Auf dem Markt für biologische Lebensmittel ist einiges durcheinandergeraten: Bio-Bauern wurden übereilt zur Steigerung
ihrer Milchproduktion getrieben, so daß schließlich Bio-Milch mit erheblichem Image- und Glaubwürdigkeitsschaden
ausgerechnet bei McDonalds verramscht wurde. Preisverfall aufgrund des Überangebots und Verteilungsmachtkämpfe
zwischen Großanbietern wie Denree und Rapunzel machen den kleinen Milchbauern und den Bio-Läden, die zunehmend
mit der Konkurrenz von Bio-Supermärkten zu kämpfen haben, das Leben sauer.
Bayerische Bio-Bauern, die zwei überregionale Molkereien in Bayern beliefern, wollen mit einem außergewöhnlichen
Milchliefer-Boykott auf die für sie existenzbedrohende Situation aufmerksam machen. Auf Grund des ruinösen
Preiswettbewerbs im Bio-Lebensmittelhandel mußten bereits die ersten Bio-Molkereien ihre Produktion einstellen
oder herunterfahren.
Die Dumpingpreis-Strategie einiger Anbieter erschüttert den Markt für Bio-Waren einem Erdbeben gleich. Einer immer
kleineren Anzahl von Lebensmittelketten stehen meist regionale Molkereien und erst recht am Ende der Kette die kleinen
Milch-Bauern meist hilflos gegenüber. Solange sie sich nicht organisieren, können sie gegeneinander ausgespielt werden:
"Wenn ihr nicht mit dem Preis runtergeht, kaufen wir die Milch eben wo anders ein." Immer mehr einheimische Landwirte
müssen bei den sinkenden Erzeugerpreisen ihre Höfe aufgeben.
Dabei sind die Lebensmittelpreise im Einzelhandel keineswegs billiger geworden, sondern real konstant geblieben. Zwar
gab der Duchschnittshaushalt noch vor 10 Jahren rund 20 Prozent seines "Etats" für Lebensmittel aus und heute sind es
nur noch 12 Prozent. Doch für die unteren Einkommen, die seit 10 Jahren stagnieren, hat dies keine Bewandtnis, denn
für sie blieb des Anteil der Lebensmittelkosten an den gesamten Haushaltskosten logischer Weise ebenfalls konstant.
Nur diejenigen privaten Haushalte, deren Haushaltskasse durch real gestiegene Einkommen (also nach Abzug der
Preissteigerungsrate) im Laufe der letzten 10 Jahre tatsächlich mehr enthielt, konnten von den konstanten
Lebensmittelpreisen profitieren.
Christian Semmler