Belgrad will eigene Truppen zum Schutz der Minderheiten ins
Kosovo schicken
Mindestens 22 Tote und über 500 Verletzte - das ist die
vorläufige Bilanz der aktuellen albanischen Terroroffensive im
Kosovo. Es ist der höchste Blutzoll, seit die
NATO-Truppen die Provinz im Juni 1999 besetzt haben, um dort
- angeblich - die Menschenrechte zu sichern. Die
Übergriffe eskalierten am Mittwoch und
weiter am gestrigen Donnerstag: So wurden alle
Serben aus der Ortschaft Obilic vertrieben und ihre Häuser
niedergebrannt. Anläßlich der Beerdigung zweier albanischer
Jungen wurde für Donnerstag abend mit weiteren Pogromen
gerechnet. Der serbische Verteidigungsminister Boris Tadic
warnte, mehrere tausend Albaner in der Provinzhauptstadt Pristina
und anderswo bereiteten sich auf Gewalttaten vor.
Am Anfang eines Pogroms steht immer eine Pogromlüge. So war
es im Mittelalter, wenn der christliche Mob an den Juden
Vergeltung üben wollte, weil diese angeblich Hostien geschändet
oder Knaben ermordet hatten, und genauso war es auch jetzt
gegenüber den Serben. Am Mittwoch mittag hatten sich etwa 3.000 Albaner
in der Stadt Mitrovica zusammengerottet, um Rache
für den Tod von zwei gestern beerdigten Knaben zu nehmen.
Beide seien, so albanische Sender am Dienstag abend, von
Serben in den eiskalten Fluß Ibar gehetzt worden und dann
ertrunken. So konnte man es Donnerstag nachmittag auch immer
noch in der ARD-Tagesschau hören. Dabei war das böse Gerücht
schon 15 Stunden vorher dementiert worden, und zwar von Derek
Chappel, dem Sprecher der UNO-Verwaltung im Kosovo,
gegenüber der Belgrader Nachrichtenagentur Beta. Chappel
bezog sich auf die Zeugenaussage eines dritten Albanerjungen, der
ebenfalls in den Fluß gesprungen war, aber im Unterschied zu den
beiden Ertrunkenen das gegenüber liegende Ufer erreicht hatte.
Das Trio habe, so der Überlebende, auf eigene Faust gehandelt,
Serben seien nicht beteiligt gewesen.
Die durch die albanischen Medien verbreitete Lüge vom
Kindermord führte zu Pogromen im gesamten Kosovo. Im
Unterschied zur Darstellung der meisten westlichen Medien, die
von "Auseinander- setzungen zwischen Serben und Albanern"
sprachen, gingen die Angriffe in jedem Fall von letzteren aus.
Die gefährlichste Situation hatte sich in Caglavica ergeben, wo
mehrere tausend Albaner aus dem nahen Pristina einen
Schutzkordon der UN-Polizei und der Kosovo-Besatzungstruppe
KFOR gesprengt und anschließend die serbischen Häuser
angezündet hatten. Erst als - um Stunden zu spät - schwerbewaffnete
US-Marines eintrafen, konnten die Überlebenden evakuiert
werden. Auch im Dorf Belo Polje wurden alle serbischen Häuser
niedergebrannt, in Ljipljan gab es vier Todesopfer. Einzig in
Mitrovica, wo die Mehrheit der im Kosovo gebliebenen Serben
lebt, traf der Lynchmob auf Gegenwehr: Als die 3.000 Albaner
unter Einsatz von Schußwaffen die UN-Checkpoints an der
Ibar-Brücke überwunden hatten, wurden sie von
Selbstverteidigungskräften am Eindringen in das serbische Viertel
gehindert. Dabei wurden vier Albaner getötet und über 200
verletzt. Die anderen 18 Todesopfer der letzten beiden Tage sind
Serben.
In einer ersten Stellungnahme gab Bischof Artemije von der
serbisch-orthodoxen Kirche im Kosovo der KFOR die Schuld
am Blutvergießen: "Diese Militärmission hat nicht für Frieden und
Schutz gesorgt, sondern Mord, Brandschatzung und
Kirchenzerstörung erlaubt. (...) Sie mögen sich als >Friedensstifter<
(peace-keepers) oder >Nationengründer< (nation-builders)
bezeichnen, aber die Geschichte wird sie einmal bei ihrem richtigen
Namen nennen." Der serbische Premier Vojislav Kostunica
kommentierte, der albanische Separatismus habe sein wahres
"Terrorgesicht" gezeigt. Die Belgrader Regierung bot angesichts
des Versagens der KFOR eigene Soldaten zum Schutz der
serbischen Siedlungen im Kosovo an.
Eine serbische Schutztruppe im Kosovo stößt allerdings auf den
entschiedenen Widerstand nicht nur der Albaner sondern auch der NATO.
Diese
wäre aber in der Resolution 1244 des Weltsicherheitsrats - der
völkerrechtlichen Grundlage für die Arbeit von UN und NATO in
der Provinz - ausdrücklich erlaubt.
Seit Stationerung von über 40.000 NATO-Soldaten im Juni 1999
wurden im Kosovo, einer Region von der Größe Hessens, 350.000
Serben und Roma vertrieben (weit über die Hälfte der
nichtalbanischen Bevölkerung) und 2.500 ermordet, so der
damalige serbische Premier Zoran Zivkovic im November 2003 in
Berlin.
Jürgen Elsässer