Mit oder gegen "Rot-Grün" ?
Zwei Ereignisse vom Wochenende sind für einen einsetzenden Klärungsprozeß
in der Linken typisch - auf dem Landesparteitag der PDS und auf dem Kongress
von 'attac'.
Bei der PDS im Saarland trat die Vorsitzende auf und eine große Zahl Delegierter
aus. Durch den kollektiven Austritt gerade der Aktivsten ist gar der Fortbestand
des Landesverbandes gefährdet. Gabi Zimmer vertreibt mit ihrer Softpolitik
gegenüber den Sozialdemokratisierern in der PDS, die sich zwar noch zahlenmäßig in der
Minderheit befinden, doch schon längst viele entscheidende Posten innehaben, alle
diejenigen Kräfte, für die der Begriff 'links' noch mit politischen Inhalten verbunden
ist.
Die Vertriebenen nennen als Grund für ihren Austritt, daß trotz der Politik der SPD
in Richtung Krieg und Sozialabbau die PDS weiter an den "rot-roten" Koalitionen in
Berlin und Mecklenburg-Vorpommern festhalten wird. Auf eben diese Weise bestimmte
schon in den 80er Jahren beispielsweise ein Joschka Fischer von Hessen aus die
Richtung der Bundespolitik der "Grünen" - und - noch wichtiger: welche Leute austraten
und welche eintraten.
Eine ähnliche Konstellation wie bei der PDS zeigt sich auf dem zeitgleichen 'attac'-
Kongress in Göttingen. Der 20-köpfige "Koordinierungskreis" hatte "unter Mißachtung
elementarer demokratischer Spielregeln" - so ein Teilnehmer - eigenmächtig eine
öffentliche Erklärung zur Globalisierung mitunterzeichnet, die vom DGB und einigen
NGOs stammte. Gerechtfertigt wurde das Vorgehen von der Führung nicht inhaltlich,
sondern taktisch: Die gemeinsame Erklärung sei ein "Türöffner in die
Gewerkschaftshäuser". Eine Teilnehmerin brachte die Kritik auf den Punkt und
kennzeichnete die Erklärung als "linke Phraseologie, die auch die Bundesregierung
pflegt". Der springende Punkt ist: Gibt sich 'attac' mit wachsweichen Formulierungen
wie "die Globalisierung sozial gestalten" zufrieden und läßt sich damit in die
"rot-grüne" Politik einbinden oder setzt sich die Erkenntnis durch, daß eine
andere Welt nur durch eine andere Politik zu haben sein wird.
Die umstrittene Erklärung wurde dann im weiteren Verlauf des Kongresses mit großer
Mehrheit abgelehnt; dennoch fanden Anträge, die 'attac'-Unterschrift zurückzuziehen,
keine Mehrheit.
Harry Weber