Karl-Theodor zu Guttenberg, Liebling der deutschen Mainstream-Medien und nebenbei Kriegsminister, sieht sich derzeit mit drei Skandalen zugleich konfrontiert. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus greift nun plötzlich an und kritisiert bei der Bundeswehr "erhebliche Mängel im Verhalten von Führungskräften".
Ein Soldat kam in Afghanistan am 17. Dezember wenige Tage vor der Truppen-Visite von Bundeskanzlerin Angela Merkel vermutlich bei Spielereien mit Schußwaffen ums Leben. Im Dezember hatte es geheißen, der Soldat sei "tot aufgefunden" worden, die Todesumstände sollten offenbar verschleiert werden. Nach dem Tod einer jungen Offiziersanwärterin am 7. November auf dem Bundeswehr- Ausbildungsschiff 'Gorch Fock' kommen immer mehr Hinweise auf Schikane und sexuelle Belästigung zutage, die lange Zeit auch vom Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus offenbar ignoriert wurden. Und zu guter letzt sickerte durch, daß Post der in Afghanistan stationierten Soldaten auffallend häufig geöffnet war.
Hinter einem Vorhang von Vertrauensbekundungen, hat nun zudem Bundeskanzlerin Merkel laut einem Bericht der 'Süddeutschen Zeitung' Guttenberg wegen der unausgegorenen Pläne zum Umbau der Bundeswehr und seines Ministeriums gerüffelt. Merkel scheint dem Kriegsminister entgegen seinen anfänglichen Hoffnungen keine Extrawurst bei den finanziellen Kürzungen seines Ressorts zugestehen zu wollen. Ihm stehen 8 Milliarden Euro weniger als gewohnt zur Verfügung. Neben den "Unpäßlichkeiten" infolge der drei Skandale steht der Adlige daher unter ungewohntem finanziellen Druck. Guttenberg ist dafür bekannt, viel Zeit für die Imagepflege und die Kontaktpflege mit Boulevard-Presse und Schmuddel-TV zu verwenden und daher das Ministerium nicht im Griff zu haben.
Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter der Bundestages und so etwas wie der Ombudsmann der SoldatInnen, legte heute den 52. Bericht des Wehrbeauftragten vor, der allerdings im Wesentlichen nur die Zeit vor den drei Skandalen berücksichtigt. Im Falle 'Gorch Fock' stärkte Königshaus dem Kriegsminister gar den Rücken und verteidigte die Absetzung des Kommandanten Norbert Schatz. "Ich glaube, das ist eine Schutzmaßnahme." Allerdings scheinen die Angriffe, Guttenberg habe sich mit der Maßnahme eine Vorverurteilung zuschulden kommen lassen, den unter zwischen "Schwarz" und "Rot" abgesprochenen Scheingefechten zuzuordnen zu sein, die zur Vernebelung dienen und von den heiklen Punkten der Skandale ablenken sollen.
Kein Satz in Könighaus' Wehrbericht zu den Gerüchten, auf dem Marine-Schulschiff 'Gorch Fock' habe die Stammbesatzung den Nachwuchs drangsaliert. Kein Wort ließ sich der Wehrbeauftragte heute hierzu von JournalistInnen entlocken: Die Untergebenen hätten die Kotzbrocken der Offiziere aufwischen müssen, die Ausbilder seien volltrunken durch die Schlafräume getaumelt und es sei bei Sexspielen mindestens ebenso derb zur Sache gegangen wie beim Segelsetzen - und all dem habe Kommandant Norbert Schatz nicht selten in der Badehose zugesehen. Auch über eine angebliche Meuterei, die immerhin von höheren Rängen gemeldet wurde, wollte Könighaus nichts konkretes wissen.
Der Wehrbeauftragte sprach allerdings von einer "systematischen Öffnung von Feldpostbriefen" aus Afghanistan und widersprach damit einer dementierenden Stellungnahme der Bundeswehr. Wahrscheinlich wird auch diese Affaire zum Fall für die Staatsanwaltschaft. Das Kriegsministerium wies diese Einschätzung umgehend zurück. Mit versteinerter Mine und ohne erkennbare Gefühlsregung reagierte Könighaus auf Aussagen eines Ministeriumssprechers, wonach die geöffnete Feldpost auch auf ein Versagen der Sortiermaschinen zurückgeführt werden könnte. Er weiß nicht, ob Sortiermaschinen ausgerechnet die Briefe bestimmter Soldaten erkennen könnten.
Siehe auch unsere Artikel:
Zweck der Killertruppe KSK
von Bundeswehr-General bestätigt:
"Es geht darum, Extremisten auszuschalten" (18.08.10)
Kundus-Massaker:
Die Lügen des Oberst Klein
Wie lange kann sich zu Guttenberg noch halten? (17.01.10)