Zu den Versuchen der niedersächsischen CDU, Gorleben als atomares Endlager
wieder ins Gespräch zu bringen
Manchmal kann man den Atomfetischisten der CDU tatsächlich
zustimmen:
Wenn der Vorsitzende der CDU-Bundesarbeitsgruppe Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Peter Paziorek, bei einem Besuch der
Endlager-"Erkundungs"-Baustelle in Gorleben am Mittwoch
feststellte, die "Entsorgungsfrage" werde den kommenden Generationen
aufgebürdet, hat er zweifelsfrei recht. Auch wenn neben dem
sozialwissenschaftlichen Aspekt bei einer Endlagersuche der "naturwissenschaftliche Aspekt"
nicht vernachlässigt werden darf, ist diese Einschätzung nicht falsch.
Leider sind die Atomfanatiker nicht in der Lage, auch die
entsprechenden Konsequenzen zu erkennen. Es ist ein seit Jahrzehnten
bekannter Fakt, daß Gorleben als Standort bereits 1983 nach Erkenntnissen
der damaligen 'Physikalisch-Technischen Bundesanstalt' (PTB) bei einer
"ersten Bewertung des Deckgebirges hinsichtlich seiner
Barrierefunktion für kontaminierte Grundwässer zeigt, daß die über den zentralen
Bereichen des Salzstocks vorkommenden tonigen Sedimente keine
solche Mächtigkeit und durchgehende Verbreitung haben, daß sie in der Lage
wären, Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre zurückzuhalten"1.
Bekannt ist weiter, daß Gorleben bereits seit Mitte der 70er Jahre - vor
der Standortbenennung - lediglich vierte Wahl war.
Auch Prof. Dr. Klaus Duphorn, Mitglied des 'Arbeitskreis Endlager'
(AKEnd) hatte mehrfach auf die "desolaten quartär- und
hydrogeologischen Prozesse und Strukturen, die seit einer Million Jahren
von der Erdoberfläche aus und aus dem Deckgebirge in den oberen Teil
des Salzstocks Gorleben eingegriffen haben, und somit das erdweit
akzeptierte geologische Mehrbarrierenprinzip in Frage stellen"2,
verwiesen.
Es ist almählich an der Zeit, sich vom >Hoffen auf die Eignung< weg und
hin zu den wirklichen Fakten zu bewegen. Tatsächlich sollte
die Bundesregierung endlich die in den Tresoren verschlossenen
Unterlagen veröffentlichen, die einen Standort Gorleben seit langen
als ungeeignet bestätigen. Einer Verantwortung für die kommenden
Generationen, die die derzeit Lebenden haben, kann man nur dadurch
gerecht werden, daß sofort die Produktion weiteren Atommülls in den
AKWs weltweit gestoppt wird. Auch mit vorgeblich "neuartigen"
Reaktortypen, wie dem Europäischen Druckwasserreaktor (EPR), wird
immer mehr Atommüll produziert, von dem niemand weiß, wohin damit.
Naturwissenschaftlicher Fakt ist ebenso, daß es
um unvorstellbare Zeiträume geht, für die der strahlende Abfall von
der Biosphäre abgeschlossen werden muß. Nur in "Halbwertzeiten" zu
denken
-
bei Plutonium beispielsweise 24.000 Jahre
reicht nicht aus. Bis
die Strahlung in der Zerfallsreihe vom Atom-Brennstoff Uran 235
vollständig abgebaut ist, vergehen 700 Millionen Jahre; und Uran 238,
zu etwa 97 % Bestandteil der "Brenn"stäbe, benötigt etwa genauso
lange wie die Erde bereits besteht, bis es sich zu ungefährlichem Blei 206
abgebaut hat: 4,5 Milliarden Jahre!
Gorleben ist seit der Standortbenennung eine politische Totgeburt:
Es wurde bekanntermaßen nicht aus naturwissenschaftlichen Gründen,
sondern lediglich wegen seiner Nähe zur DDR ausgewählt.
(Niedersachsens damaliger Ministerpräsident Albrecht: "Da werden die in der Zone sich
schön ärgern"). Gorleben wird auch durch weiteres "Erkunden" nicht
geeigneter und es wird weder mit sozialwissenschaftlichen, noch polizeilichen Methoden und
zehntausenden Beamten möglich sein, dieses "Endlager" über Millionen von Jahren
gegenüber Biosphäre, nachfolgenden Generationen dieser Region, und
deren Protest sicher abzuschirmen.
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Drawehner Str. 3
29439 Lüchow
Anmerkungen:
1 zitiert nach
Detlef Appel, Modellrechnungen zum Nachweis der
Standorteignung Gorleben,
in: Zur Sache – Fachtagung: Endlager Gorleben Nr. 9, April 2000,
S. 42, Hrg. BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
2 zitiert nach
Prof. Dr. Klaus Duphorn, Das Quartär als geologisches Leichentuch
des Endlagerstandorts Gorleben?, ebenda, S. 5