15.08.2003

Die realexistierende
Wahlfreiheit

Greenpeace testet: 20 Prozent der Lebensmittel pestizidverseucht

Vermutlich bereits diesen Herbst soll das europaweite Gen-Moratorium fallen. Schon nächstes Jahr können dann überall in Europa gen-manipulierte Pflanzen angebaut werden. Über Pollen und Samen können sich diese Pflanzen unkontrollierbar ausbreiten. Dennoch wird den europäischen VerbraucherInnen versprochen, die Wahl zwischen gen-manipulierten und gentechnik-freien Lebensmitteln könne per Gesetz gewährleistet werden. Was von den so sicheren deutschen Lebensmittelgesetzen zu halten ist, beleuchtet der aktuell in Berlin aufgedeckte Skandal um pestizidverseuchtes Obst und Gemüse.

20 Prozent der Obst- und Gemüseproben aus einem Berliner Nobelkaufhaus, dem KaDeWe, die von Greenpeace untersucht wurden, überschritten die gesetzlichen Pestizid-Grenzwerte. Was sind solche Gesetze wert?

In Trauben, Kopfsalat, Erdbeeren und Zucchini wurden sogar Giftcocktails mit bis zu acht verschiedenen Pestiziden gefunden. Zudem warnt Greenpeace vor Wurstwaren und Produkten von Firmen wie Herta und Kattus, die möglicherweise gentechnisch manipulierte Zutaten einsetzen.

60 Greenpeace-AktivistInnen protestieren seit heute morgen vor und im KaDeWe. Auf einem sechs mal elf Meter großen Transparent an der Fassade des Kaufhauses fordert Greenpeace: "Gift und Gentechnik - Alles muss raus." Die UmweltschützerInnen präsentieren Obst und Gemüse sowie Produkte der Gentechnik-Verdächtigen aus dem KaDeWE vor dem Kaufhaus in einem zwei Meter hohen Reagenzglas.

Greenpeace fordert von den Lebensmittelhändlern und Supermarktketten, die gesetzlichen Grenzwerte sofort einzuhalten. Zudem müssten die Behörden stärker kontrollieren. Greenpeace behauptet, die skandalösen Ergebnisse bei KaDeWe seien keinen Zufallstreffer, sondern symptomatisch für den deutschen Lebensmittelhandel mit Ausnahme der Bio-Läden. "Das pestizidverseuchte Obst und Gemüse zeigt, daß die Landwirtschaft in eine völlig falsche Richtung läuft", so Greenpeace. Damit setzt sich diese Organisation erstmals in Gegensatz zu der von Ministerin Künast propagierten "Agrarwende", die bislang von Greenpeace durchweg gelobt wurde.

"Wer Essen ohne Pestizide und Gentechnik kaufen will, kann nur bei Bio-Produkten sicher sein", erklärt Manfred Krautter, Chemieexperte bei Greenpeace. Schon seit Jahren überschreiten durchschnittlich rund vier Prozent der in der EU verkauften Lebensmittel die gesetzlichen Pestizid-Grenzwerte; bei einigen Obst- und Gemüsearten sind es sogar regelmäßig über 20 Prozent. Viele der Pestizide sind krebserregend, können das Hormonsystem schädigen und gefährden vor allem die Gesundheit von Kindern.

 

Adriana Ascoli

 

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