4.03.2001

Artikel

Gerichtsurteil:
Polizeikessel war
unrechtmäßig

Das Oberverwaltungsgericht Münster (zuständig u.a. für Dortmund) hat am 2.3.01 geurteilt: Der Polizeikessel vom 21. Oktober war unrechtmäßig. Außerdem wird es der Polizei für die Zukunft ausdrücklich untersagt, Versammlungen ohne Auflösung (dies muß gut hörbar und mehrmals geschehen) einzukesseln. Dies gelte auch, wenn aus der Versammlung heraus Straftaten begangen wurden. Den betroffenen DemonstrantInnen steht sehr wahrscheinlich Schmerzensgeld zu. Ähnliche, wenn auch eher als symbolisch zu wertende, Regelungen gab es bereits in vergleichbaren frühreren Fällen.

Nach dem "Hamburger Kessel" von 1986 hatte das Landgericht Hamburg die Polizeiführer wegen Freiheits- beraubung zu Geldstrafen verurteilt. 861 Demonstranten erhielten 200 DM Schmerzensgeld.

Hintergrund

Am 21. Oktober waren in Dortmund 310 überwiegend junge Leute bei den von oben einberufenen Demonstrationen gegen rechts von Polizei-Kordons umzingelt und über mehrere Stunden festgehalten worden. Angeblicher Grund für die Spezialbehandlung mit anschließender erkennungs- dienstlicher Abnahme von Fingerabdrücken und "Verbrecherfotos" war, daß in der City die Konfontation mit Neo-Nazis verhindert werden sollte.

Am 16. Dezember wiederholte sich eine solche Einkesselung in einer ähnlichen Situation. Diesmal wurden 595 Menschen eingekesselt und erst Stunden später ins Präsidium transportiert. Unter ihnen: 210 Jugendliche unter 18 Jahren; der letzte durfte um 0.30 Uhr heim. 33 Beamte - auch das ist akribisch protokolliert - betreuten rund 180 fassungslose Eltern; früh um 1.15 Uhr endete der Einsatz.

Die Kessel von Dortmund brachten die Polizei ins Schwitzen. Weniger die drei Dienstaufsichtsbeschwerden und zwei Strafanzeigen gegen den Polizeipräsidenten und verantwortliche Einsatzleiter - 905 Ermittlungsverfahren waren zu bearbeiten.

Bemerkenswert ist am jetzt ergangenen Urteil, daß vom Oberverwaltungsgericht erstmalig der Ermessensspielraum für zukünftige Aktionen ausdrücklich eingeschränkt wurde. Kritische Beobachter zogen daraus den Schluß, dass von Seiten der Richter befürchtet wurde, die Polizei werde sich ohne solch eindeutige Passagen im Urteilstext in Zukunft weiterhin rechtswidrig verhalten.

Das aktuelle Urteil ist zudem in Hinblick auf die bevor- stehenden CASTOR-Blockaden interessant. Auch bei den Schienenaktionstagen in Ahaus 1997 wurden DemonstrantInnen eingekesselt.

 

Harry Weber

 

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