Aufruf zum Kampf gegen ICANN
Bereits vor einiger Zeit habe ich die i.f. in roter Schrift wiedergegebene Nachricht erhalten.
Wie auch andere Quellen bestätigen, sollen nur 5 von 19 Plätze des
ICANN-Direktoriums "gewählt" werden. Es kann also allein von dieser
Verteilung her nicht von einer demokratischen Wahl die Rede sein !
Dann sollen alle 5 aus verschiedenen Regionen - darunter sind wohl
Erdteile zu verstehen - kommen. Es ist von vorneherein klar,
daß keinE einfache Internet-UserIn solch ein Amt übernehmen kann,
um dann regelmäßig zu zentralen Sitzungen - sicher in den USA -
zu jetten.
Noch ein wichtiger Punkt: Bei allen bisherigen repräsentativen
Wahlen, konnten diese durch Beteiligung unabhängiger Bürger bei der
Organisation und der Auszählung der Stimmen kontrolliert werden.
Ich sehe bei dieser "Wahl" per Elektronik keine Möglichkeit
für eine unabhängige Kontrolle - wobei dieser Punkt angesichts
der Anzahl der 5 von 19 Plätzen nebensächlich erscheint.
Meine Einschätzung:
Wie die Inszenierungen von Medien-Hysterie anläßlich des DDOS-Angriffs
und der I LOVE YOU - Virus - Attacke zeigen, hat die US-Regierung ein
lebhaftes Interesse daran, die freie Kommunikation im internet zu
unterdrücken und das internet unter Kontrolle zu bekommen. Hierzu
allein dient dieses pseudo-demokratische ICANN-Direktorium.
Die Freiheit im internet ist in Gefahr. Wenn sich erst einmal eine undemokratische
Regierung, die sich durch Pseudowahlen als "demokratisch" legitimiert und von
den übrigen Massen-Medien (Bertelsmann !) anerkannt ist, etabliert hat, ist es vielleicht
schon zu spät, noch für Freiheit und Demokratie zu kämpfen...
Hier der mir als e-mail zugesandte Text:
(...)
> Betreff: WICHTIG-Internet-Wahlen
> Datum: Freitag, 2. Juni 2000 19:00
>
> ACHTUNG: Dieses sind wichtige Mitteilungen IHRES Internet-Providers.
> Wegen der besonderen Bedeutung, die die ICANN-Wahlen für jede/n
> Internet-BenutzerIn haben, währen wir dankbar, wenn Sie diese
> Nachricht (oder zumindest den 1. Teil) an _jede_ Person mit einer
> eigenen E-Mail-Adresse in Ihrer Organisation weiterleiten könnten.
>
> ----------------------------------------------------------------------
> ComLink-News Juni 2000 erscheint unregelmäßig
> ----------------------------------------------------------------------
> (Sorry, there is no Englisch version available)
> (if you need some translation, please ask)
>
> Liebe TeilnehmerInnen,
>
> wieder sind einige Monate seit den letzten ComLink-News ins Land
> gegangen. Bei uns in Hannover hat die EXPO 2000 begonnen und wir
> dürfen uns jetzt Weltstadt nennen. Unsere Welt ist aber bekanntlich
> ein globales Dorf. Also bleibt wohl doch alles beim alten :-)))
>
> Aus aktuellem Anlaß stehen diese ComLink-News unter dem
> Schwerpunktthema "Internet-Wahlen". Die restlichen Nachrichten haben
> wir kurz gehalten.
>
> Die Themen:
>
> 1. Die Zukunft des Internet - mitwählen!
> 2. APC-Treffen in Ungarn
> 3. ComLink-Nutzerdatenbank
> 4. Freiwillige MitarbeiterInnen gesucht
> 5. Kapazitäten für Erstellung von Webseiten vorhanden
> 6. Endlich: CrossPoint mit MIME-Unterstützung
>
> * * *
>
> 1. Die Zukunft des Internet -- Welt Weite Wahlen -- Stimmen Sie mit!
> --------------------------------------------------------------------
> Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt bahnt sich im Internet ein
> einschneidender Prozess an: Das Internet, welches bisher als
> 'unregierbar', 'frei' und 'basisdemokratisch' galt, soll unter die
> Aufsicht und Kontrolle einer zentralen Organisation gestellt werden.
>
> ICANN -- die Internet Corporation of Assigned Names and Numbers --
> soll nach dem Willen der US-Regierung zukünftig die Geschicke des
> weltweiten Netzes bestimmen und lenken. ICANN ist auf dem besten Wege,
> eine Art "Welthandelsorganisation" (WTO) des Internet zu werden.
> NGO-AktivistInnen werden ahnen bzw. befürchten können, was das für das
> Internet bedeutet!
>
> Die Kompetenzen von ICANN sind enorm:
>
> - ICANN legt Regeln fest und erläßt Bestimmungen (Legislative,
> Gesetzgebung) z.B. welche Top-Level-Domains (.com, .net, .org usw)
> es gibt.
>
> - ICANN richtet über die Einhaltung dieser Regeln (Jurisdiktion,
> Gerichtsbarkeit) indem es z.B. in Streitigkeiten um Domain-Namen
> entscheidet, und
>
> - ICANN führt diese Bestimmungen aus (Exekutive, Regierung) indem es die
> Kontrolle über den 'Root-Server', den zentralen Namens-Server des
> Internet hat, und so z.B. Sanktionen (Abschaltung von Domains)
> durchführen kann.
>
> Dabei ist die Legitimation von ICANN höchst zweifelhaft, denn: Wem
> gehört das Internet? Immerhin hat ICANN unter dem Druck der wachsenden
> Kritik die Möglichkeit für alle Internet-BenutzerInnen eingerichtet,
> an Wahlen teilzunehmen. > >
> Dieses ist tatsächlich das erste Mal in der Geschichte, daß es eine
> Wahl geben wird, an der alle Menschen der Erde (sofern Sie eine
> E-Mail-Adresse besitzen) gleichberechtigt teilnehmen können.
>
> Die Wahlen entscheiden über die Besetzung von 5 Sitzen im
> 19-köpfigen Direktorium von ICANN. Neun Direktoren sind bereits
> benannt, sie stammen vorwiegend aus Wirtschaft und Wissenschaft. Fünf
> werden -- nach Regionen getrennt -- jetzt gewählt und den 19. Sitz hat
> die Vorsitzende von ICANN, Esther Dyson, inne. 4 Sitze bleibe noch
> leer.
>
> Unser internationler Dachverband APC hat eine Initiative gestartet, um
> die kritische Diskussion über ICANN zu stimulieren. Wirtschaftliche
> Interessen ('E-Commerce') haben ein großes Übergewicht im
> ICANN-Direktorium. Um zu erreichen, daß die Interessen der
> 'Zivilgesellschaft' in ICANN angemessen berücksichtigt werden, will
> die APC Kandidaten unterstüzten, die diese gesellschaftlichen Gruppen
> vertreten.
>
> Wir rufen daher alle unsere NutzerInnen auf: Lassen Sie sich bei ICANN
> als WählerIn registrieren! Die Registrierung ist einfach und kostenlos
> unter der Adresse http://members.icann.org/ möglich. Sie müssen Ihren
> Namen, Ihre E-Mail und Ihre 'normale' Postadresse angeben. ICANN wird
> Ihnen per E-Mail ein Passwort und mit normaler Briefpost später eine
> PIN-Nummer zuschicken. Nur mit der richtigen Kombination aus Passwort
> und PIN-Nummer ist die Stimmabgabe möglich.
>ICANN (2)< - Antworten auf einige in der Zwischenzeit gestellte Fragen
1. Das ICANN-Direktorium besteht bereits seit 2 Jahren - allerdings bisher mit rein
technischen und nicht mit administrativen Kompetenzen. Vordergründig
erscheint das ICANN-Direktorium selbst als Initiator der Wahlen, um
- wie es heißt - das eigene Handeln "demokratischer" zu gestalten.
Die Vorsitzende, Esther Dyson, eine Unternehmerin, gab selbst in einem
Interview mit politik-digital am 30.03.2000 zwischen den Zeilen zu Protokoll,
von der US-Regierung ausgewählt worden zu sein:
- Wie sind Sie Vorsitzende von ICANN, der Internet Corporation for Assigned
Names und Numbers geworden?
Esther Dyson: "Ganz einfach. Die Gründungsmitglieder wurden in einen Raum
gesperrt, und ich war die einzige, die sich als Freiwillige gemeldet hat. John
Postel, der zuvor die Internet Assigned Numbers Authority personifizierte und
das gesamte Adressen-System für das Internet entwickelt und organisiert hatte,
suchte in den USA, Europa und in der ganzen Welt nach Personen für eine neue
Organisation, die das Management des Internets übernehmen sollte. Sein Anwalt
hat mir eine E-Mail geschickt, in der stand, daß ich Mitglied des
Direktoriums werden sollte. Ira Magaziner, der Internetbeauftragte der
Clinton-Regierung, hatte mir zwar schon vorher von ICANN erzählt, die Initiative
jedoch ging auf John Postel zurück. Ich weiß nicht, wie es in Europa war,
aber in den USA hat die Regierung alles getan, um sich aus diesem Prozeß
herauszuhalten. Natürlich war sie immer sichtbar, aber nur in Form von
Vorschlägen - zum Guten, oder zum Schlechten. Einige glauben ja, daß die
Regierung eine größere Rolle hätte spielen sollen. Ich weiß, daß genau das die
Europäer nervös macht."
- Haben sie dazu nicht allen Grund? ICANN wird die Internetadressen verteilen und
allein schon dadurch den Zugang zum Netz weltweit kontrollieren. Wollen Sie das
Netz regieren?
Esther Dyson: " Das hängt davon ab, was man unter Regieren versteht. Sicherlich
stand für uns am Anfang im Vordergrund, welche Rolle technische Standards
spielen. Oder Fragen wie: Sollen kommerzielle Aktivitäten
überhaupt erlaubt werden? In wieweit sind Meinungsfreiheit und Datenschutz
betroffen? Unsere unmittelbare und wichtigste Aufgabe ist es heute, bei der
Namensvergabe im Netz Wettbewerb zu schaffen. In den Bereichen von
.com, .net, .org hat es bisher keinen freien Wettbewerb gegeben. Schwierig wird
vor allem sein, ein effektives System zu schaffen, das Konflikte bei der
Namensvergabe löst. Auf längere Sicht müssen wir uns auch mit der
Frage befassen, ob es neue top-level-domains geben wird, zum Beispiel .firm oder
.shop."
Ich denke, dies macht deutlich genug, daß somit in Zukunft kommerzielle
Interessen das internet bestimmen sollen. Das internet als Medium der
freien Meinungsäußerung wird dann der Vergangenheit angehören...
Sowohl das Interview in politik-digital v. 23.06, als auch ein Artikel im
Spiegel v. 26.05. enthalten interessante Informationen, obwohl sie in
ihrer gesamten Tendenz dieser Sache positiv gegenüberstehen. Der
Spiegel betreibt gar eine Kampagne, sich als WählerIn eintragen zu
lassen...
2. Zur Einschätzung, ICANN stehe "NICHT direkt unter US-Direktive" :
In einem Artikel in der taz v. 12.07., der insgesamt leider auch eher
positiv über die ICANN-"Wahlen" berichtet, ist zu lesen:
> Regierungen, mit Ausnahme der US-amerikanischen, haben die Kampagne, die seit
> letztem Herbst mit bislang bescheidenem Erfolg im Gange ist, eher skeptisch
> beobachtet.
> Sie können nicht völlig übersehen, dass ICANN von Präsident Clinton und seinem
> Berater Ira Magaziner vor allem gegründet wurde, um Schlüsselfunktionen des
> Datenverkehrs weiterhin der Oberaufsicht der USA zu unterstellen.
>
> Nun wolle ICANN zwar keine Regierung sein, so versichert seine amtierende
> Direktorin Esther Dyson. Im Wortsinne hat sie Recht, dennoch ist das nach
> kalifornischem Recht als "Non-Profit-Organisation" verfasste Gremium
> ausgewählter Experten heute die wichtigste zentrale Kontrollinstanz des
> Internets. Ein "Board" von Direktoren, dem drei Beraterstäbe zur Seite stehen,
> soll von diesem Herbst an offiziell das System der weltweiten
> Internetadressen verwalten und koordinieren.
>
> ICANN sitzt damit an der Wurzel des Supermediums. Um seine Funktion zu
> erfüllen, wird ICANN unter anderem den zentralen Rechner überwachen, der als
> Referenz für die jeweils gültigen Adressen dient. Kritiker wie etwa der
> US-amerikanische Rechtswissenschaftler David Post haben von Anfang an davor
> gewarnt, dass damit eine über die technische Verwaltung weit hinausreichende
> Macht etabliert wird, die zum Missbrauch geradezu einlädt. Das
> Argument ist bestechend: Wer die letzte Kontrolle über die Vergabe der
> Netzadressen hat, kontrolliert auch, wer Zugang zu diesem Medium hat und was
> seine Benutzter damit tun und lassen.
>
> Vor allem die Regierungen der EU hätten die Verwaltung der Internetadressen
> weit lieber einer transnationalen Behörde, etwa unter dem Dach der UNO,
> überlassen. Mit der Gründung von ICANN aber stellten die USA klar,
> dass sie einer solchen Lösung niemals zustimmen werden.
Ich meine: Die US-Regierung hält sich im Hintergrund und versucht mit
dieser pseudo-demokratischen Inszenierung die mit Basisdemokratie genauso
viel zu tun hat wie die US-amerikanische Präsidentenwahl, zu verschleiern,
daß zum erstenmal ein internet-Gremium Kompetenzen über rein technische
hinaus sich anzumaßen versucht.
3. Nochmals zu den vermeintlich geringfügigen Kompetenzen von ICANN
Bisher scheint einigen noch nicht klar geworden zu sein, was
dieses ICANN undemokratisches anstellen könnte. Wenn ICANN Kompetenzen
erhält, bei internationalen Namensstreitigkeiten zu entscheiden, wird
eine Entscheidung wie bei 'etoys' letztes Jahr nicht wieder zu Gunsten, sondern zuungunsten der Kleineren
ausfallen - da hilft dann auch keine Präsenz in der Öffentlichkeit mehr,
da sich ICANN als demokratisch legitimiert ausweisen wird...
Da sich manche schon nicht mehr an die Sache erinnern werden:
Ein GB-online-Spielzeuganbieter (der nachweislich erst als zweiter
einen URL mit der Buchstabenfolge 'etoys' hatte eintragen lassen) wollte
einer KüstlerInnen-Gruppe ihren Namen, in dem ebenfalls 'etoys' vorkam, sperren
lassen. Fadenscheinige Begründung war, daß e-KundInnen, die versehentlich auf
die Seite der KünstlerInnen-Gruppe geraten waren, einen schlechten Eindruck
bekommen könnten und somit ein Imageschaden entstünde. Nur durch massive
Öffentlichkeitsarbeit konnte eine negative präjudizierende Entscheidung
abgebogen werden.
Wenn ICANN diese Entscheidungs-Kompetenz
an sich zieht, können wir uns ausrechnen, wie solche Sachen in Zukunft
entschieden werden !
Was nutzt es uns, wenn wir in ein oder zwei Jahren zwar noch (einigermaßen -
Geld !) freien Zugang zum internet haben, uns aber bei 'Auffälligkeit'
jederzeit der Name weggenommen werden kann (unter beliebigem Vorwand),
und wir damit praktisch mundtot gemacht werden können.
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