Während von den westlichen Geheimdiensten die Verbreitung von Nachrichten kaum eingeschränkt wird und allein
Berge von Datenmüll und eine ökonomisch abhängige Medienlandschaft für die Verbreitung der "richtigen"
Informationen sorgen, haben es die Regierungen mit staatlich gelenkten Medien wesentlich schwerer, ihre
Untertanen zu kontrollieren und zu manipulieren.
In einem neuen Bericht der Organisation 'Reporter ohne Grenzen' werden die Einschränkungen der Informationsfreiheit
im Internet durch rund 60 Staaten an den Pranger gestellt. 38 Dissidenten befinden sich in China und 11 weitere in
Vietnam, Malaysia und Tunesien wegen angeblichen Verfehlungen im Umgang mit politischen Informationen aus dem
Internet in Haft. Für die Menschen in diesen offen repressiven Ländern, die noch nicht durch eine Überfülle an Information
und Infotainment abgestumpft sind, verbindet sich mit dem Internet noch der Traum von einer freien Kommunikation.
Da das Internet jedoch auch zugleich durch die hohe Geschwindigkeit der Datenübertragung für die offen autoritären
Regime attraktiv ist, müssen sie versuchen, dieses aus ihrer Sicht zugleich gefährliche Medium zu kontrollieren.
China, Vietnam, Malaysia und Tunesien propagierten die Förderung des Internets als Maßnahme ökonomischer
Entwicklung und förderten dessen Verbreitung. Gleichzeitig versuchen sie, die Bewegungs-Freiheit im Netz
einzuschränken. Ein falscher Klick kann NutzerInnen für Jahre hinter Gitter bringen.
In ihrem umfangreichen Bericht "Internet under Surveillance" dokumentiert 'Reporter ohne Grenzen' die zum Teil
massiven Versuche in 60 Ländern, die Informationsfreiheit im Netz einzuschränken: Unliebsame Seiten werden
herausgefiltert und blockiert, Internetcafés streng kontrolliert, Providern Lizenzen entzogen, User und JournalistInnen
überwacht, eingeschüchtert, schlimmstenfalls sogar hinter Gitter gebracht.
Einer der Inhaftierten ist der tunesische Online-Dissident Zouhair Yahyaoui. Er erhielt den erstmals vergebenen
"Preis für Freiheit im Internet" von 'Reporter ohne Grenzen' und 'GlobeNet'. Der Preis zeichnet Persönlichkeiten aus,
die sich in besonderer Weise für das Recht auf freie Information im Netz eingesetzt haben. In Ländern, in denen
Zeitungen, Radio- und Fernsehstationen unter staatlicher Kontrolle stehen, ist das Internet oft das einzige Medium,
um sich unabhängig zu informieren - allerdings zugleich auch das Schaufenster, um sich von der Freiheit vermeintlich
grenzenlosen Konsums blenden zu lassen.
Die schärfsten Einschränkungen, so 'Reporter ohne Grenzen', seien in Ländern registriert worden, die
bekanntermaßen die Pressefreiheit wenig achten. Doch sie stehen nicht allein im Fokus der Kritik. Viele
westliche Demokratien hätten mittlerweile rechtliche wie praktische Voraussetzungen zur Überwachung der
gesamten Telekommunikation, einschließlich der systematischen Sammlung von Userdaten, geschaffen, mit
deren Hilfe Polizei und Geheimdienste Kontakte und Netzwerke aufspüren könnten. Auch für JournalistInnen
gelten keine Ausnahmeregelungen, was den Quellenschutz praktisch aushöhlt.
Harry Weber