Das renommierte Wissenschaftsmagazin 'nature' veröffentlichte als Titel-Story seiner neuesten Ausgabe (15.05.03)
die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung mit "schockierenden Ergebnissen". Sie belegt, daß von allen großen
Fischarten wie Thunfisch, Schwertfisch, aber auch Haien die Bestände dramatisch dezimiert sind. Auf breiter Front
sind durch den kommerziellen Fischfang in den letzten 50 Jahren rund 90 Prozent der Bestände verschwunden. Die
Ozeane werden leer gefischt.
Ransom Myers, einer der Autoren und einer der weltweit bedeutendsten Fischerei-Biologen hebt hervor, daß nicht
nur in einigen Fang-Gründen, sondern von den tropischen bis zu den polaren Meeren durch die industriellen
Fischfang-Flotten die Ressourcen nicht nur einzelner Arten, sondern gesamter Lebensräume auf weniger als
10 Prozent gesunken sind. "Die Auswirkungen auf das Ökosystem der Ozeane ist enorm unterschätzt worden",
ergänzt der Co-Autor Boris Worm von der Universität Kiel und warnt, daß die beobachteten Veränderungen nicht
nur von Bedeutung für die verschwindenden Fischarten und die davon abhängigen Fischer seien, sondern eine völlige
Neuorganisation des ozeanischen Ökosystems zur Folge haben könne mit noch völlig unbekannten globalen Folgen.
Die Autoren haben in ihrer Studie Datenmaterial aus zehnjähriger Forschung zusammengefügt, um Entwicklungslinien
in der Biomasse und Zusammensetzung unter verschiedenen Kriterien aufzuzeichnen. Die "schockierenden Ergebnisse"
beweisen, daß bisherige Annahmen, es gäbe noch unentdeckte Vorkommen der betreffenden Arten, falsch sind. Als
Myers und Worm ihre Ergebnisse zunächst führenden Fischerei-Wissenschaftlern vorlegten, gab es zwar
Übereinstimmung über die Gesamtrichtung des rapiden Verschwindens, aber größere Kontroversen über den
gegenwärtigen Stand indvidueller Arten, insbesondere in Hinblick auf den Thunfisch.
"Verständlicherweise war es gerade bei einigen Fischerei- Managern äußerst schwer zu akzep- tieren", so Myers.
Viele große Fisch- arten sind nicht nur in ihrem Vorkommen stark rückläufig, son- dern unter dem Fang- Druck ist auch
die durchschnittliche Größe erheblich geringer geworden. Beispielsweise erreicht der Blaue Marlin
nur noch ein Fünftel des Gewichtes,
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Blauer Marlin
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das diese Fische früher einmal hatten. Im Golf von Thailand hat die Zahl von
Rochen und Haien innerhalb von nur fünf Jahren um 60 Prozent abgenommen. "In vielen Fällen", ergänzt Myers,
"stehen die heute
gefangenen Fische unter so intensivem Fang-Druck, daß sie nicht einmal Zeit haben, sich zu
reproduzieren."
Eine bittere Ironie liegt darin, daß der Aufwand für die Fischerei-Flotten umso höher wird, desto weniger Fische es gibt.
Doch statt den Beständen Zeit zu geben sich zu erholen, werden Satelliten, Sensoren und bis zu 100 Kilometer lange
Fangleinen mit rund 1000 Haken eingesetzt, um die letzten verbliebenen Fische zu fangen. Wenn jedoch - unter
heutigen wirtschaftlichen Bedingungen unrealistisch zu fordern - die Fischbestände sich einige Jahre erholen könnten,
wären die heutigen Fang-Quoten mit nur einem Drittel bis einem Zehntel des heutigen Aufwandes zu erzielen.
Auch Appelle wie der des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg haben daran nichts geändert:
Der Ast auf dem wir sitzen, wird mit immer größerer Geschwindigkeit und zugleich immer größerem Aufwand
durchgesägt. Myers: "Wir müssen verstehen, wie nahe vor der Ausrottung einige dieser Arten tatsächlich stehen.
Und wir müssen jetzt handeln, bevor wir einen Punkt erreicht haben, an dem es kein Zurück mehr gibt."
Petra Willaredt