würde.
Bei einem Geothermie-Hearing der Stadt Weil am Rhein am 12.05.2003 wies der Basler Geothermie-Fachmann Dr. Häring darauf hin, daß in der Schweiz ein Potential von rund 80 Geothermie-Kraftwerken realisierbar sei. Diese Kraftwerke könnten wegen der günstigen Möglichkeit zur Nahwärme- versorgung an Industriestandorten gebaut werden, wo für Prozeßwärme die entsprechende Nachfrage vorhanden ist. Bei jeweils 50 MW elektrischer Leistung (Größenordnung des Rhodia-Heizkraftwerks in Freiburg) lieferten diese Geothermie-Kraftwerke zusammen 400 MW elektrische Leistung - soviel wie alle Schweizer Atomkraftwerke zusammen.
Dr. Georg Löser von der Freiburger ECOtrinova setzt auf die Einsicht lokaler politischer Entscheidungsträger wie dem Regierungspräsidium und drängt auf eine baldige Konferenz zusammen mit SchweizerInnen und FranzösInnen, um die Geothermie-Nutzung voranzubringen und ein überregionales Geothermie-Konzept für das Oberrheingebiet zu erstellen. Gerade nach der jüngsten Unfall-Serie im elsässischen AKW Fessenheim, die Erinnerungen an die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl weckte, sei eine breit gefächerte, umweltfreundliche Alternative in der Stromversorgung dringend auszubauen. Energie-Fachmann Löser führt hierzu aus: "Nur diese Variante kann in Deutschland und insbesondere am Oberrhein neben Heiz- und Prozesswärme sowie Kälte auch wertvolle elektrische Energie bereitstellen als Grundlaststrom und bei Zwischenspeicherung von Wärme auch als Spitzenlast." Die Förderung von oberflächennaher Geothermie-Nutzung mittels Wärmepumpen führe in der Praxis hingegen zu einer Erhöhung des Stromverbrauchs.
Vielversprechend sind auch neue Verfahren wie das KALINA-Verfahren, welches das ORC-Verfahren ersetzt. Dabei kann die Stromausbeute gesteigert werden und zugleich sinken die Kosten. Nach einer Mitteilung des Bundes- umweltministeriums soll das KALINA-Verfahren beim Geothermie-Projekt in Unterhaching eingesetzt werden.
Frank Bayer