27.02.2003

Karlsruhe
gegen Straßenzeitungen

Karlsruhe hat den Verkauf von Straßenzeitungen auf ihren öffentlichen Plätzen verboten.

Dies geht aus einem Schreiben des 'Amtes für Bürgerservice und Sicherheit (BuS)' vom 14. Februar an die 'Karlsruher Straßenzeitung - Badens Magazin für Menschen in sozialer Not' hervor. Man habe zwar "im Hinblick auf den sozialen Aspekt" in der Vergangenheit eine Regelung ohne eine "erforderliche Sondernutzungserlaubnis" für das Obdachlosenblättchen (Auflage 3.000 Exemplare) getroffen. Doch damit sei jetzt Schluss. Denn aus Sicht der Stadt sei der "Verkauf von Obdachlosenzeitungen auf eine Stufe zu stellen mit dem Verkauf anderer regionaler oder überregionaler Zeitungen", mithin "gewerbsmäßig". Ließe man diesen Zeitungs-Straßenverkauf generell weiter zu, könnten auch andere Zeitungen gewerbsmäßig mit Gewinnabsicht auf der Straße angeboten werden, begründete BuS-Chef Dieter Behnle das Vorgehen der Stadt. Der Gemeindliche Vollzugsdienst werde mit Unterstützung des Polizeipräsidiums Karlsruhe für die Durchsetzung dieser Regelung sorgen, kündigte die Behörde an.

Empört über das Verkaufsverbot und die angeführten Begründungen zeigten sich die ZeitungsmacherInnen. "Wir sind ein Verein und als solcher haben wir uns verpflichtet, keinen Gewinn zu machen. Und daran halten wir uns auch", versichert Chefredakteur Prase. Eine Zeitungsausgabe kostet 1,60 Euro. "80 Cent davon gehen als Verdienst an die Verkäufer, die, wie in anderen Städten auch, strenge Auflagen haben: kein Alkohol während des Verkaufs, kein Betteln, kein Ansprechen von Passanten", erläuterte Prase. Die restlichen 80 Cent flössen an den Verein zurück, um anfallenden Ausgaben wie Druckkosten und Büromiete zu begleichen. "Ich verstehe nicht, womit Karlsruhe ein Problem hat. Ich kenne rund 50 weitere Städte, in denen Straßenzeitungen verkauft werden. Dort gibt es keine Schwierigkeiten", wundert sich der Chefredakteur.

Politessen und Polizei würden bereits ganz gezielt auf die Verkäufer loszugehen und vertreiben, berichtete er. Ohne Verkaufsmöglichkeiten bliebe die Redaktion auf der frisch gedruckten Februar/März-Ausgabe sitzen. Dies wäre nach 18 Ausgaben das Ende der Straßenzeitung. Nachdem das Verkaufsverbot publik wurde, erhält das Obdachlosenprojekt breite Unterstützung. So kritisierte die sozialpolitische Sprecherin der Karlsruher grünen Gemeinderatsfraktion, Christa Caspari, den sozial-politischen Skandal und die "polizeiliche Machtdemonstration", die die Resignation unter den Engagierten fördere. "Das Karlsruher Straßenforum ist ein Selbsthilfeprojekt, in dem von Sozialhilfe abhängige Menschen die Chance haben, selbst aktiv zu werden", so Caspari. "Wir vermissen in der Begründung jegliche Abwägung zwischen sozialen und rechtlichen Aspekten". Das Verkaufsverbot müsse sofort zurück genommen werden.

Gegen den Beschluss hat die Redaktion inzwischen Klage beim Karlsruher Verwaltungsgericht eingereicht. Auch der Bundesverband sozialer Straßenzeitungen will den Karlsruher Behörden auf den Zahn fühlen. Wie Chefredakteur Prase gestern berichtete, will die Stadt sich nächsten Mittwoch mit der Redaktion an einen Tisch setzen, um die Situation zu beraten. Vorerst bleibt sie jedoch bei ihrem Verkaufsverbot.

Kontakt: Karlsruher Straßenzeitung, Strassen - Forum e.V.
Schillerstrasse 11, 76135 Karlsruhe
Tel. & Fax : 0721 - 831 46 53

 

Martin Höxtermann

 

 

neuronales Netzwerk