Das Oberverwaltungsgericht Münster (zuständig u.a. für Dortmund) hat am 2.3.01 geurteilt: Der
Polizeikessel vom 21. Oktober war unrechtmäßig. Außerdem wird es der Polizei für die Zukunft
ausdrücklich untersagt, Versammlungen ohne Auflösung (dies muß gut
hörbar und mehrmals geschehen) einzukesseln. Dies gelte auch, wenn
aus der Versammlung heraus Straftaten begangen wurden.
Den betroffenen DemonstrantInnen steht sehr wahrscheinlich Schmerzensgeld zu. Ähnliche, wenn
auch eher als symbolisch zu wertende, Regelungen gab es bereits in
vergleichbaren frühreren Fällen.
Nach dem "Hamburger Kessel" von 1986 hatte das
Landgericht Hamburg die Polizeiführer wegen Freiheits- beraubung zu
Geldstrafen verurteilt. 861
Demonstranten erhielten 200 DM Schmerzensgeld.
Hintergrund
Am 21. Oktober waren in Dortmund 310 überwiegend junge Leute bei den von oben einberufenen
Demonstrationen gegen rechts von Polizei-Kordons umzingelt und über mehrere Stunden festgehalten
worden. Angeblicher Grund für die Spezialbehandlung mit anschließender erkennungs- dienstlicher
Abnahme von Fingerabdrücken und "Verbrecherfotos" war, daß in der City die Konfontation mit
Neo-Nazis verhindert werden sollte.
Am 16. Dezember wiederholte sich eine solche Einkesselung in einer ähnlichen Situation. Diesmal
wurden 595 Menschen eingekesselt und erst Stunden später ins Präsidium transportiert.
Unter ihnen: 210 Jugendliche unter 18 Jahren; der letzte durfte um
0.30 Uhr heim. 33 Beamte -
auch das ist akribisch protokolliert - betreuten rund 180 fassungslose
Eltern; früh um 1.15 Uhr
endete der Einsatz.
Die Kessel von
Dortmund brachten
die Polizei ins Schwitzen. Weniger die drei Dienstaufsichtsbeschwerden
und zwei
Strafanzeigen gegen den Polizeipräsidenten und verantwortliche
Einsatzleiter - 905
Ermittlungsverfahren waren zu bearbeiten.
Bemerkenswert ist am jetzt ergangenen Urteil, daß vom Oberverwaltungsgericht
erstmalig der Ermessensspielraum für zukünftige Aktionen ausdrücklich
eingeschränkt wurde. Kritische Beobachter zogen daraus den Schluß, dass
von Seiten der Richter befürchtet wurde, die Polizei werde sich ohne solch
eindeutige Passagen im Urteilstext in Zukunft weiterhin rechtswidrig
verhalten.
Das aktuelle Urteil ist zudem in Hinblick auf die bevor- stehenden CASTOR-Blockaden interessant. Auch bei den
Schienenaktionstagen in Ahaus 1997 wurden DemonstrantInnen eingekesselt.
Harry Weber