...zugunsten kirchlicher Sonderrechte
Bereits vor der Ablösung der Kohl-Regierung 1998 hatte "Rot-Grün" versprochen, die Diskriminierung von ArbeitnehmerInnen bei kirchlichen Einrichtungen abzuschaffen. Wie so viele Versprechen wurde auch dieses nicht eingehalten.
Nach wie vor haben ArbeitnehmerInnen bei kirchlichen Einrichtungen nur einen eingeschränkten Rechtsschutz im Falle einer Kündigung. Sobald sie in einer eingetragenen Partnerschaft ("Homo-Ehe") leben, als KatholikInnen nach einer Scheidung wieder heiraten, eineN geschiedeneN PartnerIn heiraten oder aus der Kirche austreten, gelten für sie nicht mehr die üblichen ArbeitnehmerInnen-Rechte. Darüber hinaus ist das gesamte kirchliche Sonder-Arbeitsrecht ebenso wie Paragraph 118 II des Betriebsverfassungs-Gesetzes ein im europäischen Vergleich einzigartiges Privileg der beiden Großkirchen in Deutschland.1
Seit 2000 gelten allerdings zwei EU-Richtlinien (2000/43/EG und 2000/78/EG), die eine Diskriminierung verschiedener Bevölkerungsgruppen verbieten und auf die in Deutschland geltenden Sonderrechte kirchlicher Einrichtungen anzuwenden wären. Den EU-Mitgliedsstaaten wurde bis 2003 Zeit eingeräumt, diese Richtlinien in nationales Recht umzusetzen. Doch offenbar bricht EU-Recht nur dann deutsches Recht, wenn es Mächtigen genehm ist, oder wenn es gilt, Mehrheiten trickreich und zugleich unauffällig auszuhebeln (Beispiel Gentechnik).
Obwohl in der ersten Legislaturperiode von "Rot-Grün" noch eine Mehrheit im Bundesrat vorhanden war, blieb ein erster gesetzlicher Anlauf "erfolglos". Im Koalitionsvertrag von 2002 wurde das Wahlversprechen erneut publikumswirksam "fest"-geschrieben. Und am 4. April 2003 - also vor 14 Monaten - verkündete Volker Beck, der innenpolitische Sprecher der "grünen" Bundestagsfraktion: "Innerhalb der Koalition machen wir uns sehr deutlich für die zügige Umsetzung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes stark. Die Arbeiten sind also in vollem Gange." Weitere Versprechungen dieser Art gab es immer wieder. Allein: Den Worten folgen keine Taten.
Nach wie vor sind 1,3 Millionen ArbeitnehmerInnen faktisch vom allgemein geltenden Arbeitsrecht ausgeschlossen, ob in Caritas oder Diakonie, in Altenheimen, Kindergärten oder Krankenhäusern, deren Betrieb zudem weit überwiegend oder vollständig aus allgemeinen Steuer-Mitteln bestritten wird.
Adriana Ascoli
Anmerkung:
1 Siehe hierzu auch unseren Artikel
'Der arme Vater Staat hat außer fürs Militär
auch Milliarden für die Kirchen' v. 29.02.04