Zwischen den "Grünen" und den Gewerkschaften raucht's gewaltig. Was sollen sie auch mit einer weiteren Partei der Besserverdienenden...
Ein für letzte Woche angesetztes Treffen der Fachkommission Gewerkschaftspolitik bei Bündnis 90/Die Grünen fand nicht statt. Die Sitzung, auf der die Reform des
Betriebs- verfassungsgesetzes auf der Tagesordnung stehen sollte, wurde von der Einladerin, der "grünen" Bundestags- abgeordneten und sozialpolitischen Sprecherin
der Bundestagsfraktion Thea Dückert einen Tag vor dem
Termin abgesagt. Zuvor hatten mehrere Mitglieder der Fach- kommission, teils mit Hinweis auf ihren Parteiaustritt, teils mit Hinweis auf die neoliberale Ausrichtung der
"Grünen"
ihre Teilnahme aufgekündigt.
Es dürfte das erste Mal in der Geschichte von Bündnis 90/Die Grünen sein, dass ein durch Parteitagsbeschluss gegründetes Gremium nicht tagt, weil die Eingeladenen
den Termin absagen. Die Fachkommission Gewerkschaftspolitik wurde 1994 auf einem Parteitag der "Grünen" in Potsdam ins Leben gerufen, in ihr waren ehren- und hauptamtliche
Gewerk- schafterInnen zusammengeschlossen, sie sollte Bundestagsfraktion und Bundesvorstand beraten. Auf einem Parteitag 1998 in Leipzig war der Bundesvorstand der "Grünen"
beauftragt worden, bis zum darauffolgenden Parteitag einen Vorschlag zu entwickeln und umzusetzen, wie sich bündnisgrüne und der Partei nahestehende GewerkschafterInnen
als Teil der Parteistrukturen verbindlich zusammenschließen könnten. Es kam jedoch nie dazu...
Thea Dückert versuchte nun letzte Woche die Peinlichkeit zu kaschieren, indem sie öffentlich bekannt gab, sie habe die Sitzung "wegen mangelnder Resonanz" abgesagt. Wie nun
durch gezielte Indiskretionen bekannt wurde, war nicht sie es, die die Sitzung absagte, sondern die Eingeladenen: "wegen mangelnder positiver Resonanz auf Ihre Vorschläge".
Weiter: "Wenn Sie sowieso schon den Arbeitgebern Entgegen- kommen signalisieren, ohne die Fachkommission zu konsultieren - wozu sollen wir dann noch nach Berlin kommen?"
So eines der ehemaligen Mitglieder der Fachkommission.
Verbittert wird Tea Dückert vorgehalten:
"Wenn Sie wirklich ernst meinen würden, was Sie Ihren Wählerinnen und Wählern versprochen haben, würden Sie sich jetzt unter anderem einsetzen für
- ein gewerkschaftliches Verbandsklagerecht zur Einhaltung von Tarifverträgen
- eine Verbesserung der Mitbestimmungsrechte von Leiharbeitnehmern und Scheinselbständigen
- erweiterte Rechte für Betriebsräte bei der Beschäftigungssicherung
- besseres Initiativrecht für Qualifizierung
- Mitbestimmung auch bei der Einführung von Gruppenarbeit, nicht nur zur Durchführung
- Vetorecht des Betriebsrats bei befristeten Arbeitsverhältnissen
- ein erleichtertes Wahlverfahren nicht nur in Betrieben bis 50, sondern bis 100 Beschäftigte
- Teilfreistellung von Betriebsräten in Betrieben unter 200 Arbeitnehmern
- JAV-Wahlen auch in über- und außerbetrieblichen Einrichtungen
- ein Recht auf einen Konzernbetriebsrat, auch wenn die Konzernspitze im Ausland ist.
Vielleicht war >>wegen mangelnder Resonanz<< ja auch so gemeint, dass unsere Vorschläge bei Ihnen sowieso nicht auf Resonanz gestoßen wären. Das träfe es wohl eher."
In der Präambel zum noch gültigen Parteiprogramm der "Grünen" steht immer noch:
Ökologisch - basisdemokratisch - sozial - gewaltfrei
Vielleicht sollte das sprachlich mal modernisiert werden in:
- für einen vernünftigen Kompromiß zwischen Ökologie und Arbeitsplätzen
- für flache Hierarchien
- für eine Politik der gesellschaftlichen Mitte
- Gandhi und Martin Luther King sind überwunden - für weltweite Gewaltfreiheit mit Hilfe der Bundeswehr
... wo wir dann alle wissen, daß dies heißt:
- immer weniger Arbeitsplätze und noch weniger Natur
- die da oben haben das sagen
- wir nehmen die Unternehmer in unsere Mitte
- Bomben sind effektiver als Pflaster(strand)steine und Molotow-Cocktails
Harry Weber