9.01.2003

Umweltpolitische
Geisterfahrer

"Rot-Grün" mit voller Fahrt in Richtung Klimakatastrophe

Politik kann nicht danach beurteilt werden, was von Politikern propagiert wird oder was in Partei-Programmen geschrieben steht. Konkrete Politik muß an Fakten gemessen werden statt an Worten. In Hinblick auf die Umwelt muß Politik danach beurteilt werden, ob es weiter in die lebenszerstörende Richtung geht oder ob eine Trendwende, wenn auch vielleicht langsam, in die richtige Richtung zu verzeichnen ist.

"Rot-Grün" hat sich in den letzten vier Jahren den Nimbus erhalten können, in der Umweltpolitik wenn schon nicht konsequent umgesteuert, so doch zumindest zu einer Kehrtwende angesetzt zu haben. Betrachten wir einmal den Bereich der Klimapolitik:

Bereits 1990 verkündete die damalige Bundesregierung unter Helmut Kohl das Ziel, die CO2-Emission Deutschlands bis zum Jahr 2005 um 25 Prozent zu senken 1. Angesichts der sich bereits damals klar abzeichnenden Klimakatastrophe eine aberwitzig bescheidene Selbstverpflichtung. Bei der ersten großen Weltklimakonferenz 1992 in Rio konnte die deutsche Bundesregierung dennoch mit dieser Selbstverpflichtung Aufsehen erregen nach dem Motto: "Unter den Blinden ist der Einäugige König."

Im Dezember 2001 bekräftigte die "rot-grüne" Bundesregierung die 25-Prozent-Selbstverpflichtung 2. Merkwürdigerweise sind aber weder vom Bundesumweltministerium, noch vom Bundesumweltamt, noch vom Bundesamt für Statistik aktuelle Zahlen über die CO2-Emission Deutschlands über 1999 hinaus zu erhalten. Der Grund ist recht einfach - von 1999 auf 2000 und von 2000 auf 2001 ist die CO2-Emission wieder gestiegen:

Quelle: DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)

Das CO2-Minderungsziel, 75 Prozent gegenüber 1990 bis zum Jahr 2005 zu erreichen, ist in rot markiert. Die CO2-Emission betrug 1987 bis 1990 rund 1.100 Mio. Tonnen CO2 jährlich. Davon stammten rund 800 Mio. Tonnen aus den alten Bundesländern.

Die nach 1990 zu beobachtende Minderung der CO2-Emission ist fast ausschließlich der sinkenden Emission in den neuen Bundesländern in Folge der Zusammenbruchs der DDR-Altindustrien und der dortigen Umstellung von Kohle auf Gas, den "wallfall profits", geschuldet. Zugleich verharrt die CO2-Emission der alten Bundesländer fast konstant auf dem Level von 800 Mio. Tonnen.

Die Differenzierung der Daten in alte / neue Bundesländer war lediglich bis einschl. 1998 verfügbar - zufällig sind die CO2-Emission der darauffolgenden Jahre (gelbe Säulen in der Grafik) gerade die, für die "Rot-Grün" verantwortlich zeichnet.

Doch dieses eh schon düstere Bild stellt sich bei näherer Untersuchung auch noch als geschönt heraus: Denn in die Statistiken gehen nur die CO2-Emissionen ein, die in der BRD anfallen. Die BRD verursacht daneben jedoch auch indirekte oder "graue" CO2-Emissionen, die in anderen Ländern bei der (z.T. ausgelagerten) Produktion von Gütern entstehen, die in die BRD importiert und hier verbraucht werden. Diese müßten zu den direkten Emissionen addiert werden, da sie genauso wie die direkten Emissionen durch den hiesigen Konsum verursacht werden. Für die Atmosphäre und das Klima spielt es keine Rolle, in welchem Land CO2-Emissionen in die Erdatmosphäre freigesetzt werden.

Gerade auf dem Gebiet der grauen CO2-Emissionen hat sich Anfang der 90er Jahre eine Trendwende vollzogen - allerdings nicht die Trendwende zum Schutz vor der Klimakatastrophe. Das Volumen der importierten Güter ist im Zeitraum von 1987 - 1992 um rund 55 Prozent angewachsen. Demgegenüber nahm der Export derselben Güter im gleichen Zeitraum nur um 25 Prozent zu. Dadurch steigen die indirekten CO2-Emissionen durch den Import von Gütern deutlich an. Bei der Berechnung der indirekten CO2-Emissionen müßte z.B. bei Stahl die CO2-Emissionen durch den Energieverbrauch bei der Schürfung der Erze, beim Transport und bei der Stahlherstellung in Schmelzöfen berücksichtigt werden. Bei Kraftstoffen und Heizöl beinhalten die indirekten CO2-Emissionen die Emissionen bei der Gewinnung und dem Transport des Erdöls und bei der Produktion der Kraftstoffe in Raffinerien.

Voraussetzung für einen realen Kurswechsel weg von der immer mehr beschleunigten Umweltzerstörung wäre, daß die Fakten wie hier dargestellt einem breiten Publikum bekannt würden. Statt dessen wird ihm mit "Ökosteuer" und anderen Märchen von Politik und Medien Sand in die Augen gestreut.

 

Klaus Schramm

 

Anmerkungen:
1 Beschluß der Bundesregierung v. 7. Nov. 1990
2 "Perspektiven für Deutschland", Bundeskanzleramt, Dez. 2001, S. 133

 

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