Die frühere Ökohauptstadt Deutschlands (1992) fiel unter der Ägide des pseudo-grünen Oberbürgermeisters Dieter Salomon wegen Untätigkeit mehr und mehr zurück. Längst haben andere Kommunen in Deutschland bewiesen, daß auch heute schon eine 100-prozentige Versorgung aus erneuerbaren Energien möglich ist, da erreicht Freiburg bei der Photovoltaik gerade einmal Bundesdurchschnitt, bei den erneuerbaren Energien insgesamt erreicht die Stadt nur 25 Prozent - und dennoch verleiht ihr die 'Deutschen Umwelthilfe' (DUH) den Titel "Bundeshauptstadt im Klimaschutz 2010".
Nur noch den fünften Platz erreichte Freiburg 2009/2010 beim Wettbewerb um den 1. Platz in der Solarbundesliga hinter Städten wie Ingolstadt und Ulm in der Kategorie der Kommunen über 100.000 EinwohnerInnen. Es ist schon etliche Jahre her, daß die Breisgau-Metropole auf den 1. Platz gelangte. Doch nun heißt es von der DUH zur Begründung der Preisverleihung "Bundeshauptstadt im Klimaschutz 2010" unbestimmt: "Themen wie Solarenergienutzung und Radverkehr gehören in Freiburg mittlerweile ebenso zum Stadtbild wie das Münster oder die Freiburger Bächle."
Sicherlich fahren zwar über 35.000 Menschen täglich auf dem Fahrrad in oder durch die Freiburger Innenstadt, womit fast 30 Prozent der Verkehrswege per Rad zurück gelegt werden. Doch was leistet die Stadtverwaltung dafür, diesen klimafreundlichen Verkehr zu fördern? In den vergangenen Jahren konnte gerade einmal erreicht werden, daß Einbahnstraßen für den Radverkehr freigegeben wurden - eine Regelung, die in vielen anderen Städten schon lange gilt. Der letzte größere verkehrspolitische Erfolg, der hauptsächlich dem Freiburger VCD zu verdanken ist, kam 1999 mit der Einweihung des "Mobile", der mit einer Fahrradstation kombinierten Mobilitätszentrale beim Hauptbahnhof. Dieses Modellprojekt mußte gegen den anhaltenden Widerstand des früheren "S"PD-Oberbürgermeisters Böhme erkämpft werden.
Für das Klima spielt die städtische Verkehrspolitik eine entscheidende Rolle. Doch der vor vielen Jahren einmal gesetzte Impuls, den Autoverkehr ein Stück weit zurückzudrängen, wurde in Freiburg im Laufe der Jahre mehr und mehr aus den Augen verloren. Daß abgesehen von Hauptverkehrsstraßen und Gewerbegebieten überall Tempo-30-Zonen ausgewiesen wurden, ist auch in Freiburg lange her und inzwischen bundesweit Standard. Auch verkehrsberuhigte Bereiche, in denen Schrittempo gilt und die Kinder auf der Straße spielen dürfen, sind durchaus üblich und heben Freiburg nicht aus dem bundesrepublikanischen Durchschnitt heraus. Weltweite Aufmerksamkeit zog das Verkehrskonzept im Stadtteil Vauban auf sich. Doch diese ökologische Politik mußten die BewohnerInnen gegen heftigen Widerstand der Stadtverwaltung und mehrerer Ratsfraktionen in den Jahren zwischen 1995 und 2006 erkämpfen und dabei zahlreiche Abstriche machen.
Doch insgesamt ist die verkehrspolitische Entwicklung in Freiburg eher negativ: Dem Autoverkehr wurde in den vergangenen Jahren zunehmend mehr Verkehrsraum zur Verfügung gestellt. Die Priorität der städtischen Verkehrsplanung liegt beim Bau und Ausbau vierspuriger Straßen. So fordert die Stadt von Bund und Land nicht etwa den zweigleisigen Ausbau der Höllentalbahn, der Bahnverbindung in den Schwarzwald, sondern den Bau des Stadttunnels für den Autoverkehr in dieselbe Richtung. In einer Selbstdarstellung der Stadt hieß es zwar: "Der Anteil des Radverkehrs hat in Freiburg zwar ein hohes Niveau erreicht, stagniert allerdings in den letzten Jahren. Um ihn weiter zu steigern, ist eine deutlich stärkere Förderung als in den letzten Jahren nötig." In die Realität umgesetzt wurde dieser fromme Wunsch allerdings nicht.
Ähnlich sieht es mit vielversprechenden Gemeinderatsbeschlüssen aus: Vor etlichen Jahren setzte das Gremium fest, daß bei Freiburger Neubaugebieten ein Energiekonzept zu erstellen sei. In die Realität umgesetzt wurde der Beschluß nie. Ein ähnlich peinliches Schicksal erlitt ein Beschluß zum Stromsparen. Statt dessen werden von der Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Salomon Alibi-Aktionen durchgeführt wie etwa ein "Projekt Energiesparservice", eine Stromsparberatung durch Hartz-IV-BezieherInnen. Diese wurden notdürftig in einem Crash-Kurs in wenigen Stunden auf ihren - völlig unterbezahlten - Job als EnergieberaterInnen vorbereitet und konnten so in Haushalten der sogenannten Unterschicht einige kleine Verbesserungen erzielen. Dabei läge gerade in diesem Bereich beim Einsatz ausgebildeter Energieberater ein großes Potential für mehr Energieeffizienz - doch dazu müßten zunächst beträchtliche Summen investiert werden, statt Kleckerbeträge für eine reine Show-Aktion.
In den vergangenen Jahren stimmte der Freiburger Gemeinderat weiteren wohlklingenden Beschlüssen zu wie etwa zum Passiv-Haus-Standard bei Neubaugebieten oder zur verstärkten Nutzung von Blockheizkraftwerken. Ob diesen Beschlüssen Taten folgen, steht noch dahin. Als Begründung für die Ernennung Freiburgs zur "Bundesklimahauptstadt" können sie daher nicht dienen.
Auch die wenigen Windräder auf dem Roßkopf bei Freiburg werden von der DUH als Begründung für den Titelverleih nach Freiburg erwähnt. Dort werden pro Jahr gerade einmal rund 14 GWh Strom erzeugt und dies ist eben kein "sichtbares Zeichen dafür, daß man es ernst meint mit dem Klimaschutz in Freiburg." Allerdings trifft die FreiburgerInnen an dieser Malaise wenig Schuld, denn die lange Jahre amtierenden "schwarzen" Ministerpräsidenten von Teufel über Oettinger bis Mappus haben dafür gesorgt, daß mit Hilfe restriktiver Vorschriften bei der Nutzung der Windenergie Baden-Württemberg bundesweit das abgeschagene Schlußlicht bildet. Daß dennoch bei einigem Willen trotz dieser negativen Randbedingungen Positives zu erreichen ist, zeigt die von Freiburg nur 25 Kilometer entfernte und ebenfalls am Rande des Schwarzwalds gelegene Kommune Freiamt. Dort wird mit 14,3 GWh längst mehr Strom aus Wind, Biogas und anderen erneuerbaren Energien erzeugt als für den Eigenbedarf (12,8 GWh) benötigt wird.
Oberbürgermeister Salomon ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Badenova, des weit und breit größten regionalen Energieversorgers. Seit langem liegen die Pläne in der Schublade wie Badenova zu einem Anbieter von Energiedienstleistungen umgestaltet werden könnte. Nur dann läge ein effektiver Einsatz von Strom und Wärme auch im Interesse des Unternehmens. Das Freiburger Klimabündnis weist seit Jahren vergeblich darauf hin. Daß eine Politik der Energieeinsparung funktioniert und die Stadt zudem auch spürbare finanziell entlastet, zeigt, so das Bündnis, die mehrfach preisgekrönte energetische Teilsanierung der Staudinger Gesamtschule im Freiburger Stadtteil Haslach. Mit rund 250.000 Euro - wohlgemerkt aus der Bürgerschaft und nicht aus der Stadtkasse - wurde der Strom- und Heizenergieverbrauch um mehr als 25 Prozent gesenkt, jährlich 300 Tonnen Kohlendioxid weniger ausgestoßen, dabei sechs Prozent Überschußverzinsung aufgebracht sowie der Schule 10.000 Euro pro Jahr gutgeschrieben. Offensichtlich wurde dies im Freiburger Rathaus nicht zur Kenntnis genommen.
Symptomatisch für die Blindheit der Freiburger Oberen gegenüber der Klimaproblematik ist die geplante Umgestaltung des im Zentrum Freiburgs gelegenen Platzes der Alten Synagoge. Zwischen Stadttheater und Kollegiengebäude II ersteckte sich bislang eine - wenn auch ökologisch minderwertige - Rasenfläche, die von den StudentInnen im Sommer als Liegewiese genutzt wurde. Nun soll dort nach dem Vorbild Nürnbergs aus brauner Zeit ein "Plattensee" entstehen. Ausgerechnet der unter dem Aspekt des Kleinklimas verheerendste Entwurf wurde von den Freiburger Gremien mit dem Zuschlag bedacht. Fast ohne Baumbestand würde die kahle, mit Steinplatten ausgelegte Fläche die Sonnenstrahlung reflektieren und den Platz im Sommer so in einen Glutofen verwandeln. Nach heftigen Protesten wurde die Planung mittlerweile um einige Bäumchen ergänzt. Obwohl gerade in diesem direkt an die Universität angrenzenden Bereich schon heute Tausende Fahrräder abgestellt werden, sind in der Planung bisher keine Fahrradstellplätze vorgesehen. Neben 2000 Fahrradestellplätzen fordert das Klimabündnis Freiburg einen Radbereich mit teilweise begrünten Solarstromdächern bei der Umgestaltung des Platzes und nicht zuletzt den Erhalt aller Bäume und der Grünfläche. In einer Stellungnahme im Juli dieses Jahres warnt das Bündnis davor, daß nach einer ähnlich klimafeindlichen Umgestaltung des Innenhofes der Universität auch der Platz der Alten Synagoge in eine "Steinwüste" verwandelt würde.
Was mag also den Ausschlag gegeben haben, ausgerechnet Freiburg den Titel einer "Bundeshauptstadt im Klimaschutz 2010" zu verleihen? Vielleicht ist es ja nur ein Zufall, daß Rainer Braake, Bundesgeschäftsführer der DUH, früher Staatssekretär unter dem pseudo-grünen Atom-Minister Jürgen Trittin war.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
Siehe auch unsere Artikel:
Freiburg bleibt schwarz
Salomon knapp über 50 Prozent (25.04.10)
Verwelkter Lorbeer
Freiburg war einmal Ökohauptstadt (10.09.07)