4.09.2003

Artikel

Besetzung
in 840 Meter Tiefe

Forderung nach Aufgabe der "Endlager"-Pläne in Gorleben

Eine Gruppe von französischen und deutschen Atomkraft-GegnerInnen hatte bis heute morgen den Schacht des ehemaligen Salzbergwerks Gorleben besetzt. Das für eine Lagerung von stark wärmestrahlendem Material denkbar ungeeignete Bergwerk war einst vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht allein aus politischen Erwägungen und ohne Berücksichtigung der physikalischer Gegegenheiten als "Endlager" für ausgediente Brennstäbe und anderes hoch radioaktive Material aus Atomkraftwerken auserkoren worden. Seine Lage an der damaligen DDR-Grenze und die relativ geringe Bevölkerungsdichte waren die einzigen Gründe für den immer strahlenden CDU-Politiker Albrecht, der dann allerdings zu Ende seiner Amtszeit aus einem gewissen Minimalverständnis für Demokratie heraus Gorleben als "nicht durchsetzbar" erklärte.

Obwohl die "rot-grüne" Bundesregierung Gorleben offiziell als "ungeeingnet" bezeichnete, folgten diesen warmen Worten bisher keine Taten. Im Gegenteil wurde nach dem noch von Atom-Ministerin Merkel zwangsläufig verhängten Stop für CASTOR-Transporte, in den letzten Jahren weiter munter Atom-Müll aufs Gorlebener Gelände gekarrt. Und obwohl die Massenmedien kaum berichteten, erlebte der wendländische Widerstand statt der vorhergesagten Schwächung zumindest unter der jungen Generation einen unerwarteten Aufschwung.

Um für die vermutlich Anfang November anstehenden nächsten CASTOR-Transporte nach Gorleben mehr Öffentlichkeit zu schaffen und auf die bislang uneingelösten Versprechungen von "Rot-Grün" hinzuweisen, fand nun diese Besetzung in 840 Meter Tiefe statt. Und um deutlich zu machen, daß es beim Widerstand gegen die "Endlager"-Pläne in Gorleben nicht um Kirchturm-Politik geht, waren VertreterInnen des französischen Widerstands gegen die dortigen "Endlager"-Pläne im lothringischen Bure dabei. Auf diese Weise wurde die Aussage unterstrichen, daß es "nirgends ein sicheres Endlager" geben kann.

Auch vor den Toren des Gorlebener Bergwerks zeigten zahlreiche AtomkraftgegnerInnen ihre Solidarität mit der Besetzung. Ein Transport mit schwach-radioaktivem Müll, der zum Faßlager Gorleben unterwegs war, konnte "nebenbei" zeitweilig gestoppt werden. Und darüber hinaus konnte die Anlieferung von Polizei-Containern für den CASTOR-Einsatz im November blockiert werden, wodurch die Massen-Medien nicht umhin kamen, den Zweck der Container zu erwähnen.

Die Besetzung endete friedlich, obwohl mit der Verweigerung von Nahrung und Wasser und dem nächtlichen Abschalten der Belüftungsanlage offensichtlich versucht worden war, zu provozieren. Die BesetzerInnen forderten von "Rot-Grün" eine endgültige Verzichtserklärung zu den "Endlager"-Plänen in Gorleben, statt des bislang geltenden vorläufigen Einlagerungs-Stops. Dieser Einlagerungs-Stop hatte jedenfalls bisher keinerlei praktische Bedeutung, da immer mehr radioaktiver Müll auf dem Gelände des Gorlebener Bergwerks deponiert wird. Der wendländische Widerstand befürchtet, daß durch diese fortlaufend zunehmende Deponierung vollendete Tatsachen geschaffen werden sollen. In der Erklärung der BesetzerInnen heißt es: "Rot-Grün versprach den Atomausstieg, aber sorgte für die Bestandsgarantie des Reaktorparks. Die Atommüllberge steigen und steigen, obwohl ein Endlager für den todbringenden hochradioaktiven Müll weltweit nicht existiert." Auch 'Robin Wood' erklärte sich mit der Besetzung solidarisch: "Es ist wichtig, gerade jetzt mit besonderem Nachdruck die öffentliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß es in Gorleben niemals ein sicheres Endlager für Atommüll geben kann."

Eine weitere Forderung der BesetzerInnen richtet sich ans Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Dieses soll die Gründe, die für die Nichteignung des Salzstocks Gorleben sprechen und die in unabhängigen Gutachten längst der Öffentlichkeit zugänglich sind, endlich öffentlich anerkennen, nachdem sie intern längst als stichhaltig gewürdigt wurden.

Und die Kernforderung der BesetzerInnen lautet: Die rund 30 Milliarden Euro, die von den Strom-Konzernen für den Rückbau der Atomanlagen und die nukleare "Entsorgung" von Gesetz wegen gebildet werden mußten und die für Investitionen in die Telekommunikations-Branche mißbraucht werden konnten, sollen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden.

Selbstverständlich wird auch weiterhin der Stop aller weiteren Atommüll-Produktion und der Atommüll-Transporte von und nach La Hague gefordert. Im Hinblick auf den für den November zu erwartenden CASTOR-Transport wird zu einer Auftakt-Kundgebung für den 8. November aufgerufen.

 

Ute Daniels

 

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