Polizeiliche Videoüberwachung im "Ländle" mit mäßigen Erfolg
Die Bilanz der Videoüberwachung, die die baden-württembergische Polizei seit
geraumer Zeit in Heilbronn, Mannheim und Stuttgart (jeweils stationär) sowie
in Böblingen (mobil) betreibt, fällt ziemlich mau aus. "Das vorrangige Ziel,
Straftaten zu verhindern, ist erreicht worden", behauptete zwar ziemlich kühn
Landeskriminaldirektor Dieter Schneider kurz vor Weihnachten in einem
Pressegespräch. Doch an den Standorten selbst kann man den Lobeshymnen des
Innenministeriums nicht so ohne weiteres beipflichten.
In Heilbronn etwa, wo
seit Juni vergangenen Jahres drei Plätze videoüberwacht werden, ist es nach
Angaben des Polizei noch viel zu früh für eine Bilanz. "Es sind verschiedene
Straftaten erkannt und Täter festgenommen worden", sagte Polizeisprecher
Torsten Wiedemann. "Aber ob wir ohne Videoüberwachung mehr oder weniger
Erfolg gehabt hätten, lässt sich noch nicht sagen".
In Mannheim, wo im Juli 2001 als erste Stadt im Südwesten mit der Überwachung
begonnen wurde, hat sich die Zahl der Verbrechen in den kontrollierten Zonen
nach 18 Monaten lediglich "stabilisiert", kleiner geworden ist sie nicht.
Dies geht aus einem Zwischenbericht der Polizei an das baden-württembergische
Innenministerium hervor. Bis September vergangenen Jahres seien 93 Straftaten
und 46 so genannte "polizeirechtliche Ereignisse" gefilmt worden.
"Alkoholisierten Cliquen" hätten dank der sieben Polizeikameras ihre
Treffpunkte an andere Orte verlagert.
Eine ähnliche Verdrängung unerwünschter Aktivitäten in weniger bewachte
Gefilde konnte auch die Stuttgarter Polizei beobachten, die seit einem Jahr
den "Kriminalitätsschwerpunkt" Rotebühlplatz mit Kameras observiert. So
würden dort keine Junkies mehr gesichtet. Stattdessen hätten Handel und
Konsum illegaler Drogen am nahe gelegenen Charlottenplatz und in der oberen
Königstraße zugenommen.
Im Februar wird der Stuttgarter Gemeinderat über die Zukunft der
Videoüberwachung entscheiden. Sie beläuft sich allein in der Landeshauptstadt
auf jährlich 420.000 Euro, von denen das Land die Hälfte übernimmt.
Im Gegensatz zum CDU-geführten Innenministerium fordert die neue
Landes-Justizministerin Corinna Werwigk-Hertneck (FDP) inzwischen aus
Datenschutzgründen ein Ende der Observation. "Man investiert in solche
Projekte mehrere 100.000 Euro, objektiv verändert sich aber nicht viel",
resümierte die Ministerin die Big-Brother-Anstrengungen der Polizei.
Martin Höxtermann