20.08.2003

Ölpest bedroht
Mangrovenwälder

Mal wieder ein Tankerunglück - doch hierzulande ist in den großen Medien nicht viel darüber zu erfahren. Weit ist es weg, ein 40 Kilometer breiter Küstenabschnitt bei der pakistanischen Hafenstadt Karachi ist bedroht. Weit weg von den Verursachern. Und das sind nicht nur die großen Öl-Multis, sondern auch alle kleinen Konsumenten in den Industrieländern, die sich nicht wenigstens darum bemühen, daß die Energiepolitik schleunigst von fossilen Energien wie Öl auf umweltverträgliche wie Sonne, Wind, Wasser, aber auch Kraft-Wärme-Kopplung umgestellt wird.

Mangrovenwälder sind gefährdet - ein inzwischen seltenes Naturerbe. Der Tanker 'Tasman Spirit' brach letzten Donnerstag einen Kilometer vor der pakistanischen Küste auseinander. Bereits vor zwei Wochen auf Grund gelaufen, hatte das einwandige Schiff immer noch 40.000 Tonnen Rohöl an Bord. 12.000 Tonnen sind bereits ausgelaufen, mehrere Strände bereits stark mit Ölschlamm verdreckt und mit toten Fischen übersät.

Nur noch vier Kilometer ist der Ölteppich von den Mangrovenwäldern entfernt, die bislang durch eine günstige Meeresströmung unbehelligt blieben. Spezialschiffe haben zwar mit der Bergung des Wracks und mit dem Auspumpen des darin verbliebenen Öls begonnen. Doch die Arbeiten werden - vorausgesetzt das Wetter bleibt günstig - noch rund zehn Tage dauern.

In den sensiblen Mangrovenwäldern befinden sich die Brutgebiete seltener Meeresschildkröten. Zwei dieser Arten stehen auf der Roten Liste und es ist ausgerechnet gerade jetzt die Zeit ihrer Eiablage. In den artenreichen Mangrovenwäldern, zugleich Laichgebiet vieler Fischarten, sind außerdem seltene Seeschlangen und der Flaschennasen-Delphin bedroht. Selbst wenn mit viel Glück die unmittelbare Ölpest ausbleibt, werden sich die im Öl und seinen Abbauprodukten enthaltenen Giftstoffe mit langfristigen Folgen in der Nahrungskette anreichern, das Nervensystem vieler Tiere und ihre Fortpflanzung beeinträchtigen.

Sollte es zum Eindringen des Ölteppichs in die Mangrovenwälder kommen, wird nach Ansicht von Experten das komplexe Wurzelsystem der Bäume verklebt, den Pflanzen wird die Sauerstoffzufuhr abgeschnürt und sie sterben ab. Von früheren Ölkatastrophen ist bekannt, daß Mangrovensümpfe nur extrem schwer gereinigt werden können. Noch nach Jahrzehnten sind dort bleibende Schäden nachweisbar.

Nach Einschätzung des WWF werden sich solche Katastrophen wiederholen, solange das Verursacherprinzip auf See nicht konsequent umgesetzt sei. Doch solange Öl um den Globus transportiert wird und vorrangig Profite zählen, bleiben Strafen und nach oben unbegrenzte Haftpflichtversicherungen ein frommer Wunsch. Bislang kommen die Versicherungen der Schiffseigner in der Regel nur für einen Bruchteil der anfallenden materiellen Schäden auf.

Die Reinigung der spanischen Atlantikküste nach der Havarie des Tankers 'Prestige' im Herbst 2002 hat nach jüngsten Berechnungen mehr als zwei Milliarden Euro gekostet. Aber lediglich im Fall des 1989 gewissermaßen vor der Haustür der USA gestrandeten Tankers 'Exxon Valdez' kam es einmal zu ernsten Konsequenzen. Exxon (Esso) mußte damals mehrere Milliarden Dollar bezahlen um die entstandenen materiellen Schäden einigermaßen auszugleichen. Aber die Erfahrung hielt nicht lange vor.

 

Christian Semmler

 

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