In einer Zeit zunehmender Landschaftszerschneidung durch Straßen, Schienen und andere Bandinfrastrukturen sind
Grünbrücken und Querungshilfen manchmal eine notwendigen Krücke für Tiere und Natur. Allein in Deutschland gibt
es 226.810 km Straßen und 40.800 km Eisenbahnlinien - Tendenz steigend.
Grünbrücken an den richtigen Stellen können hier zumindest einen bescheidenen Beitrag gegen manche Folgen der
Zerschneidung bewirken (siehe dazu auch einen umfassenden Bericht im
Internet v. 16./17.05.2000).
Doch manche teure Grünbrücke
und Querungshilfe dient weniger der Tierwelt und der Natur, sondern mehr der "notleitenden" Bauwirtschaft und den mit ihr
verbundenen Politikern. Angesichts der Baukosten von 2,5 bis 5 Millionen Euro pro Grünbrücke verwundert es nicht, daß
inzwischen auch die Betonindustrie massiv für Grünbrücken wirbt.
Ein hübsches Beispiel dafür ist eine Grünbrücke am Nördlichen Kaiserstuhl an der L 113 in Sasbach. Dort wurde eine
neue Landesstraße von Riegel nach Sasbach gebaut, und wie bei jedem landschaftszerstörenden Bauprojekt gab es
nach den gesetzlichen Vorschriften auch Gelder für Ausgleichsmaßnahmen. Mit diesen Geldern soll der durch
Naturzerstörung angerichtete Schaden durch "Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege" zumindest
ausgeglichen werden.
Foto: Axel Mayer
An eine Grünbrücke dachte bei den Naturschützern des BUND Nördlicher Kaiserstuhl eigentlich niemand bei den
Planungen, denn die recht schmale Straße wird nachts nur schwach befahren. Eine Grünbrücke an dieser Stelle
war höchstens die "drittbeste Lösung". Doch dann "fanden" sich keine Flächen, die als Ausgleich renaturiert oder
ökologisch aufgewertet werden konnten. Und an einer teuren Grünbrücke können die Straßenbauer doppelt verdienen,
nämlich bei der Naturzerstörung Straßenbau und dann nochmals beim Bau der Grünbrücke. Auch die Landwirtschaft
freut sich doppelt. Sie braucht keine Ausgleichsflächen zur Verfügung stellen und über die so genannte Grünbrücke
führt auch noch ein landwirtschaftlicher Weg, der den ökologischen Wert der Querungshilfe zusätzlich mindert.
Eine Wildtierpassage als Querungshilfe für landwirtschaftliche Fahrzeuge, finanziert mit Ausgleichsgeldern für
Naturzerstörung? Dieses Einzelbeispiel an der L113 bei Sasbach spricht nun nicht generell gegen Querungshilfen
und Grünbrücken. Als Maßnahme zur Eingriffsminimierung, also im Rahmen der Baukosten, sind sie bei vielen
Verkehrsprojekten sicher sinnvoll und nötig. Im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen aber sollte Natur "geschaffen"
oder aufgewertet werden. Grünbrücken als Ausgleichsmaßnahmen sind kritisch zu hinterfragen. Hier gibt es oft
massive ökonomische Interessen von Baufirmen und Planungsbüros an teuren, aufwendigen Projekten, die der Natur
manchmal nur wenig nützen. Zu bedenken sind nicht nur die reinen Baukosten (2,5 bis 5 Mio. Euro), sondern auch
ständigen Wartungskosten. Auch Umweltschützer sind Steuerzahler und wir müssen stets überlegen ob der finanzielle
Aufwand in sinnvoller Relation zum Ergebnis für die Natur steht.
Ob eine Grünbrücke sinnvoll und nötig ist, muss immer vor Ort und im Einzelfall entschieden werden. Wenn an
manchen Stellen hauptsächlich Rehe und Hasen die bis zu 5 Millionen Euro teuren Grünbrücken nutzen, dann freut
das natürlich die Jäger. Was dies dem Artenschutz bringt, ist eine andere Frage.
Eine Erfolgskontrolle sollte nach dem Bau von Querungshilfen auf jeden Fall durchgeführt werden um die Effizienz von
Wildtierpassagen zu prüfen. Gerade bei Amphibientunneln haben solche Erfolgskontrollen bestehende Fehler aufgezeigt
(viele teure Tunnel wurden nicht oder schlecht angenommen) und zu einer Weiterentwicklung der Technik geführt. Doch
manchmal dient die Grünbrücke auch dazu, den umweltschädlichen Straßenbau grünzuwaschen und von den Problemen
des Verkehrs abzulenken. Greenwash in Perfektion ist dann eingetreten, wenn der Minister das Band nicht mehr auf der
neu gebauten Straße, sondern auf der Grünbrücke zerschneidet...
Vor dem Hintergrund des absehbaren, massiven Bevölkerungsrückgangs in Deutschland müssen viele neue
Verkehrsprojekte generell hinterfragt werden.
Axel Mayer
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