Drei Länder, drei Lösungsansätze, ein EU-Problem
Die glimpflich ausgegangene "Selbstzerlegung" eines Hubschraubers beim
Gifteinsatz gegen potentiell vorhandene Maiswurzelbohrer im elsässischen
Ranspach-le-Haut wirft ein Schlaglicht auf ein aktuelles Problem der
Umwelt und der Landwirtschaft am Oberrhein.
Im vergangenen Jahr waren in der Nähe des Euroairports (Mulhouse) einige Exemplare
des Maiswurzelbohrers, eines vermutlich per Flugzeug eingeführten
Maisschädlings, aufgetaucht.1 In einer beinahe militärisch anmutenden "Abwehrschlacht" wurden im Elsaß über 1,5 Tonnen Insektizide per Hubschrauber ausgebracht. Auch auf der deutschen Seite wurde ein Gebiet entlang des Rheins mit
Insektiziden vorsorglich "behandelt".
Auch in diesem Jahr wird der Maiswurzelbohrer mit Pestiziden bekämpft,
wie der Hubschrauberunfall in Ranspach-le-Haut zeigt. Im Elsaß, im
engsten Gebiet des letztjährigen Befalls mit einer Fruchtfolge,
ansonsten mit einem massiven Insektizideinsatz per Hubschrauber. Im
Grenzgebiet Deutschlands wurde das Saatgut mit Insektiziden gebeizt und
auch im Landkreise Lörrach wurden an der Grenze wieder großflächig
Insektizide ausgebracht.
Und in der direkt benachbarten Schweiz? Dort wird der Maiswurzelbohrer
ohne Gifteinsatz mit Fruchtfolge bekämpft. Den Bauern im Umkreis von zehn
Kilometern um die Fundorte in der Gegend von Therwil, Kanton Basel Land, wurde verboten,
Mais anzubauen, wo im letzten Jahr bereits Mais stand. Eine erweiterte
Fruchtfolge ist eine wirksame und anhaltende Bekämpfungsmaßnahme. Die
Vermeidung des Anbaus von Mais nach Mais führt beim Schlupf der
überwinterten Eier im Frühjahr dazu, daß die obligatorisch auf Mais
angewiesenen Larven des Maiswurzelbohrers keine Nahrung vorfinden und absterben.
Warum diese Unterschiede von Land zu Land am Oberrhein? In einer
Richtlinie der EU wird der Maiswurzelbohrer unter den Schadorganismen
als sogenannter Quarantäneschadorganismus eingestuft. Danach muß im
Befallsjahr eine Befallszone von mindestens einem Kilometer Radius rund
um ein Feld, in dem der Schadorganismus festgestellt wurde, und eine
Sicherheitszone von mindestens fünf Kilometer Radius um die Befallszone
ausgewiesen werden. Die aktuellen, massiven Bekämfungsmaßnahmen im
Elsaß und Südbaden sind auf diese EU Richtlinie zurückzuführen, die
eine Ausrottung des Maiswurzelbohrers erreichen will.
Doch die Annahme einer möglichen Ausrottung ist unrealistisch. Aus den
USA eingeschleppt, vermutlich durch ein Flugzeug im Rahmen der letzten
Balkankriege, ist der Schädling in Osteuropa nicht mehr ausrottbar und
breitet sich aus. Auch in der Schweiz hat der Maisschädling im letzten
Jahr die Alpen überschritten. Militärisch anmutende, umweltschädliche
Abwehrschlachten mit Insektiziden können das Auftreten des Käfers
verzögern, aber nicht verhindern.
Das sieht erfreulicherweise zwischenzeitlich auch der baden-württembergische
Landwirtschaftsminister Stächele so und will über den Bundesrat eine
Aufhebung der Einstufung des Westlichen Maiswurzelbohrers als
Quarantäneschadorganismus durch die EU erreichen. In einer sehr
erfreulichen Presseerklärung vom 13.8.04 schreibt der Minister unter anderem: "Ein großflächiger
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln muss zum Wohle der Umwelt vermieden
werden". Dies entspricht auch den Aussagen des BUND Regionalberbandes vom letzten Jahr.
Der Maiswurzelbohrer sollte nach Ansicht des BUND mit Fruchtfolgen
bekämpft werden, wie dies auch in der Schweiz geschieht. Der BUND hatte
bereits in der Vergangenheit auf die Folgen des bisherigen Dünger- und
Pestizideinsatzes beim Maisanbau und auf die massiven Folgen und
Belastungen für das Grundwasser hingewiesen. Durch die weitere chemische
Bekämpfung des neuen Schädlings auf Grund nicht mehr zeitgemäßer
EU-Erlasse, könnte sich dieses Problem noch weiter verschärfen.
Der Maiswurzelbohrer zeigt die regionalen Folgen der Globalisierung. Die
Landwirte am Oberrhein stehen im harten globalen Wettbewerb. Es geht wie
bei vielen Umweltkonflikten auch um massive wirtschaftliche Interessen
der Agrochemie-Konzerne. Sie hoffen auf den Mehrabsatz von Pestiziden und vor
allem auf eine größere Akzeptanz für gentechnisch veränderten Mais. Die
EU-Quarantäneverordnung für den Maiswurzelbohrer dient
nur den wirtschaftlichen Interessen der
Agrochemie-Konzerne. Ökologisch sinnvolle Fruchtfolgen bringen keine
Gewinne. Leidtragende des neuen Schädlings sind Landwirte und durch den
aktuellen Pestizideinsatz auch alle anderen Menschen, das Grundwasser
und die Umwelt.
Ein Überschreiten der Schadensgrenze des neuen Schädlings, der in
Osteuropa und der Schweiz schon Fuß gefaßt hat, ist durch eine
ökologisch sinnvolle erweiterte Fruchtfolge langfristig möglich. Der
gnadenlose weltweite Konkurrenz- und Überlebenskampf in der
Landwirtschaft und eine verfehlte Subventionspolitik der EU, behindert
jedoch diese sinnvolle Maßnahme. Gerade das Beispiel Oberrhein zeigt
deutlich, daß nur grenzüberschreitend abgestimmte Maßnahmen sinnvoll sind.
Axel Mayer
Anmerkungen:
1 Siehe auch unseren Artikel
'Mais-Anbau im Elsaß in Gefahr'
(19.08.03)