Quelle: Pressemitteilung des BUND und der Südbadischen Bürgerinitiativen
Vertreter der Umweltverbände wurden vom Regierungs- präsidium Freiburg zu einem sogenannten Scoping Termin, einer Art Vorerörterung, zum Thema Müllverbrennungsanlage (MVA) in Bremgarten eingeladen.
Dabei sollten bereits die Weichen für den Bau einer
Müllverbrennungsanlage in Bremgarten gestellt werden. Obwohl erst
Teilinformationen vorliegen, brachten Vertreter des BUND und der Südbadischen Bürgerinitiativen einige im folgenden ausgeführte Überlegungen ein.
Den Abfall aus den grauen Tonnen in Freiburg und dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald
ohne weitere Vorbehandlung zu verbrennen, entspricht
nicht dem Stand der Umweltdiskussion und der Technik und ist nicht ökonomisch.
Deutlich wird das am Beispiel des Abfalls aus den Landkreisen Emmendingen
und Ortenau:
Noch 1990 wollten die beiden Landkreise, gegen den erbitterten Widerstand
der Umweltbewegung, eine MVA für 360.000 Jahrestonnen Müll bauen. Die
entsprechenden Gutachten lagen vor. Wie von den BIs vorausgesagt, sind die
Müllmengen zwischenzeitlich massiv zurückgegangen. Der Restmüll geht in
Zukunft durch das ZAK-Verfahren, eine biologisch-mechanische
Abfallbehandlungsanlage. Statt 360.000 Jahrestonnen zu verbrennen, liefern
die beiden Landkreise in Zukunft nur noch 20.000 - 40.000 Jahrestonnen
Abfälle, insbesondere aus dem Sperrmüll und der BMA, nach Bremgarten. Der
Widerstand der BIs hat Fehlinvestitionen in Milliardenhöhe verhindert. Nicht
brennbare Störstoffe und Reste organischer Stoffe gehören nicht in eine MVA.
Im Vorfeld des Verfahrens ist zu prüfen, wie auch die Abfälle aus
Freiburg und Breisgau-Hochschwarzwald biologisch- mechanisch vorbehandelt
werden können. Durch eine
Vorbehandlung des Abfalls kann der energetische Nutzungsgrad der MVA
erhöht und die Schadstoffabgaben gesenkt werden. Weiter ist zu prüfen ob so die
negativen Umweltauswirkungen der Anlage reduziert werden können.
Erstaunlich sind die geringen Kosten der in Bremgarten
geplanten Anlage. Wenn diese Zahlen zutreffen, dann sind die ungeheuren
Kosten vergleichbarer Anlagen, die vor 10 Jahren gebaut wurden, absolut
unverständlich.
Die vorliegenden kalkulierten Kosten müssen überprüft werden, da früher geplante
MVAs zum Teil wesentlich teurer als geplant waren. Insbesondere müssen die Ursachen
der Kostensteigerung bei anderen MVAs überprüft werden und diese Aspekte in
die Kostenplanung eingehen.
Das bisheriges Nein der BIs zur MVA hat auch den Fortschritt in Sachen
Luftreinhaltung, Anlagenbau, Filtertechnik und Gesetzgebung beschleunigt.
MVAs sind besser und sauberer geworden. Dennoch ist die jetzt für
Bremgarten geplante Anlage nicht die zukunftsfähige Lösung, die als umweltfreundlich bezeichnet werden könnte. Dazu kommt in unserer Region die enorme Vorbelastung
der Luft durch die französische Schwerindustrie in Grenznähe und der
zunehmende Autoverkehr im Transitland Südbaden. Die Menschen und der immer
noch kranke Wald in der Regio brauchen bessere Luft und nicht noch mehr
Schadstoffe.
Sorgen bereiten zudem aktuelle Informationen über eine erhöhte
Krebshäufigkeit in der Umgebung von französischen Müllverbrennungsanlagen.
Untersucht werden muß der Zusammenhang zwischen den
Emissionen moderner MVAs, deren "geringeren" Schadstoff und Dioxin-, Furan-
und Schwermetall-Emissionen und einem möglicherweise verbleibenden
Krankheits- und Krebsrisiko. Die neuen Erkenntnisse aus der Umgebung
französischer MVAs sind in diese Untersuchungen einzubeziehen Es muß auch
aufgezeigt werden, wie die angegebenen Emissionswerte in Bremgarten
eingehalten werden sollen (Garantiewerte und Haftung).
Auch das
Ausbreitungsverhalten der von der MVA abgegebenen Schadstoffe muß
untersucht werden (z.B. bei Inversionswetterlagen).
Der jetzt vorgesehene Unter- suchungsrahmen ist angesichts der weiträumigen
Verteilung der Schadstoffe durch den Schornstein viel zu klein. Die am
stärksten betroffenen Gebiete in Hauptwindrichtung müssen unbedingt ins
Untersuchungsgebiet einbezogen werden. Dies gilt insbesondere für in
Windrichtung liegende Kurorte wie Bad Krozingen.
Eine Anlage mit einer bestimmten Technologie kann dann nicht genehmigt werden kann, wenn die UVP (Umwelt- verträglichkeitsprüfung) zeigt, dass eine andere
Technologie deutlich geringere Schad-Auswirkungen zur Folge hätte.
Es ist zu untersuchen, ob das für Bremgarten ausgewählte
Verbrennungsverfahren (konventionelle Rostfeuerung) dem Stand der Technik
entspricht und die geringsten Schad-Auswirkungen hat.
Einer der Hauptkritikpunkte an den jetzigen Plänen in Bremgarten ist
das bisher fehlende Abwärmekonzept. Nach Angaben der Deponieleitung des ZAK
auf dem Kahlenberg entspricht ein Megawatt Abwärme im Volllastjahresbetrieb
dem Energieäquivalent von ca. einer knappen Million Litern Heizöl. Eine
Bruttowärmeleistung 60,1 MW Abwärme entspricht theoretisch also etwas
weniger als 60 Millionen Litern Heizöl. Ob und wie der nutzbare Teil dieser
Abwärmemenge im Gewerbepark gebraucht werden kann ist offen. Hier zeigt
sich der Nachteil großer Verbrennungsanlagen, wie sie jetzt durch die
Ausschreibung festgelegt wurden. In Zeiten knapper Ressourcen und
zur Neige gehender Erdölreserven, ist eine solch gigantische
Energieverschwendung nicht akzeptabel. Diese Verschwendung des nutzbaren
Teils dieser Energie ist anachronistisch. Die Abwärmenutzung darf
nicht nur auf die bisher in Bremgarten angesiedelten Betriebe zugeschnitten
sein. Aus Gründen des Klimaschutzes, der Ressourcen- und der
Flächenschonung, sollten in Zukunft regionale Gewerbe- und
Industrieansiedlungen im Gewerbepark Breisgau konzentriert und gebündelt
werden. Das Gegenteil geschieht zur Zeit.
Der folgende Punkt konnte im Rahmen des Scoping Termins nicht erörtert
werden kann. Dennoch sehen es die Umweltverbände als ihre Pflicht, den
Aspekt der Nachhaltigkeit ins Gespräch zu bringen. Dieser Punkt aber fehlt
in der bisherigen öffentlichen Debatte um die geplante
MVA völlig. Es besteht kein Zweifel, dass wir nur dann eine Zukunft haben,
wenn es gelingt, den Energie- und Rohstoffverbrauch in Zukunft massiv
zu senken. Langlebige, reparaturfähige und dauerhafte Güter sind
zukunftsfähig, ressourcenschonend und verringern das Müllvolumen. Große
MVAs, wie die jetzt im Gewerbepark geplante Anlage, schreiben unser nicht
nachhaltiges, zerstörerisches Konsumverhalten für Jahrzehnte fest und
weisen so in die falsche Richtung.
Die Opposition gegen die Müllverbrennung in den letzten Jahrzehnten hat
den technischen Fortschritt beschleunigt und die Müllmengen sind
zurückgegangen. Es
entspricht nicht dem Stand der Umweltdiskussion und dem Stand der Technik,
feuchte, nur teilweise vorbehandelte Abfälle in Großanlagen
zu verbrennen und Abwärme zu verschwenden.
Klaus Schramm