Erwerbsloseninitiativen und Gewerkschaftsbasis
kritisieren
das Hartz-Konzept
Bisher konnte man im Parlament verfolgen, wie sich Bundesregierung und
Opposition um die richtige Umsetzung der Vorschläge der
Hartz-Kommission zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit [1] streiten.
Jetzt
machen
Erwerbsloseninitiativen [2] und Teile
der Gewerkschaftsbasis
gegen das Hartz-Konzept mobil. Erste
Anti-Hartz-Bündnisse [3] haben sich in
Berlin, dem Rhein-Main Gebiet und Bochum gegründet.
Einen Spagat vollziehen gegenwärtig die
Gewerkschaften [4].
Während ein
Teil der Gewerkschaftsspitze das Hartz-Konzept unterstützt, häufen sich
an der Basis die ablehnenden
Beschlüsse [5].
Die Kritiker wenden sich
hauptsächlich gegen die dort vorgesehene Ausweitung der Leiharbeit und
des Niedriglohnsektors: "Diese Vorschläge basieren auf der falschen
Diagnose, dass die Massenarbeitslosigkeit eine lohnkostenbedingte Krise
ist. Entsprechend dieser falschen Diagnose wird eine Therapie
vorgeschlagen, die sich in ihren Kernpunkten gegen Beschäftigte und
Arbeitslose wendet", heißt es in einem gewerkschaftlichen Kritikpapier.
Pointierter drückte es der ehemalige IG-Medien-Vorsitzende Detlef
Hensche auf einer Veranstaltung in Berlin aus. "Im Mittelalter
behaupteten die Alchemisten, sie könnten aus Lehm Gold machen, und alle
glaubten ihnen. Die modernen Alchemisten sind die Wirtschaftsexperten,
die behaupten, durch immer mehr Lohnsenkungen könne die
Arbeitslosigkeit bekämpft werden. Auch ihnen glauben viele." Hensche
warnte auch vor den im Hartz-Konzept vorgesehen Ich-AGs. So werde eine
Gesellschaft miteinander konkurrierender Aktiengesellschaften
produziert. Es liege im ureigensten Interesse der Gewerkschaften, eine
solche Entsolidarisierung zu verhindern.
Koordinierungsstelle für die Proteste wurde in den letzten Wochen das
Internetprojekt Labournet [6].
Mag Wompel, die das Projekt betreut,
sieht hier eine virtuelle Schnittstelle zwischen aktiven
Gewerkschaftlern und sozialen Bewegungen. Anders als in Italien, wo
Globalisierungskritiker und gegen Betriebsschließungen kämpfende
Fiat-Arbeiter eng zusammen arbeiten, ist in Deutschland die Kooperation
noch in den Anfängen.
Dass man die Gesetze noch verhindern könne, glaubt allerdings kaum
jemand. Doch auch nach der Verabschiedung im Parlament bietet die
konkrete Umsetzung des Konzepts nach Meinung der Kritiker genügend
Anknüpfungspunkte für Aktionen. So werden bald die ersten
Personalservice-Agenturen (PSA) eröffnet. Dort sollen getreu den
Hartz-Plänen Arbeislosengeldbezieher sechs Monate zur Arbeit
"ausgeliehen" werden. Weigerungen haben Kürzungen der Leistungen zur
Folge. Die Anti-Hartz-Aktivisten wollen die PSA in den Mittelpunkt
ihrer Proteste stellen. Das soll auch Gegenstand eines bundesweiten
Treffens der Hartz-Kritiker sein. Bei der Vorbereitung übernimmt
Labournet ebenfalls einen Teil der Vorbereitungen. Wird nur ein Teil
der Pläne des Protestbündnisses umgesetzt, bekäme der Begriff des
aktivierenden Sozialstaats eine ganz neue Bedeutung.
Links
[1] http://www.spd.de/servlet/PB/menu/1017763
[2] http://www.bag-erwerbslose.de
[3] http://www.anti-hartz.de
[4] http://www.mdb-zeitlmann.chiemgau.de/main/
die_hartz-vorschlaege.htm
[5] http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/
modelle/hartz/proteste.html
[6] http://www.labournet.de
Peter Nowak