Die Ausbeutung der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl, Erdgas bildeten die
entscheidende Grundlage für die beispiellose wirtschaftliche Entfaltung der
westlichen Industrienationen in den letzten zwei Jahrhunderten. Diese
Energieträger, mit zunehmender Verschwendung zum Einsatz gebracht, werden in
nun absehbarer Zeit knapp, des Versiegen des Öls dürfte bereits in ca. 40
Jahren erreicht sein. Die Sicherung, die Aneignung der letzten Ressourcen
durch die reichsten, die mächtigsten Industrienationen, so ist es schon seit
einiger Zeit vorausgesagt, wird die Erdpolitik des 21. Jahrhunderts
bestimmen.
Gegen alle Vernunft, gegen alle ethischen Normen, gegen allen Widerstand der
Weltöffentlichkeit hat soeben ein Krieg begonnen, ausgelöst vom reichsten,
vom mächtigsten, vom verschwenderischsten aller Reiche, die es je gab.
Ohnmacht, Wut, Zorn erfassen den weitaus größten Teil der Weltgemeinschaft,
denn dieser Krieg mit unabsehbaren Verwüstungen, Menschenopfern, Naturopfern,
wäre vermeidbar gewesen.
Die besondere Tragik besteht aber darin: diese Geschehnisse haben nicht nur
für die direkt betroffenen Menschen und Naturräume, sie haben für uns alle
unabsehbare Konsequenzen. Statt die fossilen Energieträger zu schonen, sie
möglichst in der Erde zu belassen, um unser Klima nicht noch weiter
aufzuheizen, statt auf reichlich vorhandene alternative Energien zu
orientieren, auf die unermesslich vorhandene Solarenergie, auf die
nachwachsende Biomasse, wie sie die Vegetationsdecke dieser Erde unablässig
erzeugt, soll eine Politik durchgesetzt werden, die einem Land bzw. einem
kleinen Teil dieser Erde scheinbar grenzenloses Weitermachen wie bisher, das
weitere Verschwenden der Ressource Öl erlaubt, zum Schaden der Anderen.
Aber wir alle müssten eigentlich wissen - Insellösungen für Einzelne taugen
nicht mehr, die Welt häng zusammen, die anthropogen ausgelöste Veränderung
der globalen biosphärischen Rahmenbedingungen sind für alle menschlichen
Zivilisationen zerstörerisch. Die Natur wird weiter existieren, aber die
menschlichen Zivilisationen zerstören sich selbst die Spielräume, die ihnen
die Natur gegeben hat. Das Zeitfenster, das der Menschheit in der Evolution
offen gehalten wurde, wird vorzeitig geschlossen.
Eine Nation - oder besser eine politische Klasse -, die derartig
vordergründig, kurzsichtig, egoistisch denkt und handelt, kann ich nicht als
zukunftsfähig begreifen, ich kann und will sie nicht als Verkünder von
Freiheit, Demokratie und Weltverbesserung feiern, ich kann und will ihr
keinen Führungsanspruch für die Welt zugestehen.
Meine Hoffnung liegt in der Vernunft, im Verantwortungsbewusstsein, in der
Menschlichkeit der anderen. Möge der Schaden, den diese gewollt ausgelöste
Katastrophe uns allen bringt, nicht unermesslich sein, mögen die Vernünftigen
dieser Welt doch noch die Oberhand gewinnen.
Michael Succow
Träger des Alternativen Nobelpreises 1997
NABU Vizepräsident