6.01.2003

Die Sprache
der Zerstörung

Polizei räumte besetzte »Villa Zapata« in Karlsruhe und machte das Gebäude unbewohnbar

Sie sollte der »sozialen Revolte ein Zuhause geben« - die »Villa Zapata«, die am 30. Dezember von Aktivisten der »Roten Antifa Karlsruhe« (RAK) und Einzelpersonen im leerstehenden Südflügel der Schwarzwaldstraße 79 in Karlsruhe gegründet wurde. Wohnraum für fünf Personen sollte in dem besetzten Gebäude entstehen, außerdem Büros für soziale Initiativen, Proberäume für Bands und Übernachtungs-, Wasch-, und Kochgelegenheiten für Obdachlose und Flüchtlinge. Rund 2.000 Euro hatten die Hausbesetzer in das Projekt gesteckt und bereits einen Anwalt beauftragt, der mit den Stadtoberen über einen Nutzungsvertrag zur mietfreien Überlassung des Gebäudeteils verhandeln sollte.

Doch zu Verhandlungen kam es nicht mehr. Am Freitag früh rückte die Polizei an, beschlagnahmte Rucksäcke, Sofas, Musikkassetten und andere persönliche Dinge und machte den Gebäudeflügel unbewohnbar: Waschbecken, Toiletten und Kunststoffenster wurden herausgerissen, die Fenster zugemauert, Strom und Wasser abgeklemmt. Um 16 Uhr war der »Rückbau« beendet. Die Villa-Bewohner leisteten keinen Widerstand, müssen jedoch mit einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs rechnen.

»Wir haben stets unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß wir eine rechtswidrige Besetzung nicht akzeptieren werden«, kommentierte Karlsruhes Erster Bürgermeister Siegfried König. Man werde nicht dulden, daß der bereits vor zwei Jahren zugemauerte Hausteil durch jemanden genutzt wird und »kompromißlos gegen rechtswidrige Aktivitäten« vorgehen, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung der Stadt Karlsruhe und des Polizeipräsidiums vom Freitag, in der auch darauf hingewiesen wird, daß das Haus ein »überregionaler Sammelpunkt verschiedener linksextremistischer und autonomer Gruppierungen« geworden sei.

Der Konflikt um ein autonomes Zentrum (AZ) in Karlsruhe währt schon lange. So mußte 1997 die »Steffi«, die sieben Jahre zuvor in der leerstehenden Stephanienstraße 62-64 gegründet wurde, in das Hauptgebäude der Schwarzwaldstraße 79 weichen, in dem nur ein Teil des Hausbesetzerkollektivs Platz fand. Der bis November 2000 von der Hochschule für Gestaltung genutzte Südflügel wurde jedoch nicht den »Ex-Steffi«-Bewohnern überlassen. Zudem erhielt das selbstverwaltete Wohn- und Kulturprojekt im Frühjahr 2002 eine Kündigung: Bis September 2003 müssen Bewohner und Betreiber des Projekts das Gebäude verlassen.

Nachdem in der Silvesternacht 400 Menschen in der Karlsruher Innenstadt für den Erhalt der »Ex-Steffi« und gegen die Vermarktung öffentlicher Plätze und Räume demonstriert hatten, wurde auch die Besetzung des Südflügels bekanntgegeben. Diese Aktion ging jedoch nicht von der »Ex-Steffi« aus, wie RAK-Sprecher Jens Berger betont, sondern begreift sich als politische Initiative gegen die Spekulationspolitik der Stadt. Die »Ex-Steffi« befinde sich auf einem Areal, das die Stadtverwaltung als Filetstück profitabel veräußern wolle. Sie sei »eher daran interessiert, die Ressourcen der Stadt zu vermarkten oder zu zerstören als die reellen Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen«, so Berger. Das sei »nichts anderes als der moderne Ausdruck einer lokalen neoliberalen Politik in einem globalisierten kapitalistischen Herrschaftssystem«. Um aktiven sozialen Widerstand zu organisieren, sei das Projekt »Villa Zapata« gestartet worden. In den nächsten Tagen seien trotz der Räumung weitere Aktionen mit »Überraschungscharakter« geplant, kündigte Berger an.

Wichtig:
Am 18.1.2002 findet eine Demo in Karlsruhe für den Erhalt der >>Ex-Steffi<< und >>Villa Zapata<< statt. Weitere Infos:
www.exsteffi.de

 

Martin Höxtermann

 

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