Die Ankündigung von Angela Merkel als EU-Ratspräsidentin hat lediglich Propaganda-Charakter
Bereits Mitte Februar hatten Umweltorganisationen das in Brüssel von den europäischen Wirtschafts- und Energieministern vorgelegte Energiekonzept kritisiert: Es wird den Herausforderungen des Klimawandels nicht gerecht. Im Vergleich zur Anfang des Jahres von der EU-Kommission verbreiteten Zielsetzung wurden die ohnehin äußerst bescheidenen Ausbauziele für erneuerbare Energien nochmals reduziert. Die Kommission hatte laut Vorlage allen Mitgliedsstaaten verbindlich vorgeben wollen, 2020 ein Fünftel ihres Energiebedarfs aus regenerativen Quellen zu erzeugen. Nun ersetzt - wie in der Vergangenheit schon so oft - eine unverbindliche Absichtserklärung konkrete Vorgaben. Bundeswirtschaftsminister Glos hatte in seiner Rolle als EU-Ratsvorsitzender der Wirtschafts- und Energieminister die Wünsche seiner Auftraggeber - der großen Konzerne - optimal erfüllt. Auch der dann am 9. März von den EU-Regierungs-Chefs beschlossene "Klima-Aktionsplan" enthält keine konkreten Verpflichtungen - oder gar Sanktionen wie sie bekanntlich bei der Verfehlung in der Haushaltspolitik durch den EU-Stabilitätspakt durchaus möglich sind.
Ende Februar hatten sich die EU-Umweltminister bei ihrer Ratssitzung im Gegensatz zu den Wirtschaftsministern für konkrete Zielvorgaben ausgesprochen. Die Treibhausgase in der EU sollen bis zum Jahre 2020 um 20 Prozent reduziert werden. Von Umweltorganisationen wird eine Reduktion um mindestens 30 Prozent gefordert. Um den Klimawandel merklich zu bremsen, sind allerdings weitaus drastischere Maßnahmen erforderlich.
Letztlich kam es aber nicht auf diese Verlautbarungen der Ministerrunden an, sondern darauf, was die EU-Regierungschefs bei ihrem Frühjahrsgipfel am 8./9. März an mehr oder weniger konkreten Klima-Zielen beschlossen. In den Mainstream-Medien wurde der beschlossene "Klima-Aktionsplan" gefeiert und es hieß beispielsweise: "EU prescht beim Klimaschutz vor". Dies hat jedoch nichts mit den Fakten zu tun, sondern ist pure Propaganda. So kann Frankreich beispielsweise angebliche "Leistungen" der Atomenergie beim Klimaschutz "anrechnen" - und in der Konsequenz alles beim Alten belassen, um dennoch mit Hilfe von Rechenspielchen die großartig verkündete Zielsetzung zu erreichen.
Während Angela Merkel im Vordergrund die Rolle spielt, als Umwelt-Kanzlerin dem Klimaschutz mehr Gewicht zu verleihen, setzt Glos im Hintergrund die menschen- und naturverachtende Politik unvermindert fort. Die großartigen Ankündigungen von Glos, die Marktmacht der Stromoligopole beschränken zu wollen, haben sich als leeres Gerede erwiesen. So wie dieses Rollenspiel von Umweltminister Trittin und Wirtschaftsminister Müller, später Clement, aufgeführt wurde, wird es heute von Merkel und Glos dem staunenden Publikum geboten. Der kontinuierliche Ausbau der erneuerbaren Energien in Europa wird weiter gebremst.
Auch beim Thema Energieeffizienz bremsen die EU-Wirtschaftsminister. Sie sprechen nur noch vage von einem Potential zur Energieeinsparung. Ein konkretes Ziel hat sich auch in diesem Bereich in Wohlgefallen aufgelöst. Wenn in der EU in Zukunft Klimaschutz vorangetrieben werden soll - dann ist dies offensichtlich nur gegen die jetzigen Regierungen möglich.
Die Reaktionen der großen Umwelt-Organisationen könnten nicht unterschiedlicher sein: Während der WWF Angela Merkel als "Vorreiterin für den Klimaschutz" über den grünen Klee
lobt, übt der BUND vorsichtige Kritik. Greenpeace hingegen wertet den EU-Aktionsplan als
"Volksverdummung". Die anvisierten Ziele seien "nicht ambitioniert, sondern eine Mogelpackung". Die Organisation beruft sich bei ihrer Einschätzung auf eine Studie des
Wuppertaler Instituts für Klima, Umwelt und Energie, die sie in Auftrag gegeben hatte.
Real müsste die EU, um die versprochene Reduktion der Treibhausgase um 20 Prozent bis 2020
einzuhalten lediglich 5 Prozent aktiv einsparen: "Weil die EU bei ihrer Osterweitung Kohlendioxideinsparungen faktisch geschenkt wurden, müsste die EU nur weitere 5 Prozent
einsparen. Eine 'Vorreiterrolle' - wie Merkel sie fordert - sieht anders aus," erklärt
Greenpeace.
Die Bevölkerung Deutschlands und der anderen EU-Staaten muß sich dem klimapolitischen Rollback der EU-Energieminister energisch entgegen stellen. Ein Minimum wäre, daß der Markt der regenerativen Energien stärker gefördert wird als die Atomindustrie. Diese erhält allein in Deutschland jählich rund 7 Milliarden Euro an Subventionen. Wenn die bisherige Wirtschafts- und Energiepolitik so weiter fortgesetzt wird, ist die Klimakatastrophe nicht mehr abzuwenden.
REGENBOGEN NACHRICHTEN