30.03.2003

Artikel

Öl
Krieg
Umwelt

Die Ausbeutung der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl, Erdgas bildeten die entscheidende Grundlage für die beispiellose wirtschaftliche Entfaltung der westlichen Industrienationen in den letzten zwei Jahrhunderten. Diese Energieträger, mit zunehmender Verschwendung zum Einsatz gebracht, werden in nun absehbarer Zeit knapp, des Versiegen des Öls dürfte bereits in ca. 40 Jahren erreicht sein. Die Sicherung, die Aneignung der letzten Ressourcen durch die reichsten, die mächtigsten Industrienationen, so ist es schon seit einiger Zeit vorausgesagt, wird die Erdpolitik des 21. Jahrhunderts bestimmen.

Gegen alle Vernunft, gegen alle ethischen Normen, gegen allen Widerstand der Weltöffentlichkeit hat soeben ein Krieg begonnen, ausgelöst vom reichsten, vom mächtigsten, vom verschwenderischsten aller Reiche, die es je gab. Ohnmacht, Wut, Zorn erfassen den weitaus größten Teil der Weltgemeinschaft, denn dieser Krieg mit unabsehbaren Verwüstungen, Menschenopfern, Naturopfern, wäre vermeidbar gewesen.

Die besondere Tragik besteht aber darin: diese Geschehnisse haben nicht nur für die direkt betroffenen Menschen und Naturräume, sie haben für uns alle unabsehbare Konsequenzen. Statt die fossilen Energieträger zu schonen, sie möglichst in der Erde zu belassen, um unser Klima nicht noch weiter aufzuheizen, statt auf reichlich vorhandene alternative Energien zu orientieren, auf die unermesslich vorhandene Solarenergie, auf die nachwachsende Biomasse, wie sie die Vegetationsdecke dieser Erde unablässig erzeugt, soll eine Politik durchgesetzt werden, die einem Land bzw. einem kleinen Teil dieser Erde scheinbar grenzenloses Weitermachen wie bisher, das weitere Verschwenden der Ressource Öl erlaubt, zum Schaden der Anderen.

Aber wir alle müssten eigentlich wissen - Insellösungen für Einzelne taugen nicht mehr, die Welt häng zusammen, die anthropogen ausgelöste Veränderung der globalen biosphärischen Rahmenbedingungen sind für alle menschlichen Zivilisationen zerstörerisch. Die Natur wird weiter existieren, aber die menschlichen Zivilisationen zerstören sich selbst die Spielräume, die ihnen die Natur gegeben hat. Das Zeitfenster, das der Menschheit in der Evolution offen gehalten wurde, wird vorzeitig geschlossen.

Eine Nation - oder besser eine politische Klasse -, die derartig vordergründig, kurzsichtig, egoistisch denkt und handelt, kann ich nicht als zukunftsfähig begreifen, ich kann und will sie nicht als Verkünder von Freiheit, Demokratie und Weltverbesserung feiern, ich kann und will ihr keinen Führungsanspruch für die Welt zugestehen.

Meine Hoffnung liegt in der Vernunft, im Verantwortungsbewusstsein, in der Menschlichkeit der anderen. Möge der Schaden, den diese gewollt ausgelöste Katastrophe uns allen bringt, nicht unermesslich sein, mögen die Vernünftigen dieser Welt doch noch die Oberhand gewinnen.

 

Michael Succow
Träger des Alternativen Nobelpreises 1997
NABU Vizepräsident

 

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