29.01.2009

Generalstreik in Frankreich

Gegen die neoliberale Politik der Sarkozy-Regierung

Beim Generalstreik am heutigen Donnerstag in Frankreich konnte mit mehr als 1,5 Millionen die größte Beteiligung seit mehr als 20 Jahren verzeichnet werden. Aufgerufen hatten die acht größten französischen Gewerkschaften unter dem gemeinsamen Motto: "Kampf für Beschäftigung und Kaufkraft". Die damit verbundene Forderung nach einem keynesianistischen Konjunktur-Paket zur Stimulierung der Nachfrage ist dabei ebenso illusionär wie die entsprechende der deutschen Linkspartei. Daß der Effekt des Streik weitgehend verpuffte und dieser die Sarkozy-Regierung kaum beeindrucken konnte, liegt in der Stillhalte-Strategie der französischen Gewerkschaften (einschließlich der "kommunistischen" CGT) begründet, die ohne Ausnahme mit der ebenfalls neoliberal orientierten "sozialistischen" Partei Frankreichs verfilzt sind.

Ebenso wirkungslos wie ein keynesianistisches Konjunktur-Paket wird allerdings auch das von der Sarkozy-Regierung verabschiedete mit einem Volumen von 26 Milliarden Euro bleiben. Die Ursachen der Weltwirtschaftkrise bleiben so - im einen wie im anderen Fall - unberührt und der einzige Effekt besteht in einer gigantischen Staatsverschuldung, die entweder mehere zukünfige Generationen in die Schuldenfalle treiben oder zum Staatsbankrott führen wird.

Dem Aufruf zum Generalstreik waren vor allem Angehörige des öffentlichen Dienstes, der Verkehrsbetriebe und des Schulwesens gefolgt. In überraschend großer Zahl hatten sich auch Beschäftigte der krisengeschüttelten privaten Industrieunternehmen angeschlossen. Zu dem seit Tagen von den französischen Mainstream-Medien an die Wand gemalten Chaos im Pariser Großraum und in den Ballungszentren der Provinz ("Schwarzer Donnerstag") kam es jedoch nicht. Anders als bei früheren Streikwellen in Frankreich kam das öffentliche Leben nicht zum Erliegen.

Nach Angaben der Gewerkschaften beteiligte sich ein Drittel der Beschäftigten des öffentlichen Sektors an Streiks. Bei der Eisenbahn waren es 38 Prozent, bei Post und französischer Telekom 30 Prozent und in den Schulen je nach Schultyp bis zu 50 Prozent. Stark betroffen war der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der nur Musikprogramm ausstrahlte. Zahlreiche Museen blieben geschlossen. An den Pariser Flughäfen Charles-de-Gaulle und Orly fielen bis zu 30 Prozent der Flüge aus. Im Pariser Nahverkehr fiel nur ein Viertel der U-Bahn- und Busverbindungen aus. Dagegen kam der Verkehr der regionalen Schnellbahn RER weitgehend zum Erliegen. Typisch war der von der "kommunistischen" Gewerkschaft CGT gelenkte Streik der Beschäftigten beim französischen Strom-Monopolisten EdF: Laut Gewerkschaftsangaben wurde die Stromversorgung um 11.000 Megawatt reduziert - die KundInnen mußten dennoch keine Engpässe befürchten, verlautbarte das EdF-Management.

Während in zahlreichen Städten der Provinz bereits am Vormittag Tausende von Menschen auf die Straße gingen, kam in Paris erst am Nachmittag eine Demonstration mit rund 100.000 Menschen zusammen. Den Protestmarsch versuchten mehrere pseudo-linke Splitterparteien zu dominieren (die darauf hoffen, sich mit der völlig desavourierten französischen "sozialistischen" Partei zu einer Linkspartei nach deutschen Vorbild zusammenschließen zu können) und erstmals seit Jahren traute sich auch wieder Führungspersonal der "Sozialisten" auf die Straße. Eine Parallele zur ungebetenen Wiederkehr der Pseudo-Grünen bei den Castor-Protesten im Wendland im November ist unverkennbar.

Die Durchschlagskraft des Generalstreiks war von der französischen Gewerkschaftsführung nicht zuletzt durch organisierte "Notdienste" vereitelt worden. So ist kaum verwunderlich, daß Präsident Nicolas Sarkozy generös von "gerechtfertigten Beunruhigungen" reden konnte, zugleich aber ankündigte seine Politk der neoliberalen "Reformen" nach dem Vorbild Gerhard Schröders fortsetzen zu wollen.

Laut Umfragen von französischen Meinungsforschungs-Instituten äußerten 69 Prozent der Bevölkerung Verständnis für den Streik. Von den Mainstream-Medien war dagegen vorab mit Pseudo-Abstimmungen im Internet Stimmung gemacht worden: So beantworteten bei einer Internet-"Abstimmung" der Tageszeitung 'Le Figaro' 70 Prozent die Frage "Haben Sie verstanden, warum gestreikt wird?" mit Nein.

In den vergangenen Jahren konnten einige neoliberale "Reform"-Vorhaben durch wochenlange Streiks gestoppt werden. 1995 mußte der damalige Premier Alain Juppé geplante neoliberale "Sozialreformen" nach entschlossenen Massenprotesten abblasen. 2003 konnte eine "Rentenreform" ähnlich der von "Rot-Grün" in Deutschland durchgesetzten verhindert werden und 2006 machten StudentInnen gegen Ersteinstellungsverträge mobil.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Zehntausende streiken in Frankreich
      SchülerInnen, LehrerInnen und BeamtInnen gegen Sarkozy
      (16.05.08)

      Massenstreiks in Frankreich gegen Sozialabbau
      Gegen Rentenkürzungen durch Sarkozy-Regierung (19.10.07)

      Generalstreik in Frankreich
      Über eine Million Menschen protestieren gegen Sozialabbau
      (3.10.05)

 

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