Freiburger 'StrassenSchule' vor dem Aus
Was bewegt Kinder und Jugendliche Elternhaus und Schule zu
verlassen? Wo liegen die Gründe für eine Straßenkarriere? Seit sechs Jahren
geht Uwe von Dücker mit seinem Projekt StrassenSchule e.V. der Frage nach.
Die gewonnenen Erkenntnisse wollen die Mitarbeiter der Strassenschule über
eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit an die Gesellschaft weitergeben. Sie
wollen nicht für eine neue Art von Schule auf der Straße werben, sondern sie
verstehen sich selbst als Schüler, als Hineinhörende in die Beweggründe
eines Lebens auf der Straße.
Das Zerbrechen von Familien bedingt durch Armut
folgt einer globalen Entwicklung, die auch nicht Halt vor Freiburg macht und
sich in Karlsruhe, Heilbronn fortsetzt. Immer mehr Kids sitzen als Punk in
der City, auf dem Augustiner Platz oder vor dem KG 2, und nachts suchen sie
Zuflucht unter der Dreisambrücke oder bei Bekannten, wo es mit den Hunden
nicht stört. Die Zahl der Straßenkinder wird bundesweit auf 60.000 bis
70.000, in Freiburg auf 300 bis 400 geschätzt.
Um die Ursachen der Flucht
aus dem Familienverbund besser verstehen zu können und Entwicklungen
aufzudecken bietet Dücker gemeinsam mit neun Mitarbeitern das Projekt 'Wohnen'
für die meist psychisch verletzten Kinder und Jugendliche an. In Selbstregie
haben die Punks ein ehemaliges Gasthaus wohnlich gemacht und dieses dient ihnen im
Winter als Bleibe. Um der Langeweile der Straße zu entfliehen wird ein
Theaterprojekt angeboten. In dem Projekt 'WerkstattSchule', einem sozial-,
arbeits- und heilpädagogischen Angebot für 9 bis 13jährige, das seit fünf
Jahren gemeinsam mit der Mooswaldschule läuft, bauen die Kids derzeit auf
dem Mundenhof einen Ziegenstall. Seit knapp anderthalb Jahren gibt es eine
Anlaufstelle, die 'Haltestelle'. Hier wird auf die Nöte der Punks
eingegangen. Bei einer Tasse Kaffee erhält der Hilfesuchende von der
Diplomsozialpädagogin Ingrid Glaser Beratung und vom Gemeinderat und
Rechtsanwalt Michael Moos gibt es Rechtsberatung.
Die Stadt Freiburg wollte das Projekt 'StrassenSchule'
ursprünglich mit einem Betrag von mehr als 100.000 Euro beziehungsweise
mit zwei Streetworkern unterstützen. Dies zerschlug sich. Dann sollten es
25.000 Euro sein. Im Doppelhaushalt 2003/2004 wurden schließlich 10.000 Euro
eingestellt, die aber nun angesicht der finanziellen Lage der Stadt gesperrt
wurden, und es ist fraglich ob die 'StrassenSchule' ohne diese Zuwendungen
ihre Arbeit fortführen kann. Noch bis Oktober 2003 reicht dem Verein das
finanzielle Polster.
Bernd Kirchhoff