Till Meyer sprach mit Kristian-Peter Stange
Vorbemerkung:
Kristian-Peter Stange ist Pressesprecher des
Bürgervereins Brandenburg-Berlin (BVBB), der
gegen den Neubau des stadtnahen
Großflughafens Berlin-Schönefeld kämpft.
Till Meyer:
Der BVBB hat durch eigene Untersuchungen1 festgestellt, daß
ein großes Gebiet südlich des Flughafens Schönefeld
hochgradig kontaminiert ist. Was haben Sie dort gefunden?
Kristian-Peter Stange:
Wir haben in dieser Gegend Grundwasser- und
Sedimentproben entnommen. Dabei wurde eine sehr starke
Belastung mit dem Gift Dioxin festgestellt. Ursache der
Verunreinigung von Badeseen und Grundwasser im Umkreis
des Flughafens waren Desinfektionsmittel, die jahrelang zur
Reinigung der Flugzeugtoiletten verwandt wurden. Diese
Abwasser wurden vom Flughafen durch unterirdische
Betonröhren in ein Klärwerk einer nahegelegenen Ortschaft
geleitet. Das Klärbecken läuft bei Regen über, so daß
ungereinigte Abwässer jahrzehntelang im Boden versickert
sind.
Wie hat seinerzeit das zuständige Potsdamer
Umweltministerium auf Ihre Untersuchungen reagiert?
Als erstes gab es heftige Dementis und die Diffamierung des
BVBB als Dilettanten und Panikmacher. Allerdings hat man
sofort eigene Untersuchungen durchgeführt. Im März 2002
wurden dann Warnschilder aufgestellt. Mit einiger Verspätung,
denn bereits 1996 hatte Greenpeace den damaligen
Umweltmister Matthias Platzeck auf eine unsachgemäße
Entsorgung des verseuchten Klärschlamms hingewiesen.
Was geschieht zur Zeit in dieser Region? Beläßt es die
Landesregierung bei einigen Warnschildern?
Durch eine Verfügung des zuständigen Landrats wurden vor
kurzem in aller Eile noch mehr Warnschilder aufgestellt entlang
des Selchower Flutgrabens und an zwei weiteren Seen.
Gewarnt wird vor dem Baden, vor dem Angeln, auch Vieh darf
an diesen Stellen nicht mehr getränkt werden. Das
Landesumweltamt hat inzwischen eigene Sediment- und
Oberflächenwasserproben des Selchower Flutgrabens und der
beiden Badeseen vorgenommen. Die gemessenen
Belastungswerte übersteigen unsere schlimmsten
Befürchtungen.
Warum wird seit 1996 nichts zur Beseitigung der
Umweltschäden unternommen?
Man wollte beim Flughafenbau die kontaminierte Fläche einfach
zubetonieren. Dabei ist seit 1998 durch das neue
Bodenschutzgesetz geregelt, daß vor Baubeginn der
Untergrund komplett saniert werden muß.
Warum wurde die Dioxin-Problematik nicht während des
Planfeststellungsverfahren zum Neubau des Flughafens
Schönefeld thematisiert?
Das hätte den Baubeginn des Großflughafens Schönefeld nicht
nur verzögert, sondern auch eine nicht kalkulierbare
Kostenexplosion nach sich gezogen. Die Dioxinbelastung
wurde bewußt ausgespart, um einen positiven
Planfeststellungsbeschluß nicht zu gefährden. Durch die
jahrelange Vertuschung dieses Skandals hat die Politik eine
weitere Ausbreitung des Giftes und eine latente Gefährdung
von Mensch, Tier und Umwelt billigend in Kauf genommen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Anmerkungen:
1Siehe auch unseren Artikel
Seveso in Berlin
Dioxin-Funde im Umfeld des Flughafens Schönefeld
(26.03.02)
Für weitere Informationen
siehe die Web-Seite der Bürgerinitiative:
www.bvbb-ev.de