Günter Grass am 05. Juli 2002
"Die Sozialdemokraten in Europa und die rot-grüne Regierung in Deutschland
stehen heute vor der Aufgabe, den Kapitalismus zu retten", sagte Grass im
Gespräch mit der Financial Times Deutschland.
Grass sagte, er sehe viele Warnzeichen, beispielsweise die Bilanzfälschungen bei
Enron und Worldcom und die Betrügereien am Neuen Markt.
"All diese Dinge tragen dazu bei, dass der Kapitalismus erodiert. Und das halte
ich für eine sehr gefährliche Situation", warnte Grass.
All diese Dinge seien wie außer Kontrolle geraten und zeigten einen Prozess, der
nahezu auf Selbstzerstörung hinaus laufe. "Wir leben in einer Zeit, in der der
Kapitalismus verrückt spielt."
"Um den Kapitalismus zu retten, müssen wir ihm zivile, humane Manieren
beibringen. Wir brauchen eine stärkere Kontrolle des Börsenmarktes, der Banken,
stärkere Maßnahmen gegen Steuerflucht und stärkere und effektivere
Kartellkontrolle."
"Wir wissen nicht, was kommt, wenn das fragile und zunehmend virtuell anmutende
Börsengeschehen und der Kapitalismus insgesamt in sich zusammenbrechen."
Was danach komme, "das können wir nur fürchten", sagte Grass, der die
Bundesregierung im Wahlkampf unterstützt: "Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass
der Kapitalismus sich nicht selbst zerstört."
Aus: Financial Times Deutschland, 3.7.2002
Wer einen Diskussionsbeitrag hierzu schreiben möchte, kann ein e-mail an webmaster@netzwerk-regenbogen.de senden.
Zurück zur Plattform