7.05.2003

Die Provokationen
der US-Administration
und die Verhärtung
des kubanischen Regimes

Im Windschatten der Menschenrechtsverletzungen durch das diktatorische Regime Fidel Castros, holt die US-Administration zu einer weiteren Stufe von Provokationen aus, um die angespannte Situation zu eskalieren. In Betracht gezogen werden Einschränkungen von Finanztranfers, die von in der USA lebenden Kubanern an auf der Insel lebende Familienmitglieder geleistet werden, und ein Stop der direkten Charter-Flüge, die überwiegend von kubanischen Emigranten genutzt werden, um ihre Heimat zu besuchen. Diese Sanktionen zielen darauf ab, die seit vierzig Jahren aufrechterhaltene Blockade gegen Kuba zu forcieren.

Die internationale Kampagne der US-Administration, Kuba wegen Menschenrechtsverletzungen zu isolieren, ist allerdings ein Musterbeispiel widerlichster Heuchelei. Mehr als 600 Gefangene - einschließlich Jugendlicher - werden ohne Rechtsgrundlage in Guantanamo auf Kuba festgehalten. Nicht etwa von Castro. George W. Bush war bereits vor Antritt seiner US-Präsidentschaft ein 152-facher Mörder. 152 Menschen hätte er durch Begnadigung als Gouverneur von Texas vor der Toderstrafe retten können. Die US-Administration ist verantwortlich für den Tod tausender irakischer Zivilisten und Soldaten, die oft genug weder eine Chance zu desertieren noch überhaupt zu kämpfen hatten. Dieses Regime des "Shock and Awe" wagt es, als Ankläger gegen das kubanische Regime aufzutreten, weil dieses 75 Dissidenten in einem summarischen Verfahren drakonisch bestrafte, während diese von der US-Seite gedeckt werden, und weil es drei Entführer zum Tode verurteilte und ermordete. Diese hatten eine Fähre in ihre Macht gebracht und die Passagiere mit dem Tode bedroht. Es war die erste Vollstreckung einer Todesstrafe in den letzten drei Jahren. Das sei hier erwähnt, nicht etwa, um zu verharmlosen, sondern um die auch in den deutschen Medien verrückten Dimensionen geradezurücken.

Zu den Dissidenten ist noch anzumerken, daß von außen nicht beurteilt werden kann, ob sie und falls ja, wieviele, vom CIA bezahlt waren. Es wäre nicht das erste mal, das es gerade die Falschen trifft. Das umfangreiche, vom kubanischen Außenminister der Weltöffentlichkeit präsentierte Material, läßt allenfalls darauf schließen, das die oppositionellen Gruppen weitestgehend von "informellen Mitarbeitern" des kubanischen Regimes infiltriert sind. Eine neutrale Überprüfung des Materials ist jedoch nicht möglich. Nicht in Zweifel gezogen sei hier allerdings, daß enorme Dollar-Ströme nach Kuba fließen, um das Castro-Regime zu destabilisieren.

Beachtlich ist auch die Vorgeschichte dieser neuerlichen Eskalation. Die inhumanen und jeglichem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit Hohn sprechenden Akte des kubanischen Regimes sind nichts desto Trotz mit keiner Form von Selbstverteidigung welcher Art auch immer zu rechtfertigen. Linke, die sich gegen die Todesstrafe in der USA einsetzen, machen sich unglaubwürdig, wenn sie diese in Kuba zu rechtfertigen suchen.

Die US-Administration hatte mit James Cason einen neuen Vertreter ihrer Interessen nach Kuba entsandt. Dieser US-Diplomat veranstaltete Treffen mit kubanischen Dissidenten und lud im März Vertreter dieser Seite zu einer Besprechung in seine Residenz, um die disparaten Gruppierungen zusammenzuschweißen und zukünftige US-Statthalter aufzubauen. Cason verheimlichte auch nicht seine Treffen mit Organisationen der militanten Exil-Kubaner in Florida, wie der CANF (Cuban American National Foundation), die für Mordpläne gegen Castro bekannt sind.

John Bolton vom US State Departement hatte letztes Jahr behauptet, Kuba betreibe ein B-Waffen-Programm (, während diese Behauptung zwar im Hinblick auf die USA selbst bewiesen ist, sich jedoch zumindest im Hinblick auf den Irak als Kriegs-Propaganda entpuppte). Das weckt berechtigte Ängste in Kuba - nicht nur bei Castro - und stellt die Frage in den Raum, ob etwa Kuba als nächste Position auf der US-amerikanischen Wunschliste nach "Regime-Wechsel" steht. So berührte kürzlich der US-Botschafter in der Dominikanischen Republik exakt diese Frage: "Ich denke, das was im Irak geschehen ist, sendet an Kuba ein sehr positves Signal und ist ein sehr gutes Beispiel." Ähnlich äußerte sich auch Jeb Bush, Governeur von Florida und Bruder des US-Präsidenten.

Die auf Provokation angelegte Kampagne Casons und die genannten Äußerungen erzielten bei der Castro-Administration genau die gewünschte Wirkung. Eine gewollte Nebenwirkung liegt zudem darin, daß eine zunehmende Annäherung an Kuba unter republikanischen Abgeordneten aus ländlichen Staaten, die der US-Agrarwirtschaft nahe stehen, untergraben werden konnte. Diese Kräfte hatten auf eine Milderung der Handels-Sanktionen gegen Kuba hingearbeitet. Allein auf diesem Hintergrund waren auch die Bemühungen des Ex-Präsidenten Carter für eine Lockerung des Kuba-Embargos zu verstehen.

Die einzige Chance Kubas läge allerdings gerade in der Isolation und dem Aufbau einer autarken Wirtschaft. Die Abhängigkeit des Außenhandels (über 80 Prozent) bis zum Zusammenbruch des Sowjet-Imperiums bedingte die Abhängigkeit von diesem politischen System und den Erhalt der Diktatur einer kleinen bürokratischen Clique. Die Abhängigkeit vom Tourismus bedingt nicht nur ein erschreckendes Ausmaß an Prostitution; im Zusammenwirken mit einer Abhängigkeit von Agrar-Exporten wird sie nach dem unweigerlichen Zusammenbruch des Castro-Regimes in eine Abhängigkeit von der USA nach dem Maßstab der übrigen mittel- und südamerikanischen Staaten führen. Folge davon wird dann der Verlust der wenigen, aber nicht unbedeutenden Errungenschaften wie hohes Alphabetisierungsniveau und kostenfreies allgemeines Gesundheitssystem sein, die allein dem Aufrechterhalten einer Illusion von Sozialismus geschuldet sind.

In der US-Embargo-Politik liegt eine unermeßliche Chance: Alle bisherigen Versuche zum Aufbau einer nicht von außen bestimmten Wirtschaft in Ländern der "Dritten Welt" werden durch die - notfalls von Seiten der Industrienationen subventionierten - Dumpingpreise des Weltmarkts zunichte gemacht. Auch der Aufstieg der USA von einer englischen Kolonie zur Weltmacht gelang allein durch die Abschirmung der eigenen Wirtschaft mit Hilfe von Schutz-Zöllen. Eine im Aufbau begriffene Wirtschaft ist international nicht konkurrenzfähig. Die selbstgewählte Isolation hätte zudem den Vorteil, daß das Einschleusen von CIA-Geldern unvergleichlich schwieriger würde. Eine Kontrolle von politisch freien Gruppierungen, die eine Pflicht zur Offenlegung ihrer Finanzen erfüllen müßten, könnte dann auch nicht mehr mit der Verhinderung US-amerikanischer Einmischung gerechtfertigt werden. Allein eine gewaltfreie und unerschrocken öffentlich auftretende kubanische Opposition wäre in der Lage, diesen Weg einzuschlagen. Die Unterstützung einer solchen Opposition - nicht durch finanzielle Mittel, sondern allein durch persönliche Mitarbeit und informelle Hilfe - wäre eine echte internationale Solidarität mit dem kubanischen Volk.

 

Adriana Ascoli

 

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