Preis für Politiker im Sinken
Hauen und Stechen in der Union
Eben erst mußte Hermann-Josef Arentz, Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse, wegen Alimentierung durch den Energie-Multi RWE zurücktreten, da dringen schon neue Meldungen an die Öffentlichkeit: Auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer bezieht verbilligten Strom von RWE. Angeblich genießt dieser die "geldwerten Vorteile" wegen einer früheren Beschäftigung bei VEW. Daß ein Konzern sich auf diese Weise PolitikerInnen "gewogen" hält, ist selbstverständlich undenkbar...
Laurenz Meyer, der früher für den von RWE aufgekauften Stromkonzern VEW arbeitete, erklärte gegenüber ausgewählten Zeitungen, er versteuere alle geldwerten Vorteile. "Ich bin in einem ruhenden Vertrag", sagte Meyer, der ab 1975 bei VEW in Dortmund angestellt. Er werde in einem ruhenden Beschäftigungsverhältnis geführt, das eine "Wiedereinstiegsklausel" enthalte.
Meyer ist damit nach Hermann-Josef Arentz der zweite Politiker innerhalb kürzester Zeit, dessen Verbindung mit dem RWE-Konzern für Schlagzeilen sorgt. Arentz hatte am Mittwoch alle politischen Ämter aufgegeben, weil er von RWE jährlich 60.000 Euro und kostenlose Stromlieferungen - angeblich ohne entsprechende Gegenleistung - erhalten hatte. Meyer verwies in seiner öffentlichen Stellungnahme darauf, daß er keine "Sonderbedingungen" in Anspruch nehme. Zugleich mußte er einräumen, daß er bis heute ein RWE-Darlehen für seinen Hausbau abbezahle. Im Jahr 2001 habe er zudem von RWE "irgendeine Ausschüttung" erhalten.
Unter Berufung auf RWE berichtet die 'Berliner Zeitung', für ruhende Arbeitsverträge gelte die Regel, daß der Arbeitgeber bestimmte Leistungen weiterhin erbringe. Dazu gehöre auch die Bereitstellung verbilligten Stroms. Dies könne jährlich 2.000 Euro ausmachen, berichtete der 'spiegel'. Deutschlands meist verkauftes Toilettenpapier läßt den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) fordern, daß Konsequenzen aus dem Fall Arentz gezogen werden müßten: "Die Regeln für Nebentätigkeiten von Abgeordneten, Regierungsmitgliedern und Wahlbeamten müssen verschärft werden!" Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf, zu erfahren, "welche finanziellen Interessen ihr gewählter Vertreter möglicherweise verfolgt".
Die Frage, ob es denn da verschiedene finanzielle Interessen gäbe, kam selbstverständlich nicht zur Sprache.
Der Bundestag hatte die Regeln bereits mehrfach mit eingebauter Erfolgslosigkeits-Garantie "verschärft". Die nach 1987 verabschiedeten Verhaltensregeln ermahnen die Abgeordneten im Handbuch des Bundestags, Beruf und Nebentätigkeiten bis auf bestimmte Ausnahmen zu veröffentlichen. Eine der Ausnahmen: Einkünfte aus Tätigkeiten, die schon vor der Wahl in den Bundestag geflossen waren, dürfen verschwiegen werden.
Bereits kurz nach dem Rücktritt von Arentz hatte die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' (FAZ) darüber Spekulationen angestellt, "wer die Informationen an die Medien lanciert hat, die viele vertrauliche Details aus dem Unternehmen enthielten". Die mit direkten Informationen aus der Wirtschaft gewöhnlich gut versorgte FAZ wies bereits darauf hin, daß der CDU-Generalsekretär "und Merkel-Vertraute" Laurenz Meyer einst als Düsseldorfer Landtagsabgeordneter ebenfalls in der Energiewirtschaft beschäftigt war. In der FAZ war zu lesen, daß Meyer beim Stromkonzern VEW tätig war und daß sein Chef der heutige Vorstandsvorsitzende von RWE Power, Gert Maichel war. Nicht direkt, aber im Gesamtzusammenhang unübersehbar, legt die FAZ die Schlußfolgerung nahe, daß Maichel die "vielen vertraulichen Details" über den Vertrag mit Arentz an CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer weitergegeben habe.
Der Hauptgeschäftsführer der CDU-Sozialausschüsse und Verbündete von Arentz, Ralf Brauksiepe, hatte dieser Tage behauptet, hinter der Veröffentlichung über die Bezahlung von Arentz durch RWE stecke "ein durchsichtiges Kalkül" im Vorfeld des CDU-Parteitages. Die CDU-Sozialausschüsse sollten mit der Zeitungsmeldung gezielt geschwächt werden. Und der 'Kölner Stadt-Anzeiger' hatte am vergangenen Freitag gemeldet, daß Arentz jährlich ein Gehalt dafür erhalten hat, daß der Politiker dem RWE-Konzern "jederzeit zur Verfügung" steht. Dem Jahresgehalt des Landtagsabgeordneten von rund 60.000 Euro und einem Stromdeputat von 7.500 Kilowattstunden jährlich stünde "keine erkennbare Arbeitsleistung" gegenüber.
Es müßte wohl heißen: "keine sichtbare"...
Harry Weber