Samstagmorgengedanken

 

Herbolzheim, Samstagmorgen, 10.50 Uhr:
Einkaufen ist angesagt, natürlich zu Fuß und wie immer mit meiner Hündin Fanny. Die Temperatur ist angenehm, 17 Grad, mal Sonne, mal bewölkt. Ich biege von der Galurastraße in die Rheinhausenstraße ein, Richtung 'neukauf'. Eigentlich sollte man an einem solchen Morgen die Vögel zwitschern und den Wind in den Bäumen rauschen hören. Stattdessen höre ich aber nur Verkehrslärm. Ich zähle mal spasseshalber die Autos auf der Rheinhausenstraße. Es ist kurz vor 11 Uhr. Viereinhalb Minuten später kreuze ich die Straße bei der Grundschule zum 'neukauf'. Zwischenbilanz: In diesen viereinhalb Minuten fuhren 45 PKW in Richtung Oberhausen und 39 PKW in Richtung B3. In derselben Zeit war in der Rheinhausenstraße außer mir kein Fußgänger zu sehen, dafür ein Radfahrer auf dem Gehweg in meiner Richtung und einer auf dem gegenüberliegenden Gehweg.
Ich komme zum 'neukauf', dort zähle ich auf dem Parkplatz inclusive Grünestraße 56 parkende Autos und gerade mal 5 Fahrräder. Ich frage mich, ob der größte Teil der Herbolzheimer überwiegend gehbehindert oder aber nur faul und gedankenlos ist.
Auf dem Rückweg wähle ich die ruhigere Friedrichstraße. Toll, da kann man richtig aufatmen; nur ganz vereinzelt mal ein Auto - und das ganz langsam. Das liegt wohl am schlechten Straßenbelag, überleg ich mir, und hoffe für alle Fußgänger und Anwohner, daß es so bleibt. Nun biege ich in die Maria-Sand-Straße ein. Da geht es leider verkehrsmäßig etwas chaotischer zu. Bei der Volksbank mußte ich dann fast die Tränen zurückhalten. Wo letzte Woche noch 16 wunderschöne Platanen standen, sind nur noch deren Baumstümpfe zu sehen. Ich überlege, warum Menschen das, was sie eigentlich lieben, zerstören müssen. Da gehen sie jedes Jahr in den Urlaub, um die Schönheit der Natur zu genießen und zu Hause opfert man für Straßen, Industriegebiete und ähnliche Bauprojekte das letzte bißchen Natur. Nichts wie heim, denke ich. Aber vorsicht - das schlimmste kommt erst noch: Die B3 bei Kirnbergers (für Nicht-Herbolzheimer: bekanntes Café, d.R.) überqueren. Da steh ich nun mit meinem Hund und die Autoschlange reißt nicht ab. Hat uns früher unser Bürgermeister nicht versprochen, wenn wir den Autobahnanschluß bekommen, haben wir hier an der Hauptstraße nur noch halb soviel Verkehr ? Ich möchte behaupten, seither haben wir hier doppelt soviel Verkehr - zumindest in der Rheinhausenstraße. Jetzt wird's mir doch zu blöd; hier steh ich und komm nicht rüber. Es reicht: Ich fixiere den Fahrer links und lauf einfach drauflos, dann den von rechts und ab durch die Mitte.
Bevor ich mich in eine Seitenstraße rette, doch noch ein kleiner Lichtblick. Die Mutter einer Schulkameradin von mir, zu Fuß beim Einkaufen unterwegs. Sie dürfte so zwischen 70 und 80 Jahren alt sein. In der linken Hand ein voller Einkaufskorb, in der rechten zwei volle Einkaufstaschen. Sportlich, sportlich ! denke ich, indem wir uns grüßend zulächeln.

Traudel Pfannendörfer, 16.09.2000

 

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