27.01.2001

Müllverbrennungsanlage
in Bremgarten?

Quelle: Pressemitteilung des BUND und der Südbadischen Bürgerinitiativen

Vertreter der Umweltverbände wurden vom Regierungs- präsidium Freiburg zu einem sogenannten Scoping Termin, einer Art Vorerörterung, zum Thema Müllverbrennungsanlage (MVA) in Bremgarten eingeladen.
Dabei sollten bereits die Weichen für den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Bremgarten gestellt werden. Obwohl erst Teilinformationen vorliegen, brachten Vertreter des BUND und der Südbadischen Bürgerinitiativen einige im folgenden ausgeführte Überlegungen ein.

Den Abfall aus den grauen Tonnen in Freiburg und dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald ohne weitere Vorbehandlung zu verbrennen, entspricht nicht dem Stand der Umweltdiskussion und der Technik und ist nicht ökonomisch. Deutlich wird das am Beispiel des Abfalls aus den Landkreisen Emmendingen und Ortenau:
Noch 1990 wollten die beiden Landkreise, gegen den erbitterten Widerstand der Umweltbewegung, eine MVA für 360.000 Jahrestonnen Müll bauen. Die entsprechenden Gutachten lagen vor. Wie von den BIs vorausgesagt, sind die Müllmengen zwischenzeitlich massiv zurückgegangen. Der Restmüll geht in Zukunft durch das ZAK-Verfahren, eine biologisch-mechanische Abfallbehandlungsanlage. Statt 360.000 Jahrestonnen zu verbrennen, liefern die beiden Landkreise in Zukunft nur noch 20.000 - 40.000 Jahrestonnen Abfälle, insbesondere aus dem Sperrmüll und der BMA, nach Bremgarten. Der Widerstand der BIs hat Fehlinvestitionen in Milliardenhöhe verhindert. Nicht brennbare Störstoffe und Reste organischer Stoffe gehören nicht in eine MVA.

Im Vorfeld des Verfahrens ist zu prüfen, wie auch die Abfälle aus Freiburg und Breisgau-Hochschwarzwald biologisch- mechanisch vorbehandelt werden können. Durch eine Vorbehandlung des Abfalls kann der energetische Nutzungsgrad der MVA erhöht und die Schadstoffabgaben gesenkt werden. Weiter ist zu prüfen ob so die negativen Umweltauswirkungen der Anlage reduziert werden können.

Erstaunlich sind die geringen Kosten der in Bremgarten geplanten Anlage. Wenn diese Zahlen zutreffen, dann sind die ungeheuren Kosten vergleichbarer Anlagen, die vor 10 Jahren gebaut wurden, absolut unverständlich.
Die vorliegenden kalkulierten Kosten müssen überprüft werden, da früher geplante MVAs zum Teil wesentlich teurer als geplant waren. Insbesondere müssen die Ursachen der Kostensteigerung bei anderen MVAs überprüft werden und diese Aspekte in die Kostenplanung eingehen.

Das bisheriges Nein der BIs zur MVA hat auch den Fortschritt in Sachen Luftreinhaltung, Anlagenbau, Filtertechnik und Gesetzgebung beschleunigt. MVAs sind besser und sauberer geworden. Dennoch ist die jetzt für Bremgarten geplante Anlage nicht die zukunftsfähige Lösung, die als umweltfreundlich bezeichnet werden könnte. Dazu kommt in unserer Region die enorme Vorbelastung der Luft durch die französische Schwerindustrie in Grenznähe und der zunehmende Autoverkehr im Transitland Südbaden. Die Menschen und der immer noch kranke Wald in der Regio brauchen bessere Luft und nicht noch mehr Schadstoffe.
Sorgen bereiten zudem aktuelle Informationen über eine erhöhte Krebshäufigkeit in der Umgebung von französischen Müllverbrennungsanlagen. Untersucht werden muß der Zusammenhang zwischen den Emissionen moderner MVAs, deren "geringeren" Schadstoff und Dioxin-, Furan- und Schwermetall-Emissionen und einem möglicherweise verbleibenden Krankheits- und Krebsrisiko. Die neuen Erkenntnisse aus der Umgebung französischer MVAs sind in diese Untersuchungen einzubeziehen Es muß auch aufgezeigt werden, wie die angegebenen Emissionswerte in Bremgarten eingehalten werden sollen (Garantiewerte und Haftung).
Auch das Ausbreitungsverhalten der von der MVA abgegebenen Schadstoffe muß untersucht werden (z.B. bei Inversionswetterlagen). Der jetzt vorgesehene Unter- suchungsrahmen ist angesichts der weiträumigen Verteilung der Schadstoffe durch den Schornstein viel zu klein. Die am stärksten betroffenen Gebiete in Hauptwindrichtung müssen unbedingt ins Untersuchungsgebiet einbezogen werden. Dies gilt insbesondere für in Windrichtung liegende Kurorte wie Bad Krozingen.

Eine Anlage mit einer bestimmten Technologie kann dann nicht genehmigt werden kann, wenn die UVP (Umwelt- verträglichkeitsprüfung) zeigt, dass eine andere Technologie deutlich geringere Schad-Auswirkungen zur Folge hätte. Es ist zu untersuchen, ob das für Bremgarten ausgewählte Verbrennungsverfahren (konventionelle Rostfeuerung) dem Stand der Technik entspricht und die geringsten Schad-Auswirkungen hat.

Einer der Hauptkritikpunkte an den jetzigen Plänen in Bremgarten ist das bisher fehlende Abwärmekonzept. Nach Angaben der Deponieleitung des ZAK auf dem Kahlenberg entspricht ein Megawatt Abwärme im Volllastjahresbetrieb dem Energieäquivalent von ca. einer knappen Million Litern Heizöl. Eine Bruttowärmeleistung 60,1 MW Abwärme entspricht theoretisch also etwas weniger als 60 Millionen Litern Heizöl. Ob und wie der nutzbare Teil dieser Abwärmemenge im Gewerbepark gebraucht werden kann ist offen. Hier zeigt sich der Nachteil großer Verbrennungsanlagen, wie sie jetzt durch die Ausschreibung festgelegt wurden. In Zeiten knapper Ressourcen und zur Neige gehender Erdölreserven, ist eine solch gigantische Energieverschwendung nicht akzeptabel. Diese Verschwendung des nutzbaren Teils dieser Energie ist anachronistisch. Die Abwärmenutzung darf nicht nur auf die bisher in Bremgarten angesiedelten Betriebe zugeschnitten sein. Aus Gründen des Klimaschutzes, der Ressourcen- und der Flächenschonung, sollten in Zukunft regionale Gewerbe- und Industrieansiedlungen im Gewerbepark Breisgau konzentriert und gebündelt werden. Das Gegenteil geschieht zur Zeit.

Der folgende Punkt konnte im Rahmen des Scoping Termins nicht erörtert werden kann. Dennoch sehen es die Umweltverbände als ihre Pflicht, den Aspekt der Nachhaltigkeit ins Gespräch zu bringen. Dieser Punkt aber fehlt in der bisherigen öffentlichen Debatte um die geplante MVA völlig. Es besteht kein Zweifel, dass wir nur dann eine Zukunft haben, wenn es gelingt, den Energie- und Rohstoffverbrauch in Zukunft massiv zu senken. Langlebige, reparaturfähige und dauerhafte Güter sind zukunftsfähig, ressourcenschonend und verringern das Müllvolumen. Große MVAs, wie die jetzt im Gewerbepark geplante Anlage, schreiben unser nicht nachhaltiges, zerstörerisches Konsumverhalten für Jahrzehnte fest und weisen so in die falsche Richtung.
Die Opposition gegen die Müllverbrennung in den letzten Jahrzehnten hat den technischen Fortschritt beschleunigt und die Müllmengen sind zurückgegangen. Es entspricht nicht dem Stand der Umweltdiskussion und dem Stand der Technik, feuchte, nur teilweise vorbehandelte Abfälle in Großanlagen zu verbrennen und Abwärme zu verschwenden.

 

Klaus Schramm

 

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