Im nördlichen Schwarzwald bei Sasbachwalden ist eine gigantische Kunstschnee-Halle
geplant. Umwelt- und Klima-Argumente stoßen in den entscheidenden Gremien auf taube Ohren
420 Meter lang soll sie sein, acht Meter hoch und 60 Meter breit und jährlich
400.000 Skifahrern eine rund 20.000 Quadratmeter große alpine
Kunstschnee-Pistenfläche bieten. Die landesweit erste Ganzjahres-Skihalle soll oberhalb des
Luftkurortes Sasbachwalden nordöstlich von Offenburg (Baden-Württemberg) gebaut werden.
Kosten: 24 Millionen Euro.
Dieser Tage machte der Regionalverband
Südlicher Oberrhein (RVSO) mit einer Änderung des Regionalplanes den Weg für den
gigantischen Kühlschrank frei, der auf einer idyllischen Geländeterrasse des
Schwarzwaldes auf 800 Meter Höhe, am Westhang der Hornisgrinde, entstehen soll.
Schneekanonen an der Decke sollen den luftgekühlten Raum mit Pulverschnee
berieseln, 90 Kilometer lange Kühlschlangen den Boden gefrieren lassen. Es wäre die
dritte Anlage dieser Art in Deutschland.
"Wir wollten einer Gemeinde in wirtschaftlichen Schwierigkeiten diesen Weg
nicht verbauen", begründete Verbandspräsident Otto Neideck (CDU) die
Entscheidung. Weil die Kunstschnee-Halle im Regionalplan nicht vorgesehen war, mußte der
RVSO durch ein Änderungsverfahren die rechtlichen Voraussetzungen schaffen.
Fachliche Fragen zur Ökologie oder verkehrspolitische Auswirkungen des
Mega-Projekts habe die 80-köpfige Verbandsversammlung bewußt ausgeklammert und sich auf
formale Gesichtspunkte beschränkt, kritisierte Hallen-Gegner Eckart Friebis,
Chef der "Grünen"-Fraktion im RVSO die Entscheidung. "Wo, wenn
nicht hier, sollte ein solches Vorhaben umfassend und mit allen Auswirkungen
beleuchtet werden?" Mit 36 Ja-Stimmen gegenüber 26 Ablehnungen und einigen
Enthaltungen gab der RVSO schließlich grünes Licht für den Mega-Kühlschrank, der den
Touristenstrom in die Region anheizen soll.
Kritiker fürchten zudem einen touristischen Super-Gau. Denn in luftiger Höhe
soll nicht nur die Mega-Piste, sondern auch eine "Erlebnis- und
Themengastronomie" mit 500 Plätzen sowie eine 200 Quadratmeter große Verkaufsfläche für
Sport- und Freizeitbedarf entstehen. Es wäre das längste Gebäude
Baden-Württembergs. Außerdem sollen auf über einem Hektar Fläche Parkplätze für 400 Autos und 15 Busse
sowie ein Sporthotel mit bis zu 300 Betten gebaut werden. Täglich 1.150 Gäste , die sich über kleine Bergstraßen und durch enge Ortsdurchfahrtfahren schlängeln müssen,
erwartet der private Investor. Fünf Hektar Fichtenwald müßten abgeholzt
werden.
Seit Monaten laufen Natur- und Umweltschutzverbände Sturm gegen den
Indoor-Skihang und kritisieren den hohen Flächen- und Energieverbrauch, die
Bodenversiegelung, die Verlärmung und Zersiedlung der Landschaft. "Die Skihalle erzeugt
2.400 Tonnen CO2 jährlich. Dabei steht bereits heute fest, daß
Baden-Württemberg die in RIO 1992 festgeschriebenen Klimaziele zur CO2-Reduzierung auch ohne
den Bau dieser Halle nicht erreichen wird", so
das Umweltzentrum Freudenstadt. 10.000 Unterschriften hatte die
Bürgerinitiative Legelsau bereits gegen die Mega-Halle gesammelt
(www.skihalle-sasbachwalden.de).
Auch der Deutsche Skiverband und der Schwarzwaldverein haben sich gegen
das Projekt ausgesprochen. Letzterer fürchtet einen Auftrieb wie beim
"Ballermann" auf Mallorca - keineswegs unbegründet wie das Beispiel Bottrop, wo
seit längerem eine solche Skihalle betrieben wird, zeigt. Eine solche "Event- und Ballermannkultur" werde abgelehnt.
Neben verstärkter Öffentlichkeitsarbeit durch Protestaktionen setzen
die HallengegnerInnen ihre Hoffnungen auch auf das Stuttgarter Kabinett. Denn
im Unterschied zu Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) haben das
Landesumweltministerium und das Ministerium für Ernährung und Ländlicher Raum Vorbehalte
gegen den Mega-Kühlschrank. Auch gegen den Bebauungsplan, den die Gemeinde
Sasbachwalden demnächst aufstellen wird, sind Klagen möglich.
Martin Höxtermann