Polizei räumte besetzte »Villa Zapata« in Karlsruhe
und machte das Gebäude unbewohnbar
Sie sollte der »sozialen Revolte ein Zuhause geben« - die
»Villa Zapata«, die am 30. Dezember von Aktivisten der »Roten
Antifa Karlsruhe« (RAK) und Einzelpersonen im leerstehenden
Südflügel der Schwarzwaldstraße 79 in Karlsruhe gegründet
wurde. Wohnraum für fünf Personen sollte in dem besetzten
Gebäude entstehen, außerdem Büros für soziale Initiativen,
Proberäume für Bands und Übernachtungs-, Wasch-, und
Kochgelegenheiten für Obdachlose und Flüchtlinge. Rund 2.000
Euro hatten die Hausbesetzer in das Projekt gesteckt und
bereits einen Anwalt beauftragt, der mit den Stadtoberen über
einen Nutzungsvertrag zur mietfreien Überlassung des
Gebäudeteils verhandeln sollte.
Doch zu Verhandlungen kam es nicht mehr. Am Freitag früh
rückte die Polizei an, beschlagnahmte Rucksäcke, Sofas,
Musikkassetten und andere persönliche Dinge und machte den
Gebäudeflügel unbewohnbar: Waschbecken, Toiletten und
Kunststoffenster wurden herausgerissen, die Fenster
zugemauert, Strom und Wasser abgeklemmt. Um 16 Uhr war
der »Rückbau« beendet. Die Villa-Bewohner leisteten keinen
Widerstand, müssen jedoch mit einer Strafanzeige wegen
Hausfriedensbruchs rechnen.
»Wir haben stets unmißverständlich zum Ausdruck gebracht,
daß wir eine rechtswidrige Besetzung nicht akzeptieren
werden«, kommentierte Karlsruhes Erster Bürgermeister
Siegfried König. Man werde nicht dulden, daß der bereits vor
zwei Jahren zugemauerte Hausteil durch jemanden genutzt
wird und »kompromißlos gegen rechtswidrige Aktivitäten«
vorgehen, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung der
Stadt Karlsruhe und des Polizeipräsidiums vom Freitag, in der
auch darauf hingewiesen wird, daß das Haus ein
ȟberregionaler Sammelpunkt verschiedener
linksextremistischer und autonomer Gruppierungen« geworden
sei.
Der Konflikt um ein autonomes Zentrum (AZ) in Karlsruhe
währt schon lange. So mußte 1997 die »Steffi«, die sieben
Jahre zuvor in der leerstehenden Stephanienstraße 62-64
gegründet wurde, in das Hauptgebäude der
Schwarzwaldstraße 79 weichen, in dem nur ein Teil des
Hausbesetzerkollektivs Platz fand. Der bis November 2000 von
der Hochschule für Gestaltung genutzte Südflügel wurde
jedoch nicht den »Ex-Steffi«-Bewohnern überlassen. Zudem
erhielt das selbstverwaltete Wohn- und Kulturprojekt im
Frühjahr 2002 eine Kündigung: Bis September 2003 müssen
Bewohner und Betreiber des Projekts das Gebäude verlassen.
Nachdem in der Silvesternacht 400 Menschen in der Karlsruher
Innenstadt für den Erhalt der »Ex-Steffi« und gegen die
Vermarktung öffentlicher Plätze und Räume demonstriert
hatten, wurde auch die Besetzung des Südflügels
bekanntgegeben. Diese Aktion ging jedoch nicht von der
»Ex-Steffi« aus, wie RAK-Sprecher Jens Berger betont, sondern
begreift sich als politische Initiative gegen die
Spekulationspolitik der Stadt. Die »Ex-Steffi« befinde sich auf
einem Areal, das die Stadtverwaltung als Filetstück profitabel
veräußern wolle. Sie sei »eher daran interessiert, die
Ressourcen der Stadt zu vermarkten oder zu zerstören als die
reellen Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen«, so
Berger. Das sei »nichts anderes als der moderne Ausdruck
einer lokalen neoliberalen Politik in einem globalisierten
kapitalistischen Herrschaftssystem«. Um aktiven sozialen
Widerstand zu organisieren, sei das Projekt »Villa Zapata«
gestartet worden. In den nächsten Tagen seien trotz der
Räumung weitere Aktionen mit »Überraschungscharakter«
geplant, kündigte Berger an.
Wichtig:
Am 18.1.2002 findet eine Demo in Karlsruhe für den Erhalt
der >>Ex-Steffi<< und >>Villa Zapata<< statt. Weitere Infos:
www.exsteffi.de
Martin Höxtermann