Kann sich der Bundeskanzler auch diesmal wieder aus der Affaire ziehen?
Bereits vor gut einem Jahr wurde bekannt1, daß bereits Gerhard Schröder in seiner Zeit als niedersächsischer
Ministerpräsident das Geld aus der Staatskasse nur so für Berater und Werbung um sich geschmissen hat.
Namentlich bekannt wurde der Fall der niedersächsischen Werbe-Agentur Odeon II, die dann auch den
fulminaten Kanzler-Wahlkampf 1998 inszeniert hatte. Diese Agentur bekam in der Folgezeit rechtswidrig Aufträge
über 29 Millionen Euro zugeschanzt - mehr als alle anderen Agenturen zusammen.
So gesehen taten es Schröders Ziehsöhne Florian Gerster und Sigmar Gabriel ihrem großen Vorbild nur nach.
Ersterer mußte nach scheibchenweisem
Bekanntwerden von Fällen "freihändiger Vergabe" von Beraterverträgen kürzlich seinen Hut nehmen.
Sigmar Gabriel, Nachfolger Schröders im Amt des niedersächsischen Minister- präsidenten, wurde zwar bereits
bei den letzten Landtagswahlen von Christian Wulff und einer "schwarz-gelben" Koalition aus dem Amt
katapultiert - dennoch hacken die Krähen wider alle überkommene Ordnung auf ihm herum und weisen ihm
nach und nach immer mehr geheim gehaltene Beraterverträge nach.
Angeblich herrschte in der (stets unwissenden) SPD-Fraktion nach der aktuellen Fragestunde im niedersächsischen
Landtag blankes Entsetzen. Nicht weniger als 145 Beraterverträge aus seiner vierjährigen Amtszeit (1998 bis 2002) hat Gabriel
verschwiegen. Allein sieben Mal hat das Unternehmen 'forsa' "Repräsentativumfragen" für jeweils 12.000 Euro für
Gabriel erstellt. Und die von Schröder erprobte PR-Agentur Odeon II hat ebenfalls mehrmals für die "politische
Kommunikationsberatung des Ministerpräsidenten" abkassiert. Bereits 1995 hatte sie unter Schröder 25.000 Euro
für eine Studie im Format einer kleinen Seminararbeit erhalten. Und Ende 1999 ließ sich Gabriel für 1.780 Euro
von Odeon II seine Antrittsrede als Ministerpräsident schreiben.
Noch krasser sind die Methoden, mit denen erreicht wurde, daß die Aufträge nicht ausgeschrieben werden mußten.
Ab einer Grenze von 200.000 Euro wird eine öffentliche Ausschreibung unumgänglich. Und in sieben Fällen lagen
die Kosten für Gutachten der SPD-nahen Beraterfirma Roland Berger nur knapp unter dieser Grenze. Eine Studie
zur hannoverschen Hirn-Klinik INI wurde in zwei Teile aufgeteilt, so daß auch hier keine Ausschreibung nötig war.
Ein Gutachten zur Sanierung des Haushalts, das rund 600.000 Euro kostete, wurde von der Firma Roland Berger sogar
schriftlich in Dreiteilung angeboten, um so die öffentliche Ausschreibung unterlaufen zu können. Letzteres schien der niedersächsischen Landesregierung denn doch zu heiß
zu sein und sie ließ die Finger davon.
Während der Fragestunde im niedersächsischen Landtag platzte Gabriel dann auch ob des unkollegialen Krähen-Verhaltens
der Kragen: "Wir kriegen euch auch noch", rief er der "schwarz-gelben" Regierungsriege zu. Und dann meinte er, mit
einer ganz schlauen Frage, zurückhacken zu können. Was es denn mit dem Gutachten auf sich habe, das die
Wulff-Regierung im ersten Jahr ihrer Amtszeit vergab, ob diese Studie zur Privatisierung der Häfen nicht etwa an einen
Osnabrücker CDU-Politiker gegangen sei, fragte er hämisch. Doch da bekam er kalt lächelnd die Antwort, auch
dieser Auftrag sei bereits zu seiner, Gabriels eigener Amtszeit erfolgt.
Adriana Ascoli
Anmerkung:
1Siehe hierzu auch unseren Artikel
Odeon Zwo - Kein Kino v. 3.01.03