12.10.2003

Lacoma und Rotbauchunke
kämpfen

Ab morgen früh, Montag, dem 13.10., ist mit dem Anrücken der Abrißbagger im kleinen, teilweise von Umwelt-AktivistInnen besetzten Dorf Lacoma zu rechnen. Das Dorf in der Lausitzer Teichlandschaft nahe Cottbus soll dem Braunkohle-Abbau weichen. Die von einem der vier großen, den deutschen Strommarkt beherrschenden Konzerne, Vattenfall, betriebene Braunkohle-Verstromung ist besonders Kohlendioxid-intensiv und damit klimaschädigend. Einen noch größeren Skandal stellt die Bedrohung eines der letzten Gebiete der vom Aussterben bedrohten Rotbauchunke dar. Es zeigt sich am Beispiel der Rotbauchunke, daß im Konfliktfall der Artenschutz in Deutschland nicht das Papier wert ist, auf dem er fixiert wurde.

Der Energie-Multi Vattenfall, der bereits in Schweden den vor Jahren parlamentarisch beschlossenen Atomausstieg in Schweden austricksen konnte, erwies sich als öffentlichkeitsscheu. Bei einem von Vattenfall für den 7.10. selbst anberaumten Übergabe-Termin, zu dem eine große Anzahl an Menschen präsent war und von Medien bundesweite Öffentlichkeit hergestellt wurde, ließ sich kein Vertreter des Energie-Multis blicken.

Abgerissen werden sollen am Montag die Kulturscheine und die Höfe 23 und 13. Der Verein zum Erhalt Lacomas hatte sich bis zuletzt um Gespräche mit Vattenfall bemüht, um den Abriß zumindest auszusetzen. Obwohl Vattenfall über keinen eindeutigen Rechtstitel verfügt und der Streit noch vor Gericht anhängig ist, versucht der Energie-Multi vollendete Tatsachen zu schaffen. Wichtiger als die gerichtlichen Auseinandersetzungen ist jedoch die möglichst zahlreiche Anwesenheit von UnterstützerInnen und der Medien, um Lacoma und die Lausitzer Teichlandschaft zu retten. Öffentlichkeit hat sich noch immer als die stärkste Waffe im Kampf gegen Umwelt- und Naturzerstörer erwiesen.

Immerhin hat inzwischen auch das Amtgericht Cottbus im Falle des Hauses Nr. 15 von Lacoma eine einstweiligen Verfügung gegen den Abriß erlassen. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung steht in Zweifel und muß vermutlich durch ein - hoffentlich langwieriges - Räumungsklage-Verfahren geklärt werden.

Am Freitg, 10.10., nachmittag kam es noch zu einem Zwischenfall, weil elf militant aussehende Security-Gestalten von Vattenfall ins Dorf geschickt wurden, um die übergebenen Häuser in Besitz zu nehmen. Dank Telefonkette und Filmkamera kam es zu keinem Versuch, die Häuser zu "erobern" (Räumen darf nämlich eigentlich nur die Polizei.) Da sich die "Hilfs-Sheriffs" nicht einmal schriftlich legitimieren konnten, mußte Herr Kretschmer von Vattenfall vor Ort erscheinen. Nach erfolglosen Versuchen, die Menschen vom Grundstück der Kulturscheune zu bitten, verlegte er sich auf Zuckerbrot und Peitsche: Er erneuerte das Angebot zur Unterstützung von Ausweichobjekten für die Kulturscheune außerhalb Lacomas und stellte zugleich ein Ultimatum, am Montag morgen die Abrißarbeiten nicht zu behindern. Der Lacoma-Verein hatte allerdings bereits vor einem Jahr beschlossen, sich den Widerstand nicht abkaufen zu lassen. Auch die Besetzer der Grundstücke von Kulturscheune und Haus 13 werden sich vermutlich so entscheiden, da es ihnen nicht nur um einen Veranstaltungsraum geht, sondern vor allem um die Lacomaer Teichlandschaft. Die Polizei stellt sich anscheinend auf eine Räumung der Grundstücke ein. Entscheidend dürfte es am Montag sein, wie stark die Unterstützung durch Umwelt- und NaturschützerInnen in Erscheinung tritt.

 

Adriana Ascoli

 

Hinweise:

Wer in Lacoma anlässlich von Räumung und Abriß demonstrieren möchte, muß am Montag mit Kontrollen an der Zufahrt durch die Polizei rechnen, die (unbegründete) Angst vor gewaltbereiten Autonomen hat. Er sollte seinen Personalausweis und keine waffenähnlichen Gegenstände mit sich führen.

Neben www.lacoma.de als offizieller Seite des Lacoma e.V. existiert inzwischen die von unabhängigen Aktionsgruppen eingerichtete homepage www.lacoma-lebt.de . Die Robin-Wood-Aktion vom Dienstag morgen ist auf www.robinwood.de nachzulesen.

Für den 25.Oktober um 18:00 Uhr lädt der Lacoma-Verein zur Mitgliederversammlung ein. Es müssen dabei nicht nur neue Mitglieder aufgenommen und die Ereignisse der letzten Wochen ausgewertet werden, sondern auch mal wieder ein neuer Vorstand gewählt werden. Unsere bisherige Finanzerin Jana Engelmann gibt ihr Amt ab und braucht dringend eineN NachfolgerIn. Aber auch sonst wäre eine Aufstockung von 4 auf 5 Vorstandsmitglieder sicher nicht schlecht. Alle Mitglieder bekommen eine schriftliche Einladung, am Beitritt Interessierte sind hiermit ebenfalls herzlich eingeladen.

 

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